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Nach Missachtung der Quarantänepflicht
Credit-Suisse-Präsident António Horta-Osório zeigt sich selbst an

Das Gesetz gilt für alle – doch CS-Präsident António Horta-​Osório nimmt sich davon aus. Der Portugiese missachtete nach der Einreise aus einem Risikoland die Quarantänepflicht. Horta-​Osório gibt den Verstoss zu und zeigt sich selber an.
Publiziert: 08.12.2021 um 17:32 Uhr
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Aktualisiert: 09.12.2021 um 12:34 Uhr
  • Er reiste im Privatjet aus London ein
  • Er wollte eine Befreiung von der Quarantäne
  • Trotz Nein der Behörden reist er aus
  • Nach Recherche von Blick gibt er den Verstoss zu und entschuldigt sich
  • Unterdessen hat sich Horta-​Osório selber angezeigt
Christian Dorer und Guido Schätti

Sonntag, 28. November, London: António Horta-Osório (57), der Präsident des Verwaltungsrates der Credit Suisse, besteigt einen Privatjet und fliegt in die Schweiz. Das Flugzeug stellt ihm die Grossbank zur Verfügung. Normalität in der Welt des CS-Präsidenten.

Doch im Rest der Welt ist nichts normal in jenen Tagen. In Südafrika wurde die potenziell hochgefährliche Virusvariante Omikron entdeckt, die im Verdacht steht, den Immunschutz der Impfstoffe zu unterwandern. Die Schweiz erlässt Flugsperren und Quarantäneregeln für Länder mit Omikron-Fällen. Schon am Tag vor Horta-Osórios Flug kommt auch Grossbritannien auf die Liste der Risikoländer. Wer von dort in die Schweiz einreist, muss sich zehn Tage in Quarantäne begeben.

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Von verschiedener Seite wird der Banker darauf aufmerksam gemacht, dass die Regel auch für ihn gilt, als er am Sonntagnachmittag in Zürich ankommt. Horta-Osório fährt zu seinem Schweizer Wohnort in Wollerau SZ, wo er ein Reihenhaus mit Blick auf den Zürichsee besitzt. Bald wird er aktiv: Der Portugiese beginnt sich zu erkundigen, ob er von der Quarantäne befreit oder ob sie zumindest verkürzt werden kann.

CS-Präsident António Horta-​Osório in einem Bloomberg-Interview Anfang November.
Foto: Bloomberg via Getty Images
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Abklärungen von Ex-FDP-National- und Ständerat Gutzwiller brachten klares Nein

Mit den Abklärungen wird der frühere FDP-National- und Ständerat Felix Gutzwiller (73) betraut, der einst in einem CS-Beirat sass. Zuerst wird beim Kanton versucht, eine Ausnahmebewilligung für den CS-Chairman zu erwirken, dann sogar noch auf Bundesebene.

Das Feedback sowohl vom Kanton wie vom Bund: Für Horta-Osório ist keine Ausnahme möglich. Beide Behörden sagen vehement Nein sowohl zu einem Erlass als auch zu einer Verkürzung der Quarantäne. Keine politische Instanz würde einem Manager in dieser Phase der Pandemie eine Sondergenehmigung erteilen, so der Bescheid. Gutzwiller war für Blick für eine Stellungnahme nicht erreichbar.

Seit seiner Wahl in den CS-Verwaltungsrat ist Horta-Osório der grosse Hoffnungsträger der von Skandalen und Milliardenverlusten gebeutelten Grossbank. Der Portugiese soll das Vertrauen der Stakeholder zurückgewinnen und eine neue Kultur etablieren. Damit dies gelinge, müsse die Unternehmensspitze Werte wie Integrität vorleben, sagte er kürzlich in einem Interview mit dem SonntagsBlick.

Horta-Osório sprach in Interviews von seiner Vorbildfunktion

«Führen durch Vorbild» lautet eines der wichtigsten Führungsprinzipien, das jedem Manager eingebläut wird. Doch ausgerechnet Horta-Osório hält sich nicht daran – trotz glasklarer Quarantäne-Anordnung. Die Einhaltung ist für den CS-Lenker offenbar keine Option: Am Mittwoch, 1. Dezember, verlässt er sein Haus und besteigt erneut einen Privatjet, Ziel ist die Iberische Halbinsel.

Diese Vorgänge hat Blick von Quellen erfahren, die mit den Vorgängen vertraut sind. Blick weiss auch: Der Gesetzesbruch des Präsidenten sorgt innerhalb der CS für Entsetzen und hat den kleinen Kreis der Involvierten in den Krisenmodus versetzt.

