IOC-Chef Thomas Bach
Das Machtnetz des Herrn der Ringe

Dank seiner Karriere als Sportler und in der Wirtschaft ist Thomas Bach bestens vernetzt. Doch auch an Kritikern mangelt es dem Präsidenten des Internationalen Olympischen Komitees nicht.
Publiziert: 27.07.2024 um 14:43 Uhr
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Aktualisiert: 27.07.2024 um 15:10 Uhr
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Matthias Mehl
Bilanz

Es wäre nicht das erste Mal, dass ein mächtiger Funktionär baden geht. Doch wenn sich der wichtigste Sportchef der Welt in die Fluten der Pariser Seine stürzt, ist das zweifellos ein Novum. Genau das hat der 70-jährige Präsident des Internationalen Olympischen Komitees (IOC), Thomas Bach, als Einstimmung auf die Olympischen Sommerspiele in Paris vor.

Mit dem medienwirksamen Schwumm, an der Seite der Pariser Bürgermeisterin Anne Hidalgo, sollen Befürchtungen über die unzureichende Wasserqualität der Seine zerstreut werden. Schliesslich wird der Pariser Hausfluss im Juli zum Austragungsort diverser Schwimmwettkämpfe.

Grosse Auftritte sind für Thomas Bach indes nichts Neues: Schon mit 22 Jahren stand er auf der olympischen Weltbühne, als er 1976 als Teil der deutschen Fechtmannschaft Gold gewann. Auch danach wusste sich Bach stets optimal in Szene zu setzen. Als promovierter Jurist lancierte er eine erfolgreiche Laufbahn in der Privatwirtschaft, wobei er seine Tätigkeiten als Sportfunktionär parallel weiterverfolgte.

Thomas Bach (70) ist als Chef des Internationalen Olympischen Komitees (IOC) einer der mächtigsten Menschen der Sportwelt. Wir zeigen dir seine Mitstreiter und Gegner.
Foto: imago/Xinhua
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Artikel aus der «Bilanz»

Dieser Artikel wurde erstmals in der «Bilanz» publiziert. Weitere spannende Artikel findest du unter bilanz.ch.

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2013 schwang er sich dann mit der Ernennung zum Präsidenten des IOC wortwörtlich in den Olymp der Sportwelt auf. An Kritik mangelte es aber nie: Verschiedene Interessenkonflikte sowie ein zu lascher Umgang mit Russland werden Bach vorgeworfen.

Die Mitstreiter

Ein unverzichtbarer Teil von Thomas Bachs Gefolge ist der Belgier Christophe De Kepper, Generaldirektor des IOC. Dieser kam 2001 als Stabschef unter der Präsidentschaft von Jacques Rogge, dem Vorgänger Bachs, an den IOC-Hauptsitz in Lausanne. In seiner Funktion leitet De Kepper das Tagesgeschäft der IOC-Verwaltung und bereitet als Bachs rechte Hand die strategischen sowie politischen Entscheidungen der IOC-Exekutive vor.

Ein zentraler Wegbereiter Bachs war der kuwaitische Scheich Ahmad Al-Fahad Al-Sabah. Bei ihm handelte es sich um einen der einflussreichsten Sportfunktionäre überhaupt, doch sein Wirken, auch bei der FIFA, war stets von Skandalen geprägt.

Der Scheich bekannte sich von Beginn an zur Wahl Thomas Bachs, die beiden verbinden Geschäftsinteressen: Von 2006 bis zu seiner Wahl an die IOC-Spitze hatte Bach unter anderem als Präsident der Deutsch-Arabischen Handelskammer geamtet. Im letzten Sommer suspendierte das IOC den kuwaitischen Multifunktionär für drei Jahre. Ihm wird vorgeworfen, die Wahl seines Bruders zum Präsidenten des Olympic Council of Asia beeinflusst zu haben.

Deutlich ungetrübter ist die Beziehung Bachs zu Grégoire Junod, dem Stadtpräsidenten von Lausanne: Am 23. Juni durften die beiden das 30-Jahr-Jubiläum des IOC-Standorts feiern und damit ihre bewährte Partnerschaft zelebrieren.

Christophe de Kepper (r.) ist Bachs rechte Hand: Hier sind sie an der Eröffnung der 140. IOC-Session in Lausanne im Juni 2023.
Foto: Keystone

Die Familie

Sein Privatleben hält Bach, so gut er kann, aus der Öffentlichkeit heraus. 1977 heiratete der Deutsche seine Frau Claudia Bach, mit der er gemeinsam in Würzburg lebt. Das Paar hat keine Kinder. Auch zu Bachs Jugend ist nicht viel bekannt, man weiss aber, dass seine Eltern in Tauberbischofsheim, einer Stadt in Baden-Württemberg, einen Textilladen betrieben. Bachs Vater starb, als der Sohn erst 14 Jahre alt war.

