Arbeitsmarkt spielt verrückt
Personalbüros grasen aus Not schon Sozialämter ab

Die Personalbüros erleben eine nie dagewesene Situation. Die tiefe Arbeitslosigkeit fordert neue Massnahmen. Deshalb suchen Personalvermittlungen je nach Region schon bei den Sozialämtern nach potenziellen Arbeitnehmenden.
Publiziert: 26.04.2023 um 00:37 Uhr
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Aktualisiert: 26.04.2023 um 14:11 Uhr
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Milena KälinRedaktorin Wirtschaft

Es fehlt überall an Fach- und Hilfskräften. Selbst für Arbeitsintegrationsmassnahmen finden sich nicht mehr genug Personen, wie Sozialämter aus der Deutschschweiz Blick bestätigen. «Vorher hatte es nicht Platz für alle – jetzt schon», sagt ein Sprecher der Stadt Bern stellvertretend. Auch Caritas Luzern könnte deutlich mehr Menschen wie Armando De Sousa (53) beschäftigen. Blick berichtete über den Portugiesen, der durch das Sozialamt an Caritas Luzern vermittelt wurde.

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In Extremfällen geht es nun so weit, dass Personalvermittlungsbüros beim Sozialamt direkt anheuern. In Solothurn ist das schon vereinzelt vorgekommen, aber auch in der Stadt Luzern, bestätigt ein Sprecher vom Sozialamt der Stadt Luzern. Im Kanton ist die Arbeitslosenquote mit 1,3 Prozent besonders tief.

In der Schweiz wird immer weniger Arbeitsingration wie hier bei Caritas Luzern gemacht. Der Grund: die tiefe Arbeitslosigkeit.
Foto: Philippe Rossier
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«Habe noch nie so etwas erlebt»

Das zeigen auch Gespräche mit Temporärstellenvermittlern. «Wir versuchen, überall an Leute heranzukommen und sind in engem Austausch mit dem RAV und den Sozialämtern», sagt Roman Nadig (57). Er ist Geschäftsführer des Personalbüros Dommen Nadig Personal in der Stadt Luzern. «Wir haben aktuell 400 Temporärstellen, die wir nicht besetzen können.» In seinen 30 Jahren in der Personalvermittlung hat er so etwas noch nie erlebt.

Das Personalbüro hat sich auf die Vermittlung von Arbeitskräften im Bereich Bau und Technik fokussiert. Da sei es besonders schwer. Laut Nadig kommen nun auch viele Ungelernte zum Zug, da Fachkräfte fehlen. Nadig: «Für einfachere Arbeiten sind diese auch nicht immer notwendig.»

Gleichzeitig seien die Konditionen für Arbeitnehmende noch nicht besser geworden. «Die Arbeitgeber sind nicht bereit, mehr zu zahlen – oder können es gar nicht.» Mit den sinkenden Margen hätten auch die Personalbüros kaum Handlungsspielraum.

Arbeit geht dreimal so lang

Auch beim Personalbüro Persigo sind die Preise für Vermittlungen deshalb geblieben, obwohl der Aufwand massiv gestiegen ist. «Wir hatten noch nie so viel Nachfrage», sagt der Geschäftsführer Bruno Giger (59). Im Durchschnitt sei das Finden einer geeigneten Person doppelt bis dreimal so aufwendig.

Mit den Sozialämtern steht das Personalbüro zwar weniger in Kontakt, dafür aber umso intensiver mit dem RAV. Über 1000 offene Stellen finden sich im Portal von Persigo. «Das sind fast doppelt so viele wie vor der Pandemie.» Auch der schweizweit tätige Personaldienstleister Manpower merkt, dass der Wettbewerb um Arbeitnehmende gestiegen ist.

Für die Arbeitnehmenden bietet der ausgetrocknete Arbeitsmarkt dafür die besten Aussichten. «Wer zur Vermittlung gemeldet ist, hat sehr gute Aussichten, zeitnah eine Anstellung zu finden», heisst es beispielsweise beim Sozialamt des Kantons Graubünden. Egal ob gelernt oder ungelernt.

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