Migros macht hohe Verluste
So teuer ist die Auslandsexpansion von Galaxus.de

Seit dem deutschen Markteintritt hat Galaxus.de Anlaufverluste von 120 Millionen Euro eingefahren. Die Migros-Tochter bleibt aber optimistisch.
Publiziert: 15.12.2023 um 12:25 Uhr
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Aktualisiert: 22.12.2023 um 11:38 Uhr
Andreas Güntert
Handelszeitung

Nach dem Corona-Boom schwächelt der deutsche E-Commerce-Markt. Nur gerade ein Umsatzwachstum von 0,9 Prozent sehen die Marktforschenden des IFH Köln 2023 für Amazon, Otto.de und Zalando im 100 Milliarden Euro schweren Online-Shopping-Bereich des Nachbarlandes.

Ganz anders sieht das aus bei Galaxus.de. Die Deutschland-Tochter des Schweizer E-Commerce-Primus rechnet für 2023 mit einem Umsatz von 290 Millionen Euro, was einem Plus von 60 Prozent gegenüber 2022 entspricht. Die Prognose stammt aus dem Galaxus.de-Geschäftsbericht für 2022, der soeben veröffentlicht wurde und der «Handelszeitung» vorliegt. Am Galaxus-Hauptsitz in Zürich wird die Guidance so bestätigt: «Für 2023 sieht es gut aus, dass wir unsere Ziele erreichen», sagt ein Sprecher.

Der starke Umsatzsprung hat auch mit der Ausweitung des Angebots zu tun. Im laufenden Jahr sei das Sortiment des deutschen Webshops auf über drei Millionen Produkte verdoppelt worden.

Pakete im deutschen Lager von Galaxus.de in Krefeld: Das Geschäft läuft hochtourig. Aber mit hohen Anlaufkosten.
Foto: ZVG
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Verlust von 60 bis 65 Millionen Euro im Jahr 2023

Die Schweizer, die seit Ende 2018 im deutschen Online-Markt mitmischen, erkaufen sich den angestrebten Erfolg teuer. Die Maxime dabei: unter Inkaufnahme von Anlaufverlusten möglichst schnell eine kritische Grösse erreichen und damit zu den führenden Anbietern aufschliessen. Eine weltweit gängige Strategie – aber auch ein teures Vorhaben: Seit dem ersten vollen Geschäftsjahr 2019 sind bei Galaxus.de bis Ende 2022 bereits 120 Millionen Euro Verlust angefallen. Eine Obergrenze an roten Zahlen für diese Expansion mag das Unternehmen nicht festlegen oder kommunizieren: «Am Zürcher Hauptsitz heisst es dazu: «Die Zahlen sind gross. Es handelt sich aber um übliche Summen, die es zu investieren gilt, um ein Geschäft in einem neuen Markt schnell voranzubringen. Wir entwickeln uns innerhalb des geplanten Rahmens. Die Anlaufkosten werden noch weiter zunehmen.»

Wie sehr, wird im aktuellen Report von Galaxus.de für 2023 so eingeschätzt: «Das negative Ergebnis des Jahres 2022 wird sich im laufenden Jahr voraussichtlich proportional zum Umsatzwachstum entwickeln und circa 60 bis 65 Millionen Euro betragen.» 2022 betrug das Minus noch 49 Millionen Euro.

Höhere Kosten sind 2022 auf allen Ebenen angefallen, vor allem aber bei den Werbeausgaben, die von 10 auf 24 Millionen Euro wuchsen. Der finanzielle Welpenschutz aus der Schweiz habe auf der Kostenseite offenbar nachgelassen für das deutsche Expansionsprojekt, heisst es im Report: Erstmalig seien Galaxus.de-Leistungen der Schweizer Muttergesellschaft Digitec Galaxus AG verrechnet worden, und dies in der Höhe von 7,7 Millionen Euro.

Mütterliches Darlehen im Juni 2023 erhöht

Die Schweizer Mutter ist aber weiterhin bestrebt, das zarte Pflänzchen Galaxus.de wachsen zu lassen. Eine bestehende Kreditzusage von 150 Millionen Euro, heisst es im Bericht, sei im Juni 2023 auf insgesamt 217 Millionen Euro erhöht worden. Wie lange der europäische Feldzug von Galaxus noch Verluste bringen wird, will das Unternehmen nicht in Jahre fassen. Im Kapitel «Ausblick» des aktuellen Geschäftsberichts lässt sich erahnen, dass das Vorhaben wohl noch einmal so lange dauern wird wie bisher schon: «Der Fokus der Galaxus Deutschland GmbH liegt in den kommenden fünf Jahren weiterhin auf dem schnellen Erreichen einer relevanten Grösse im E-Commerce-Markt.»

Artikel aus der «Handelszeitung»

Dieser Artikel wurde erstmals im kostenpflichtigen Angebot von handelszeitung.ch veröffentlicht. Blick+-Nutzer haben exklusiv Zugriff im Rahmen ihres Abonnements. Weitere spannende Artikel findest du unter www.handelszeitung.ch.

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Dass bei einem Markteintritt, besonders im Feld des E-Commerces, hohe Anlaufkosten anfallen, ist zwar durchaus üblich. Im Fall von Galaxus.de fällt der kostspielige Auslandfeldzug aber in eine heikle Phase. Bei der Migros, der 70 Prozent an Digitec Galaxus gehören, ist derzeit strikte Konzentration aufs Kerngeschäft angesagt. Einstige Digitalpläne haben da einen schweren Stand. Erst kürzlich zog der neue Migros-Chef Mario Irminger dem Digitallabor Sparrow Ventures den Stecker. Der weitere Verlauf des europäischen Galaxus-Feldzugs wird also auch davon abhängen, wie die Chancen in Zürich beurteilt werden.

Bei Galaxus selber ist man zuversichtlich. Auch deshalb, weil sich Investitionen in Deutschland ebenso für den Vorstoss in Nachbarländer lohnten. «Ohne zusätzliche Marketing- oder Personalkosten konnten wir die Galaxus-Shops in Frankreich, Italien, Belgien und Holland eröffnen. Diese Investitionen werden sich langfristig auszahlen.»

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