Kritik an Abbauplänen
«Die Post rechnet das Postnetz seit Jahren schlecht»

Gewerkschafter werfen dem gelben Riesen vor, seine Filialen unrentabler darzustellen, als sie in Wirklichkeit sind – um so den Kahlschlag zu legitimieren. Der Staatskonzern, der 170 Standorte schliessen will, widerspricht vehement.
Publiziert: 09.06.2024 um 01:10 Uhr
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Aktualisiert: 09.06.2024 um 11:31 Uhr
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Thomas SchlittlerWirtschaftsredaktor

Die Post will bis 2028 nahezu jede fünfte Filiale schliessen. Vergangene Woche gab der Staatskonzern bekannt, dass es in vier Jahren nur noch 600 selbst betriebene Poststellen geben soll. Stattdessen setzt der gelbe Riese vermehrt auf Postagenturen und Hausservice.

Kritiker sprechen von einem Abbau des Service public. David Roth (39), SP-Nationalrat und Gewerkschafter bei Syndicom, wirft den Verantwortlichen zudem vor, mit gezinkten Karten zu spielen. Gegenüber Blick sagt er: «Die Post rechnet das Postnetz seit Jahren schlecht, um die Legitimation für Schliessungen zu erhöhen.»

Verschiebung von My Post 24 und Pickpost

Roth begründet diesen Vorwurf mit der internen Abrechnung von innovativen, aber wenig rentablen Produkten wie den My-Post-24-Automaten, den Pickpost-Abholstellen oder dem Hausservice. «Diese Dienstleistungen kosten die Post viel Geld. Früher musste der Geschäftsbereich Logistik dafür aufkommen, seit einigen Jahren jedoch werden die Kosten vor allem dem Segment Postnetz angelastet.»

Die Konzernleitung der Post will bis 2028 rund jede fünfte ihrer Filialen schliessen.
Foto: Keystone
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Als Beleg verweist Roth auf den Finanzbericht 2016. Damals hatte sich das Defizit des Segments Postnetz auf einen Schlag beinahe verdoppelt, von 110 auf 193 Millionen Franken – nachdem My Post 24 und Pickpost von der Logistik-Abteilung ins Postnetz verschoben worden waren.

Im Bericht heisst es dazu auf Seite 26: «Per Saldo resultiert ein negativer Betriebsergebniseffekt für Poststellen und Verkauf (heute Postnetz, Red.), Postlogistics und Postmail sowie ein positiver für Postfinance.»

Die Post widerspricht

2023 wurde für das Postnetz ein Verlust von 93 Millionen Franken ausgewiesen. Wie hoch das Minus ausgefallen wäre, wenn My Post 24, Pickpost und Hausservice anderen Bereichen angerechnet worden wären, will die Post gegenüber Blick nicht im Detail beantworten.

«Aus Wettbewerbsgründen kommunizieren wir zu einzelnen Produkten oder Zugangspunkten wie zum Beispiel Paketautomaten keine Kosten», sagt ein Sprecher, betont jedoch: «Die allergrössten Kostentreiber bei Postnetz sind steigende Lohnkosten und Sachteuerungen, kombiniert mit einer geringeren Nachfrage im Verhältnis zum vorhandenen Filialnetz.»

Interne Transferzahlungen unter Verschluss

Die «These», dass My-Post-24-Automaten und andere Zugangspunkte das Ergebnis von Postnetz übermässig belasten, sei so nicht richtig: «Natürlich ist Postnetz für die Planung und Eröffnung von neuen Zugangspunkten im Netz verantwortlich», so der Sprecher. Postnetz verrechne die entsprechenden Betriebskosten jedoch an Logistik-Services weiter.

Wie diese Rechnung konkret aussieht, lässt sich allerdings nicht nachprüfen: Auch diesbezüglich behält die Post Details für sich.

Dagegen hält die Medienstelle mit Verweis auf die Mitteilung von vergangener Woche fest, das finanzielle Ergebnis sei gar nicht das entscheidende Argument, um die geplanten «Umwandlungen» bei den Filialen zu erklären. Vielmehr gehe es darum, dass die Post ihre Zugangspunkte dem Kundenverhalten anpasse.

Je grösser das Minus, desto einfacher der Abbau

Tatsächlich ist in der Mitteilung viel von «sich ändernden Kundenbedürfnissen» und «zukunftsorientierten Angeboten» die Rede. Gleichzeitig betont CEO Roberto Cirillo (52) aber mehrmals, wie wichtig die «eigenfinanzierte Grundversorgung» sei.

Damit ist klar: Wäre das Minus von Postnetz geringer, hätte die Konzernleitung deutlich grössere Schwierigkeiten, den Abbau von Filialen durchzubringen.

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