Jean-Marie Fournier wehrt sich gegen den Ausverkauf Schweizer Skigebiete
«Es geht um den Erhalt unseres Kulturguts»

Vail Resorts und weitere Unternehmen versuchen mit viel Geld, den Schweizer Wintersportmarkt aufzumischen. Das sorgt auch für Unmut. Jean-Marie Fournier, der das Sagen im Walliser Skisportort Nendaz-Veysonnaz hat, wehrt sich gegen die Amerikaner im Interview mit Blick.
Publiziert: 03.09.2024 um 01:20 Uhr
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Aktualisiert: 03.09.2024 um 06:30 Uhr

Auf einen Blick

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Jean-Claude RaemyRedaktor Wirtschaft

Der US-Gigant Vail Resorts und weitere ausländische Investoren sind auf Einkaufstour in der Schweiz. In ihr Beuteschema passen grössere Skigebiete, in denen eine oder wenige Personen das Sagen haben. Nach der Blick-Enthüllung, dass die Amis hinter Laax GR und Verbier VS her sind, ergreift nun Jean-Marie Fournier (65) das Wort. Denn Verbier ist Teil der «4 Vallées», zu denen auch das Skigebiet Nendaz-Veysonnaz gehört. Letzteres ist in Fourniers Hand. Der «König von Veysonnaz» will Vail aber nicht in sein Reich lassen. 

Blick: Herr Fournier, hat Vail Resorts Sie jüngst kontaktiert und Ihnen den Kauf Ihres Skigebiets Nendaz-Veysonnaz angeboten?
Jean-Marie Fournier: Nicht direkt. Verbier wurde in der Vergangenheit jedoch wiederholt kontaktiert, und innerhalb des Verbunds der «4 Vallées» war ich stets im Bild über die Verhandlungen.

Die Schweiz-Offensive von Vail begann schon vor der Übernahme der Wintersportbahnen Andermatt-Sedrun im Jahr 2022?
Vail Resorts streckt seit Langem in der Gegend seine Fühler aus. Vor über zehn Jahren war ich an einem Abendessen dabei, wo ein erster Austausch stattfand. Sie informierten sich über unsere Geschäftspraktiken.

Jean-Marie Fournier: Der streitbare Wintersport-Unternehmer aus Veysonnaz will sich der Expansion ausländischer Giganten wie Vail Resorts in den Schweizer Alpen entgegenstellen.
Foto: Keystone
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Er ist der König von Veysonnaz

Jean-Marie Fournier (65) ist ein Urgestein von Veysonnaz VS: Sein Vater erschuf die berühmte «Piste de l’Ours» und machte so aus dem verschlafenen Walliser Dorf oberhalb von Sitten einen Austragungsort von Ski-Weltcuprennen. Heute besitzt Fournier diverse Immobilien und Unternehmen im Ort. Gleichzeitig ist der streitbare Unternehmer Chef und Hauptaktionär der Bergbahngesellschaft NVRM, die das gemeinsame Skigebiet von Nendaz und Veysonnaz bedient. Zusammen mit Verbier, La Tzoumaz und Thyon bildet Nendaz-Veysonnaz die Region «4 Vallées», die jährlich rund zwei Millionen Skifahrertage generiert. Davon entfallen rund 700'000 allein auf Nendaz-Veysonnaz.

Jean-Marie Fournier (65) ist ein Urgestein von Veysonnaz VS: Sein Vater erschuf die berühmte «Piste de l’Ours» und machte so aus dem verschlafenen Walliser Dorf oberhalb von Sitten einen Austragungsort von Ski-Weltcuprennen. Heute besitzt Fournier diverse Immobilien und Unternehmen im Ort. Gleichzeitig ist der streitbare Unternehmer Chef und Hauptaktionär der Bergbahngesellschaft NVRM, die das gemeinsame Skigebiet von Nendaz und Veysonnaz bedient. Zusammen mit Verbier, La Tzoumaz und Thyon bildet Nendaz-Veysonnaz die Region «4 Vallées», die jährlich rund zwei Millionen Skifahrertage generiert. Davon entfallen rund 700'000 allein auf Nendaz-Veysonnaz.