Allen Beteiligten ist klar: Ein Präsident, der gegen Gesetze verstösst, zumal bei einem hochsensitiven Thema wie Quarantäne, ist eine Bedrohung für die Bank – und kaum zu halten.

Nur ein kleiner Kreis ist über den Vorfall informiert, darunter relevante Manager des sogenannten Corporate Centers. Sie kommen zum Schluss, dass die Sache zu brisant ist, um sie auszusitzen. Ihr Entscheid: Die Finanzmarktaufsicht (Finma) muss umgehend eingeschaltet werden. Die Behörde wurde Anfang Woche davon in Kenntnis gesetzt.

Die Finma will den Fall nicht kommentieren. Zu Einzelheiten der Aufsichtstätigkeit bei einzelnen Instituten äussere man sich nicht, teilt sie mit.

CS und Horta-Osório bestätigen Verstoss gegen Quarantänepflicht

Inzwischen ist Horta-Osório erneut weitergeflogen: Er ist in New York, wo am Donnerstag eine Verwaltungsratssitzung stattfindet. Schon heute Mittwoch treffen sich die VR-Ausschüsse. Bereits jetzt ist klar: Der Quarantänebruch des Präsidenten wird das wichtigste Thema sein. Vize-Präsident Severin Schwan (54), im Hauptjob CEO des Pharma-Giganten Roche, wurde bereits über das Gebaren des Präsidenten informiert.

Sowohl die CS als auch Horta-Osório bestätigen auf Anfrage von Blick den Verstoss gegen die Quarantänepflicht. Die CS bedauert, «dass es im Zusammenhang mit der Reisetätigkeit ihres Präsidenten zu einem Verstoss gegen die Quarantänebestimmungen gekommen ist». Die Einhaltung der geltenden Gesetze und Richtlinien habe für Credit Suisse und für den Präsidenten persönlich höchste Priorität.

«Bedaure diesen Fehler aufrichtig»

Auch VR-Präsident Horta-Osório äusserst sich in einem Statement: «Es ist mir wichtig, die Schweizer Quarantänevorschriften einzuhalten, und ich habe dies von der Ankunft in der Schweiz am 28. November 2021 bis zur Abreise auch sorgfältig getan. Alle Sitzungen, die ich in der Schweiz abhielt, wurden virtuell abgehalten, ebenso wie meine öffentliche Rede, die ich letzte Woche in Zürich hielt. Ich habe unbeabsichtigt gegen die Schweizer Quarantänebestimmungen verstossen, indem ich das Land am 1. Dezember vorzeitig verlassen habe. Ich bedaure diesen Fehler aufrichtig. Ich entschuldige mich und werde dafür sorgen, dass dies nicht wieder vorkommt.»

Damit bleibt der Widerspruch, dass Horta-Osório gleich nach der Einreise in die Schweiz Abklärungen treffen liess, die zum klaren Bescheid führten, dass die Quarantänepflicht in jedem Fall einzuhalten sei. Demnach hätte er wissentlich gegen die Bestimmungen verstossen. Ein Sprecher der Bank sagt, die Abklärungen hätten sich nur auf die Frage bezogen, ob er ins Büro dürfe und nicht auf die Ausreise in ein Drittland. Horta-Osório sei davon ausgegangen, dass die Ausreise legal sei.

Horta-Osório reicht Selbstanzeige ein

Wie glaubwürdig ist diese Erklärung? Warum sollte die Reise in ein Drittland weniger problematisch sein als der Gang ins Büro? Wer nach «Quarantäne» googelt, erhält die glasklare Antwort, dass diese bedeute, das eigene Haus nicht zu verlassen – schliesslich geht es darum, die Verbreitung des Virus zu verhindern. Wie diese simple Information trotz eines Heers von Beratern nicht zum CS-Präsidenten gelangen konnte, erscheint schleierhaft.

Nachdem Blick den Vorfall publik gemacht hat, melden sich die Anwälte des CS-Präsidenten bei der Redaktion. Sie schreiben: «Herr Antonio Horta-Osório hat Selbstanzeige wegen möglicher Übertretung gemäss Epidemiegesetz Art. 83 eingereicht.» Unter den Artikel fällt etwa, «die Vorschriften über die Ein- oder Ausreise» zu verletzen oder «sich einer angeordneten Quarantäne oder Absonderung» zu entziehen. Wer fahrlässig handelt, kann mit bis zu 5000 Franken Busse bestraft werden.

Der CS-Verwaltungsrat steht nun vor einer schwierigen Entscheidung. Kann es sich die Grossbank leisten, dass ihr oberster Repräsentant gegen das Epidemiengesetz verstossen hat? Diese Frage müssen Schwan und der Rest des Gremiums morgen in New York beantworten.

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