Nicht nur neue Debitkarten sorgen für Gebührenhammer bei KMU
«Twint ist das Schlimmste für uns Händler»

Nicht nur die neuen Debitkarten sind für die Gewerbler zum Davonlaufen. Auch die Bezahl-App Twint, die während der Corona-Pandemie immer beliebter wurde, sorgt bei den KMU für rote Köpfe. Alles zum Gebührenhammer.
Publiziert: 25.05.2021 um 01:39 Uhr
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Aktualisiert: 25.05.2021 um 12:35 Uhr
Nicola Imfeld

Der Aufschrei bei den kleinen und mittleren Unternehmen (KMU) ist gross. Sie werden geschröpft, weil Banken die Gebühren bei Kartenzahlungen massiv erhöhen. Das liegt an den neuen Debitkarten von Visa und Mastercard.

Vorderhand bleiben Gewerbetreibende und Händler auf Gebühren sitzen, die sich seit Jahresbeginn teilweise um das 36-Fache erhöht haben, wie Blick am Freitag publik machte. Die Kundinnen und Kunden müssen wohl am Ende die Zeche begleichen, weil Händler die neuen Gebühren auf die Preise schlagen wollen. Mittlerweile ermitteln auch die Wettbewerbskommission (Weko) und der Preisüberwacher.

«Twint ist schlimmer für uns Händler»

Doch der Gebührenhammer beschränkt sich nicht nur auf die neuen Debitkarten, sagen mehrere Unternehmer zu Blick. Immer mehr Menschen haben in der Coronavirus-Pandemie die Bezahl-App Twint entdeckt. Die Zahlungsabwicklung funktioniert bequem mit dem Smartphone – ohne Bargeld oder Karte.

Nicht nur die neuen Debitkarten und die damit verbundenen höheren Gebühren für Händler wie Claudio Rütimann stören den Drogisten.
Foto: Nicola Imfeld
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Anfang 2021 zählte Twint bereits drei Millionen Nutzer in der Schweiz. Hinter dem Unternehmen stecken unter anderen die Schweizer Grossbanken UBS und Credit Suisse sowie Acquirer Worldline, die auch die hohen Debitkarten-Gebühren zu verantworten haben.

«Twint ist die teuerste Kreditkarte der Schweiz, obwohl damit gar kein Kreditgeschäft abgewickelt wird. Die Bezahl-App ist ein schlechter Witz und das Schlimmste für uns Händler», sagt Drogist Claudio Rütimann (49) aus Hausen am Albis ZH.

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Twint-Gebühren gehen an Banken

Was Rütimann besonders stört: «Die Gebühren gehen vollständig an die Banken, die an Twint beteiligt sind. Wir Händler werden geschröpft, wo es nur geht.» Seine Kunden seien sich dessen gar nicht bewusst, so der Drogist weiter. «Zwischen Kollegen kann man gratis Geld hin- und herschicken. Das ist natürlich eine tolle Sache – aber wir müssen dafür bezahlen.»

Auch Gewerbeverbandschef Hans-Ulrich Bigler (63) kennt die Problematik mit der Bezahl-App. «Die kleinen Händler werden nicht fair behandelt. Twint verlangt nicht nur hohe Gebühren, sondern hat auch eine intransparente Gebührenstruktur», sagt er zu Blick.

So erklärt Twint seine hohen Gebühren

Tatsächlich hält sich Twint über die Gebühren im Detail bedeckt. Grundsätzlich werden 1,3 Prozent des Gesamtbetrags fällig. Das ist deutlich mehr als bei den neuen Debitkarten Mastercard (10 Rappen plus 0,49 Prozent) oder Visa (10 Rappen plus 0,95 Prozent). «Diese Lösung richtet sich speziell an kleine Geschäfte ohne Zahlungsterminal mit eher kleinen Warenkorbgrössen», erklärt Twint-Sprecherin Bianca Schmidt auf Anfrage. Weil die fixe Transaktionsgebühr wegfalle, sei die Lösung bei tiefen Beträgen günstiger im Vergleich zur Debitkarte.

Wenn der Händler aber ein Zahlungsterminal hat oder es sich um einen Onlineshop handelt, wirds undurchsichtig. Da können «wettbewerbsfähige Verträge» verhandelt werden, so Twint-Sprecherin Schmidt.

Twint schiesst gegen Bargeld-Lösung

Sie holt gleich auch noch zum Rundumschlag gegen das Bargeld aus. Dieses sei für die Händler auch «keineswegs gratis», weil die Bereitstellung und Logistik Kosten verursachen würden. «Deshalb schätzen immer mehr Händler die einfache QR-Code-Sticker-Lösung, welche keine weiteren Kosten und Mühen erfordert als das Aufstellen des QR-Codes.» Allein in diesem Jahr seien über 10'000 solcher Händler dazugekommen.

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