Grosse Studie entzaubert den Mythos
Bedingungsloses Grundeinkommen macht faul und arm

Die bisher umfassendste Studie zum Grundeinkommen spricht eine deutliche Sprache: Die Empfänger arbeiteten weniger, nutzten die Zeit aber nicht für Familie oder Bildung.
Publiziert: 25.07.2024 um 20:21 Uhr
RMS_Portrait_AUTOR_1108.JPG
Gabriel KnupferRedaktor Wirtschaft

Mit dem bedingungslosen Grundeinkommen werden die Menschen frei und können sich ohne Ängste bilden und verwirklichen, behaupten die Befürworter. Wer aus Freude statt zur Sicherung der Existenz arbeite, sei glücklicher, motivierter und letztlich sogar produktiver, lautet die Vorstellung. Eine neue Studie von Forschenden aus den USA widerlegt diese Annahmen gründlich.

Über drei Jahre untersuchte ein Forscherteam die Auswirkungen eines monatlichen Grundeinkommens von 1000 Dollar auf 1000 zufällig ausgewählte Personen – die bislang grösste Studie in diesem Bereich. Das Resultat: Die Begünstigten arbeiteten und verdienten weniger, nutzten die Zeit für Konsum und Freizeit, statt sich fortzubilden, und fühlten sich kränker als die Kontrollgruppe, die nur 50 Dollar bekam.

1500 Dollar weniger im Jahr

Konkret sank das Gesamteinkommen der Empfänger ohne die Zahlungen im Vergleich zur Kontrollgruppe um etwa 1500 Dollar pro Jahr. Das Programm führte zudem zu einem Rückgang der Arbeitsmarktbeteiligung der Empfänger um 2 Prozentpunkte und einer Verringerung der Arbeitsstunden um 1,3 bis 1,4 Stunden pro Woche. Besonders auffällig: Nicht nur die Empfänger, sondern auch deren Partner im gleichen Haushalt reduzierten ihre Arbeitsstunden.

Weltweit gibt es Diskussionen um ein bedingungsloses Grundeinkommen. Die bisher umfassendste Studie dazu dürfte den Befürwortern aber nicht gefallen.
Foto: Keystone
1/6

Die zusätzliche Zeit wurde nicht produktiv eingesetzt. Statt sich der Weiterbildung, der Jobsuche oder gesellschaftlichem Engagement zu widmen, stand für die Empfänger die Freizeit im Vordergrund. «Wir finden keine Hinweise auf Verbesserungen des Humankapitals, die Befürworter sich von der Bereitstellung grösserer Ressourcen erhofft hatten», schreibt die Forschergruppe. Auf Deutsch: Die Begünstigten schafften es nicht, dank des Geldes ihre Fähigkeiten für den Arbeitsmarkt zu verbessern.

Häufiger krank als die Kontrollgruppe

Immerhin sehen die Studienautoren einen kleinen Lichtblick: Die Empfänger zeigten mehr Unternehmergeist und eine höhere Bereitschaft, Risiken einzugehen, was zu einer Verbesserung des zukünftigen Einkommens führen könnte. Ausserdem investierten manche jüngere Empfänger tatsächlich einen Teil der gewonnenen Zeit in Bildung.

Überraschenderweise gaben die Empfänger häufiger als die Kontrollgruppe an, aus gesundheitlichen Gründen nur eingeschränkt arbeiten zu können. Diese Einschränkungen nahmen im Lauf des Experiments zu.

Mehrfach an der Urne abgelehnt

In der Schweiz hat das bedingungslose Grundeinkommen einen schweren Stand: 2016 scheiterte eine Volksinitiative zum bedingungslosen Grundeinkommen an der Urne. 77 Prozent stimmten damals Nein.  

Selbst die linke Stadt Zürich stimmte 2022 gegen einen Pilotversuch, bei dem mehreren Hundert Personen monatlich rund 2500 Franken ausbezahlt worden wären. Zuletzt sagte 2023 auch die Stadt Luzern deutlich Nein zu einem solchen Experiment. Die Studie aus den USA gibt den Bedenken der Schweizer Stimmenden recht. 

Fehler gefunden? Jetzt melden
Was sagst du dazu?
Externe Inhalte
Möchtest du diesen ergänzenden Inhalt (Tweet, Instagram etc.) sehen? Falls du damit einverstanden bist, dass Cookies gesetzt und dadurch Daten an externe Anbieter übermittelt werden, kannst du alle Cookies zulassen und externe Inhalte direkt anzeigen lassen.