Kritik an Migros-Reform
Was haben die Kunden davon?

Der orange Riese kündigt einen Umbau zur Kostendämpfung an. Sinken bald die Preise? Experten winken ab: Für Konsumenten springt dabei kaum etwas heraus.
Publiziert: 14.05.2023 um 18:01 Uhr
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Aktualisiert: 14.05.2023 um 18:21 Uhr
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Danny SchlumpfRedaktor SonntagsBlick

Vor 20 Jahren gelang Hansueli Loosli (67) der grosse Coup: Der Coop- Chef löste die regionalen Genossenschaften auf. Seitdem ist von Strukturproblemen bei Coop nichts mehr zu hören.

Anders bei der Migros: Die zehn regionalen Genossenschaften haben ihre starke Stellung ins 21. Jahrhundert gerettet. Im zentralen Migros-Genossenschafts-Bund (MGB) streiten sie um den kleinsten gemeinsamen Nenner und ignorieren dabei gern auch gemeinsam gefällte Entscheidungen – mit der Folge, dass Kosten steigen und Umsätze schrumpfen. Seit 2017 sind die Gewinne der zehn Genossenschaften um 23 Prozent gesunken.

Nun aber holt die Migros zum Befreiungsschlag aus: Sie legt ihr Supermarktgeschäft zusammen. Ab 2024 soll eine neue Supermarkt AG die 600 Verkaufsläden organisieren und den Einkauf zentralisieren.

Die Migros kündigt einen grossen Umbau an.
Foto: Philippe Rossier
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Setzt die Migros auf den Loosli-Trick? Kommt jetzt die grosse Reform, die den Regionalfürsten die Zähne zieht und aus dem orangen Riesen einen schlanken und effizienten Laden macht? Michael Stadler (46), Strategie-Experte an der ZHAW, winkt ab. «Das ist eher ein Reförmchen.»

Droht der MGW ein Machtverlust?

Denn die regionalen Genossenschaften bleiben bestehen – und nehmen Einsitz in der Leitung der neuen Supermarkt AG. «Damit behalten sie ihren Einfluss», sagt Stadler. «So wird das Unternehmen im besten Fall leicht effizienter, was wiederum den Konsumenten wenig bringt.» Die haben heute gute Alternativen: Aldi und Lidl machen mit preisgünstigen regionalen Produkten Druck. «Die Migros kann ihr volles Potenzial nur mit einer konsequenten Zentralisierung ausschöpfen», sagt Stadler. «Praxisbeispiele zeigen: Mischmasch-Lösungen sind wenig hilfreich.»

Der MGB kann einen Machtverlust wohl nur verhindern, wenn der neue CEO Mario Irminger (57) Verwaltungsratspräsident der Supermarkt AG wird. Genau dies jedoch ist offen: «Es wurden noch keine Personalentscheide getroffen», sagt Migros-Sprecher Marcel Schlatter. «Das gilt auch für eine allfällige Position für Mario Irminger in der neuen Einheit. Die Personalentscheide werden in den kommenden Wochen vom MGB und den regionalen Genossenschaften gefällt.»

Da dürften die Fetzen fliegen. Schafft es Irminger nicht auf den einflussreichen Posten, werden die Regionalfürsten am Ende noch mächtiger. Dann bliebe Irminger nur noch, den Gesundheitsbereich weiter auszubauen. Der ist lukrativ, genau wie das Bankgeschäft: Das liefert die Hälfte der Gewinne der Migros-Gruppe und subventioniert schon heute die Supermärkte der Regionalfürsten.

Ob das im Sinn der über zwei Millionen Migros-Genossenschafter ist, bleibt offen.

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