Als wichtigster Mann in der internationalen Sportwelt pflegt Bach den Umgang mit einflussreichen Leuten: So waren seine Frau und er unter anderem zur Feier des 75. Geburtstags von Ex-Kanzler Gerhard Schröder eingeladen.

Die Karriere

Geboren wurde Thomas Bach am 29. Dezember 1953 im deutschen Würzburg. Seine sportliche Laufbahn krönte der Fechter Bach früh mit dem Gewinn einer Goldmedaille an den Olympischen Sommerspielen in Montreal 1976. Hinzu kamen diverse Landes- und Weltmeistertitel.

Doch auch seine Karriere in der Privatwirtschaft ist von Erfolg geprägt: 1982 schloss Bach sein Jurastudium ab und verdiente sich bei Adidas seine Sporen, unter anderem als Leiter der Abteilung für internationale Beziehungen. Später beriet er Firmen wie Siemens und MAN. Von 2000 bis 2009 amtete er im Verwaltungsrat von Siemens Schweiz, wo er auch an der Seite von Siegfried Gerlach wirkte. Gerlach stiess 2005 zum Management des Schweizer Ablegers von Siemens und leitete das Unternehmen von 2008 bis 2019 als CEO.

Bachs unbestrittener Karrierehöhepunkt markiert aber seine Ernennung zum IOC-Präsidenten im Jahr 2013, als er die Nachfolge des Belgiers Jacques Rogge antrat. Seither hält er in Lausanne alle Fäden in der Hand. Das Internationale Olympische Komitee besteht aus 105 Mitgliedern und hat die Aufgabe, die Veranstaltung und Durchführung der Olympischen Spiele sowohl zu organisieren als auch zu koordinieren.

Als Verwaltungsrat von Siemens Schweiz wirkte Bach an der Seite von Siegfried Gerlach.
Foto: Keystone

Die Gegenspieler

Thomas Bach wird immer wieder vorgeworfen, nicht rabiat genug gegen Russland zu sanktionieren. Das brachte ihm zu Beginn des Ukraine-Kriegs auch ein scharfes, rügendes Schreiben von Bundesrätin Viola Amherd ein. Mittlerweile wird der IOC-Präsident selbst zur Zielscheibe Wladimir Putins: Aus Russland werden Fake News verbreitet und Mafia-Vorwürfe sowie Nazi-Beschimpfungen an Bachs Adresse gerichtet.

In Japan ist der Deutsche Persona non grata: Man wirft ihm vor, an den Spielen in Tokio 2021 die Finanzen über die Gesundheit der Menschen gestellt zu haben. Shigeru Omi, damals Corona-Berater der japanischen Regierung, kritisierte Bach öffentlich.

Die Spielemacher

Die Olympischen Sommerspiele in Paris sind für das IOC von zentraler Bedeutung, schliesslich handelt es sich um die ersten Spiele nach der Covid-Pandemie. Thomas Bach kann darum auf motivierte Verbündete zählen, allen voran Anne Hidalgo, die Bürgermeisterin von Paris. Der Schwumm mit Bach in der Seine war sogar ihre Idee.

Ebenfalls mit grossem Elan setzt sich Conchita Jäger, Chefin von Swiss Paralympic, für die Wettkämpfe in Paris ein. Denn die Spiele sollen auch zur grossen Bühne von Athleten mit Einschränkung werden: Nicht nur nehmen mit 4400 Personen so viele Para-Athleten wie nie zuvor teil, ihre Wettkämpfe werden erstmals auch allesamt live übertragen. Damit hat das TV- und Marketing-Team des IOC um Juan Antonio Samaranch jr., Sohn des früheren IOC-Präsidenten Juan Antonio Samaranch und derzeitiger IOC-Vize, einen medialen Coup gelandet. Das könnte wichtig werden, schliesslich gilt der Spanier als möglicher Nachfolger Bachs.

Schlagzeilen macht auch Sebastian Coe, Präsident von World Athletics. Er hat verkündet, Olympiagold in der Leichtathletik mit Preisgeldern von bis zu 50'000 Dollar zu honorieren. Coe sieht dies als Belohnung und Motivation – Kritiker werfen ihm hingegen Wahlkampf vor, denn der Brite schielt seinerseits auf Bachs Präsidentenposten.

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