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Verbier stemmt sich bislang gegen einen Verkauf. Was ist mit Ihnen?
Ich bin ganz klar gegen einen Ausverkauf unserer Skigebiete an ausländische Investoren. Ich würde es bedauern, wenn wir die Kontrolle über Infrastrukturen verlieren, die für die wirtschaftliche und touristische Entwicklung unserer Regionen von entscheidender Bedeutung sind.

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Inwiefern?
Der Tourismus bietet den Menschen in den Bergen die Möglichkeit, zu Hause leben zu können, er macht die Alpen lebendig. Dafür muss er in lokaler Hand bleiben. Zudem haben wir in der Schweiz schon viel zu viel Kontrolle über wichtige Wirtschaftsfelder verloren, vor allem im Wallis!

Ausländische Investoren können helfen, finanziell in Not geratene Skigebiete und damit Arbeitsplätze zu erhalten.
Vielleicht. Aber haben die neuen Besitzer die Fähigkeit, auf Bedürfnisse einzugehen, die für sie selbst nicht interessant, für das Skigebiet und die Region aber wichtig sind? Wandert das verdiente Geld in Dividenden oder in Investitionen zugunsten der regionalen Wirtschaft? Ich habe mich seinerzeit erfolgreich gegen eine grössere Expansion der französischen Compagnie des Alpes (CdA) in der Schweiz gewehrt – heute sind sie nicht mehr da. Und uns sowie Verbier, wo die CdA beteiligt war, geht es noch immer gut.

Alle grossen Skigebiete funktionieren doch renditeorientiert. Und die sind im Visier von Vail Resorts.
Ich habe gehört, dass Vail Resorts auch die Fühler nach kleineren Skigebieten ausstreckt und das Gespräch nicht nur mit grossen Aktionären, sondern auch mit Gemeinden sucht, die ja oft im Aktionariat vertreten sind. 

Können Sie Namen nennen?
Viele grosse Konzerne, nicht nur Vail, haben ein Auge auf kleine Skigebiete geworfen. Das ist allgemein bekannt, wie das Beispiel von Grächen und Belalp im Wallis zeigt. Eine französisch-schweizerische Investorengruppe will dort die gesamte Skiregion betreiben.

Mal angenommen, Verbier verkauft an Vail Resorts. Was passiert dann mit Nendaz-Veysonnaz?
Ich kann selbst bestimmen. Meinerseits werde ich nicht verkaufen. Nendaz-Veysonnaz kann gut allein überleben. Wobei: Wir können uns gut vorstellen, mit Vail Resorts zu kooperieren, so, wie wir derzeit mit anderen zusammenarbeiten.

Ist nicht alles bloss eine Frage des Preises? Die Kriegskasse von Vail soll prall gefüllt sein, es werde auch gern über Wert bezahlt.
Bestimmt werden einige verkaufen, wenn der Preis stimmt. Das ist aber nicht das einzige Kriterium. Der Wintersportbetrieb ist seit einigen Jahren behördlich überreguliert. Die Politik macht uns das Leben richtig schwer, mit zahllosen Auflagen und Gesetzen, die dynamische Unternehmer-Entscheidungen verhindern. Einige haben die Nase voll davon. Das könnte die Verkäufe beflügeln. Und so einen Dominoeffekt in Gang bringen.

Sie bekämpfen den «Behördenwahnsinn», wie Sie sagen. Könnte Sie das allenfalls zu einem Verkauf umstimmen?
Nein. Es geht um den Erhalt unseres Kulturerbes. Die aktuelle Entwicklung macht mich traurig, oder eher, sie beunruhigt mich. Ich für meinen Teil werde erbittert darum kämpfen, unabhängig zu bleiben. Wir haben genügend Mittel dafür. Meine Verbundenheit mit dem Unternehmen und der Region geht über den rein wirtschaftlichen Aspekt hinaus.

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