Schweiz übernimmt 10. Sanktionspaket
Keine Kräne für Moskau

Die EU zieht die Schraube an: Der Export von Industriegütern nach Russland wird massiv eingeschränkt. Der Bundesrat wird nachziehen – zum Ärger der SVP.
Publiziert: 19.03.2023 um 10:16 Uhr
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Aktualisiert: 19.03.2023 um 20:50 Uhr
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Peter AeschlimannRedaktor

EU-Chefin Ursula von der Leyen (64) schlug kämpferische Töne an, als sie Mitte Februar neue Sanktionen gegen Russland ankündigte. Putin, sagte sie, nehme in seinem brutalen Krieg rücksichtslos Zivilisten ins Visier, wofür er als Aggressor zur Rechenschaft gezogen werden müsse. «Und so ziehen wir mit einem zehnten Sanktionspaket die Daumenschrauben fester.» Im Fokus des zehnten Pakets stehen industrielle Güter: Antennen, Ersatzteile für Lastwagen, Kräne. In der Schweiz beschliesst der Bundesrat in diesen Tagen, dass er die Sanktionen übernehmen wird. Dem Vernehmen nach gibt es bei den neuen Massnahmen keine strittigen Punkte. Es handelt sich also um eine reine Formsache.

Dass die Schweiz EU-Sanktionen eins zu eins übernimmt, ist der SVP ein Dorn im Auge. «Auch dieses Sanktionspaket lehnen wir ab», sagt Fraktionschef Thomas Aeschi (44). Und Parteikollege Thomas Matter (56) ergänzt: «Wir sind generell gegen Sanktionen, ausser sie kommen von der Uno.» Wer einseitig Massnahmen ergreife in einem Konflikt, so der Zürcher Nationalrat, könne nicht neutral sein. «Dagegen wehren wir uns mit der Neutralitäts-Initiative.»

«Wir glauben, dass wir alles gemacht haben…»

Beim Staatssekretariat für Wirtschaft (Seco) in Bern sorgen die Sanktionen für einen deutlichen Mehraufwand. Wenn die EU ein neues Paket ankündigt, glühen jeweils die Telefondrähte. Im März 2022 wurde das zuständige Ressort intern verstärkt, zwei Monate später bewilligte der Bundesrat fünf zusätzliche Stellen. Gemäss Sprecher Fabian Maienfisch arbeiten derzeit allein im Seco zwölf Personen an der Umsetzung der Sanktionen gegen Russland.

Die EU verhängt ein zehntes Massnahmenpaket gegenüber Russland. Davon auch betroffen: Kran-Exporteure.
Foto: Shutterstock
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Für Scott Miller (42), US-Botschafter in Bern, reichen diese Anstrengungen aber nicht. In einem Interview mit der «NZZ» griff er das Seco frontal an: «Vor allem das Seco selber glaubt, es tut genug», sagte er. Das sei aber nicht erstaunlich in einem Land, das historisch wenig operative Erfahrungen habe mit Sanktionen. Gegenüber SonntagsBlick verteidigt sich nun Seco-Chefin Helene Budliger Artieda (58): «Wir glauben, dass wir alles gemacht haben, was in unserer Kompetenz liegt.» Man nehme gerne konkrete Hinweise aus anderen Ländern entgegen, wenn es denn solche gebe.

130 Anfrage pro Woche

Die Überwachung und der Vollzug von Sanktionen sind für das Seco «Courant normal» – 24 solcher Verordnungen gibt es derzeit. Speziell bei den Russland-Sanktionen ist das Ausmass: Jede Woche erhält das Seco rund 130 Anfragen, seit März 2022 hat man mehrere Tausend Fälle bearbeitet. Neben dem Finanzsektor trifft es jetzt auch zahlreiche Firmen aus der Industrie. Kleine Unternehmen ohne eigene Rechtsabteilung etwa, die irgendwo im Emmental Ersatzteile für Maschinen herstellen und jetzt nicht wissen, ob sie noch exportieren dürfen oder nicht.

Stefan Brupbacher (55) ist Direktor von Swissmem, dem Dachverband der Maschinenindustrie. Er sagt: «Einzelnen Firmen tut das weh.» Vor allem Unternehmen, die viel investiert hätten in den russischen Markt, würden die Sanktionen zu spüren bekommen. «Diese müssen nun neue Märkte erschliessen.» Der Angriff Russlands auf die Ukraine stelle eine Zäsur dar für die Sicherheit auf dem europäischen Kontinent, so Brupbacher. «Swissmem hat die Sanktionen stets mitgetragen.» Um den Werkplatz Schweiz macht er sich aber keine Sorgen: «Die Industrie ist es gewohnt, agil auf neue Herausforderungen zu reagieren.»

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