«Wie soll ich das Geld jemals zurückzahlen?»
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Coiffeur Piero Della Vecchia:«Wie soll ich das Geld jemals zurückzahlen?»

Piero Della Vecchia (50), Coiffeur in Winterthur ZH, über Corona-Notkredite
«Wie soll ich das Geld jemals zurückzahlen?»

Seit 32 Jahren arbeitet Piero Della Vecchia als Figaro. Seit 2011 in einem eigenen Salon in Winterthur ZH. Die Auswirkungen des Coronavirus bringen ihn an seine Grenzen. Nicht nur finanziell.
Publiziert: 26.03.2020 um 23:16 Uhr
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Aktualisiert: 11.04.2020 um 12:25 Uhr
Patrik Berger

Coiffeur Piero Della Vecchia (50) ist in seinem Salon in Winterthur ZH, als ihn BLICK besucht. Licht brennt keines. Die sechs Coiffeursessel sind leer. Auf einem von ihnen sitzt Della Vecchia. Mit hängenden Schultern und traurigem Blick. Der gebürtige Neapolitaner bietet einen Espresso an. Das dauert. Die Kaffeemaschine steht schon genauso lang still wie der Salon. Seit dem Bundesratsbeschluss vom 16. März.

«Ich konnte es nicht glauben, als ich erfahren habe, dass wir schliessen müssen», sagt er. «Seither schlafe ich kaum mehr.» Mit dem ganzen administrativen Kram ist er überfordert. «Zum Glück habe ich einen Treuhänder, der mir das abnimmt», sagt er. Für die beiden Angestellten wurde Kurzarbeit beantragt. Für Della Vecchia gestern einen Notkredit von 30'000 Franken. Doch der Figaro bleibt skeptisch. «Selbst wenn ich irgendwann wieder arbeiten kann, wie soll ich den Kredit an meine Bank zurückzahlen?»

Im April wirds eng

Die März-Löhne habe er noch überweisen können. «Im April weiss ich aber nicht, wie ich Miete und Löhne zahlen soll», sagt er. «Ich habe nur finanzielle Reserven für einen Monat.» Immerhin, der Vermieter ist ihm entgegengekommen. «Statt 1500 Franken muss ich nur noch 1250 Franken bezahlen», sagt Della Vecchia, der seinen Salon seit 2011 betreibt. Auf anderen Fixkosten bleibt er sitzen. Eben habe er noch diverse Pflegeprodukte für 1700 Franken gekauft.

Der Winterthurer Coiffeur Piero Della Vecchia (50) bangt um seine Existenz.
Foto: Philippe Rossier
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Berufliche Alternativen habe er keine. «Ich bin seit 32 Jahren Coiffeur. Schere und Föhn sind meine Leidenschaft», sagt er. Der Vater von zwei Teenagern macht sich auch Sorgen um seine Familie. «Es tut mir weh, wenn meine Söhne ihren Vater stundenlang vor dem Fernseher sitzen sehen.» Auch die Familie habe Existenzängste. Die Mutter arbeitet Teilzeit als Hauswartin. «Sie verdient monatlich 1200 Franken. Wie sollen wir davon leben?»

«Mir fehlt der Kontakt zu den Kunden»

Ihm sei langweilig. Er wolle arbeiten. «Mir fehlt der Kontakt zu den Kunden, ein Schwatz hier, ein Witzchen dort. Das ist das Schöne an meinem Beruf.» 18 Kunden bedient er an einem durchschnittlichen Tag. 30 sind es im gesamten Salon. Die bleiben nun alle aus. «Dabei müsste ich mit meinem Job die Familie ernähren», so Della Vecchio.

Er habe schon Angebote von Stammkunden bekommen, er soll doch auf einen Kaffee vorbeikommen und ihnen dann schnell den Nacken herausputzen. Della Vecchia lehnt so was strikte ab. «Schwarzarbeit ist illegal. Zudem habe ich Angst, mich mit dem Virus anzustecken», sagt er.

Etwas Ablenkung findet der Hobbyzüchter bei seinen Vögeln. «Ich habe eine Voliere mit 40 Kanarienvögeln. Um die kümmere ich mich intensiv, sonst würde ich durchdrehen», sagt er und nimmt den letzten Schluck des längst kalt gewordenen Espresso.

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