Grossverteiler stösst deutsche Deko-Kette mit hohem Verlust ab
Depot kostet Migros 800 Millionen Franken in zehn Jahren

Zehn Jahre nach dem Einstieg verkauft die Migros ihre Depot-Kette wieder. Käufer ist der damalige deutsche Verkäufer, Deko-König Christian Gries. BLICK hat nachgerechnet – und kommt auf eine Riesensumme, die sich die Migros das Auslandsabenteuer kosten liess.
Publiziert: 13.12.2019 um 23:07 Uhr
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Aktualisiert: 10.07.2020 um 17:09 Uhr
Nach Interio und M-Way ist nun auch Depot verkauft. Die Migros hat den Käufer in Deutschland gefunden.
Foto: Screenshot
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Ulrich Rotzinger

Die 8450 Mitarbeiter erfuhren es am Freitag zuerst aus den Medien. Der deutsche Einrichtungskönig Christian Gries (49) kauft Depot von der Migros zurück. Per sofort hält der Dekor-Händler wieder sämtliche Anteile an der Gries Deco Holding. Zur Gruppe gehören 500 Depot-Filialen, davon 38 in Schweizer Innenstädten mit 342 Angestellten. Migros-Chef Fabrice Zumbrunnen (50) schrieb Gries Deco (Depot) im Juni zum Verkauf aus.

Zumbrunnen gibt sich nun erleichtert. «Christian Gries ist als langjähriger Geschäftsführer mit der Gries-Deco-Gruppe bestens vertraut.» Der Migros-Chef weiter: «Wir sind froh über diese schnelle Lösung.»

Was er nicht sagt: Eigentümerin Migros hat mit der Deko-Kette jahrelang hohe Verluste gemacht. Millionen versenkt. Synergien mit den Möbelhäusern Micasa und Interio blieben aus. Letzteres gehört seit kurzem ebenfalls nicht mehr der Migros. Der österreichische Möbelmulti XXXLutz ist neuer Interio-Besitzer.

400-Millionen-Abschreiber tut weh!

Angesprochen auf den Depot-Verkaufspreis, schweigt die Migros. Bekannt gemacht wurde aber: Als Mitgift an den neuen Eigentümer verzichtet die Migros fast gänzlich auf die Rückzahlung in das Unternehmen investierter Darlehen. Ein massiver Abschreiber! Der Dutti-Konzern rechnet mit einer Belastung des Migros-Gruppenresultats 2019 in der Grössenordnung von 400 Millionen Franken!

Zum Vergleich: Im letzten Jahr erzielte die Migros einen Gewinn von 475 Millionen Franken. Zumbrunnen spricht von einer «kurzfristig finanziellen Belastung», die man zugunsten von Gries und seinen Mitarbeitenden in Kauf nehmen müsse.

Dieter Berninghaus (54), Ex-Handelschef der Migros, fädelte 2009 den Depot-Deal mit dem befreundeten Christian Gries ein, der bis heute Chef des deutschen Familienunternehmens blieb. Berninghaus ist längst nicht mehr im Unternehmen. Ebenso wenig an Bord ist der damalige Chef der Migros, Herbert Bolliger (66).

Forscher Expansionskurs mit hohen Investitionen

Die beiden drückten Depot einen forschen Expansionskurs auf. Vor zehn Jahren hatte die Gries-Deco-Gruppe erst 109 Filialen und einen Umsatz von 90 Millionen Franken. Heute beträgt der Umsatz über 523 Millionen Franken. Der massive Filialausbau machte den Bau eines riesigen Logistikzentrums in Deutschland nötig. Baukosten: über 130 Millionen Franken.

Für 2018 und 2019 fehlen Depot-Geschäftszahlen. Der letzte Konzernabschluss wurde für das Jahr 2017 veröffentlicht. Der Auszug dazu aus dem deutschen Bundesanzeiger liegt BLICK vor. Auf 214 Millionen Franken häufte sich 2017 der nicht durch Eigenkapital gedeckte Fehlbetrag, der Verlust schlug mit 43 Millionen Franken zu Buche.

Auch 2018 und 2019 grosse Depot-Verluste

Eine gut informierte Quelle berichtet BLICK, dass 2018 der Verlust auf 65 Millionen Franken angestiegen sei. Für das laufende Jahr sei gar mit einem Minus von 87 Millionen Franken zu rechnen. Ein Gries-Deco-Sprecher will dazu nichts sagen, «weil die jeweiligen Jahresabschlüsse» noch nicht veröffentlicht sind. Er gibt aber zu: «2019 wird noch von Abschreibungen und Effekten aus den starken Investitionen belastet sein.»

Zieht man Bilanz und zählt man zum Abschreiber der 400 Millionen noch ein negatives Eigenkapital von geschätzten 327 Millionen Franken dazu, hat die Migros in zehn Jahren Gries-Beteiligung grosso modo 800 Millionen Franken verloren. Das deckt sich mit Informationen der BLICK-Quelle.

Schreibt die Migros 2019 schwarze Zahlen?

Der Gries-Deco-Sprecher sagt dazu: «Kein Kommentar.» Er gebe zu bedenken, dass die Migros auch von schönen Zinsgutschriften aus den Darlehen profitiert habe. Migros-Sprecher Marcel Schlatter nüchtern: «Finanziell gesehen ist Gries Deco für die Migros keine Erfolgsgeschichte, da gibt es nichts schönzureden.»

Die grosse Frage bleibt unbeantwortet: Warum hat die Migros Mitinhaber Gries – er war die ganze Zeit als Chef verantwortlich – nicht in die Wüste geschickt und viel früher die Reissleine gezogen?

Mit dem Depot-Verkauf erscheint dafür die Aussage von Ursula Nold (50) in einem ganz neuen Licht. Am Donnerstag sagte die Migros-Präsidentin an einer Pressekonferenz: «Ich gehe davon aus, dass das Jahr 2019 nicht als erfolgreiches Jahr in die Annalen der Migros eingehen wird.»

«Bleibt die Migros überhaupt im laufenden Jahr in der Gewinnzone?», wollte BLICK am Freitag von der Migros wissen. «Die abschliessende Bilanzmedienkonferenz findet nächsten März statt», sagt Sprecher Schlatter.

Ein klares Dementi sieht anders aus.

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