Streit um Kohlemine auf Borneo
Zuger Rohstoff-Firma bestreitet Beteiligung

Die IMR-Gruppe will nichts mit der Abholzung des Regenwalds zu tun haben. Doch jetzt gerät sie unter Druck.
Publiziert: 18.06.2023 um 11:24 Uhr
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Aktualisiert: 18.06.2023 um 13:36 Uhr
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Danny SchlumpfRedaktor SonntagsBlick

Die Schweiz will klimaneutral werden. Das Land braucht mehr erneuerbare Energie, die fossile muss weg.

Schweiz als globale Drehscheibe für Rohstoffe

Das heisst aber nicht, dass die schmutzigen Energien auch aus den hiesigen Handelsbüchern fliegen – im Gegenteil. Denn die Schweiz ist eine globale Drehscheibe. Es gibt hierzulande rund 250 Unternehmen, die mit dem Abbau und Handel von Kohle ihr Geld verdienen. Sie heissen Glencore, Suek oder Trafigura und sitzen in Zug, Genf oder Lugano.

40 Prozent des globalen Kohlegeschäfts laufen über die Schweiz. Die von hiesigen Unternehmen geförderte Kohle verursacht mehr CO2-Ausstoss als der Klimasünder USA: 5,4 Milliarden Tonnen pro Jahr. Das tut dem Geschäft allerdings keinen Abbruch, denn die Nachfrage ist enorm. 2022 verbrauchte die Welt acht Millionen Tonnen Kohle – so viel wie noch nie. Der Russ wurde dreimal so teuer gehandelt wie im Vorjahr.

Hans-Rudolf Wild ist Präsident der Zuger Rohstoff-Gruppe IMR.
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Davon profitiert auch der Rohstoffhändler Hans-Rudolf Wild. Der ehemalige Zuger FDP-Präsident ist Geschäftsführer und Vorstandsvorsitzender der IMR Holding AG, einer Dachgesellschaft von rund 25 Rohstoffunternehmen. Bis 2021 besass die IMR-Gruppe 49 Prozent von PT Borneo Prima. Dieses Bergbauunternehmen holzt Regenwald auf der südostasiatischen Insel Borneo ab, um jährlich über zwei Millionen Tonnen Kohle zu fördern.

Recherchen von NGOs wecken Zweifel

Unter dem Druck von SonntagsBlick-Recherchen gab Rechtsanwalt Wild Anfang 2022 bekannt, seine IMR-Gruppe habe nichts mehr mit dem Abholzen des Regenwaldes auf Borneo zu tun. Das Unternehmen sei nicht mehr an PT Borneo Prima beteiligt.

Jetzt wecken Recherchen der NGO Public Eye Zweifel an Wilds Aussage. Sprecher Oliver Classen (56): «Die IMR-Gruppe hat die Beteiligung einfach innerhalb des Konzerns auf eine andere Firma übertragen – die IMR Asia Holding in Singapur. Dies geht aus Daten der Handelsregister von Indonesien und Singapur hervor.»

Direktor und wirtschaftlich Berechtigter der IMR Asia Holding in Singapur ist Anirudh Misra. Der in London lebende Rohstoffhändler ist auch Verwaltungsrat und wirtschaftlich Berechtigter der Zuger IMR Holding, die von Hans-Rudolf Wild präsidiert wird. Zur IMR-Gruppe gehört ausserdem die ebenfalls von Wild präsidierte IMR Metallurgical Resources AG. Und die verweist auf ihrer Website auf «unsere Prima Kohlemine in Indonesien».

Handelsregistereinträge, unzweideutige personelle Verflechtungen, die eigenen Angaben auf der Firmenwebsite – das sind ziemlich harte Indizien, die für eine Beteiligung des Zuger Rohstoffunternehmens an der Kohlemine auf Borneo sprechen. Doch IMR-Präsident Wild will nichts davon wissen: «Die IMR Holding AG mit Sitz in Zug ist heute weder direkt noch über eine Tochterfirma an PT Borneo Prima beteiligt. Das galt schon im Februar 2022 und gilt auch heute.»

Konzerne müssen Verantwortung übernehmen

Klar ist: Auch in der Schweiz steigt der Druck auf die Firmen, ihre Verantwortung wahrzunehmen. 2020 nahmen 50,7 Prozent der Schweizer Stimmbevölkerung die Konzernverantwortungs-Initiative an. Das Ansinnen scheiterte am Ständemehr. Bundesrätin Karin Keller-Sutter (59) hatte im Abstimmungskampf betont, es brauche zuerst international einheitliche Bestimmungen.

Die liegen mit der Anfang Juni verabschiedeten EU-Lieferketten-Richtlinie nun vor. Die neue Bestimmung verpflichtet die Unternehmen, die Menschenrechte einzuhalten, die Umwelt zu schützen und CO2-Emissionen zu reduzieren – über die gesamte Lieferkette hinweg.

Was wiederum der Koalition für Konzernverantwortung in der Schweiz Auftrieb gibt. Sie lanciert in den Kantonen Basel-Stadt und Genf Initiativen, mit denen sie die Unternehmen in die Pflicht nehmen will. Im Herbst fällt der Entscheid über den Start einer neuen Volksinitiative auf nationaler Ebene.

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