Vier Thesen für die Zukunft des Fussball-Geschäfts
Super League gerät unter Druck – dieses Land wird neue Weltmacht

Wie sehr wird die WM 2026 der Major League Soccer und den USA einen Schub verleihen? Wie geht es mit der Saudi-Liga weiter? Und worauf muss sich die Super League einstellen? Blick schaut mit einem Experten in die Kristallkugel.
Publiziert: 11.06.2024 um 19:52 Uhr
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Aktualisiert: 10.09.2024 um 13:00 Uhr
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Michael HotzRedaktor Wirtschaft

In den 90er-Jahren war die Serie A das Mass aller Dinge. Später galt die spanische Liga dank Real Madrid und dem FC Barcelona als das Nonplusultra. Seit einigen Jahren besetzt aber die Premier League den Thron als beste Liga der Welt. Die Fussballwelt ist also im steten Wandel. Was heute als zementiert erscheint, kann sich schnell ändern – unklar ist nur wie. Blick schaut in die Zukunft und stellt dir vier Thesen vor, wie sich das globale Business mit dem runden Leder entwickeln wird:

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Premier League läuft dem Rest noch mehr davon

An die Strahlkraft der Premier League kommt keine andere Liga heran. Und weil viel Aufmerksamkeit das grosse Geld anzieht, ist die höchste Spielklasse Englands auch die finanzstärkste Liga der Welt. Zuletzt zementierte die Premier League ihre finanzielle Dominanz Ende 2023 mit dem neuen TV-Deal. Ab nächstem Jahr kassieren die Klubs für vier Jahre eine Gesamtsumme von umgerechnet rund 7,8 Milliarden Euro. Das sind 1,95 Milliarden Euro pro Jahr. Zum Vergleich: Die deutsche Fussballliga, die derzeit über einen neuen Vertrag verhandelt, streicht aktuell 1,1 Milliarden Euro pro Jahr ein – für die Klubs der 1. und 2. Bundesliga. Die 22 Vereine der Swiss Football League müssen sich mit insgesamt 25,5 Millionen Franken an jährlichen TV-Geldern begnügen

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Um mit der Premier League doch einigermassen Schritt halten zu können, wenden sich die anderen Topligen Europas an Private-Equity-Firmen. In Spanien und Frankreich haben die Ligaverbände den Investor CVC aus Luxemburg an Bord geholt. In Deutschland ist der Investoren-Deal am Widerstand der Fans gescheitert, in Italien sollen Gespräche laufen. Die finanzielle Schere zur Premier League wird dennoch weiter auseinandergehen, ist Dominik Schwizer (38), Sportökonom und Dozent für Sportmanagement an der FH Graubünden, überzeugt: «England dürfte seine Vormachtstellung weiter ausbauen.»

Lionel Messi (rechts, hier mit Kumpel Luis Suarez) hat der Major League Soccer zu einem Schub verholfen.
Foto: AFP
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Ausbildungsliga Super League kommt unter Druck

Die Super League ist eine klassische Ausbildungsliga. Bei allen Klubs ist es Teil der Geschäftsstrategie, immer wieder die besten Spieler ins Ausland oder an die heimische Konkurrenz mit grösserem Geldbeutel zu verkaufen. Das hiesige Ausbildungssystem funktioniert ganz gut, wie Schwizer findet: «Die Schweizer Vereine haben einen exzellenten Ruf im Bereich der Nachwuchsarbeit. Sie verfügen über gut ausgebaute Akademien und Jugendmannschaften, in denen junge Spieler auf höchstem Niveau ausgebildet werden.»

Künftig dürften die Superligisten aber mehr Konkurrenz bekommen. So sagt Schwizer: «Das Scouting verfeinert sich immer mehr, und das Qualitätsmerkmal der Herkunft aus einem ausbildungsstarken Land dürfte künftig eine geringere Rolle spielen.» Antreiber dieser Entwicklung sind die Fussballschwergewichte, die sich zunehmend dem sogenannten Multi-Klub-Ownership verschreiben. Europas Topvereine kaufen sich kleinere Klubs, um sich dort selbst die Stars von morgen heranzuzüchten. Zudem bauen sie oft Partnerschaften mit Nachwuchsakademien in Asien, Afrika oder Südamerika auf, wo potenziell eine Fülle an Talenten vorhanden ist. Auf das Label «Made in Switzerland» bei Fussballern sind sie dann nicht mehr angewiesen.

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USA steigt dank WM zur Fussballmacht auf

Spätestens der Wechsel von Lionel Messi zu Inter Miami hat die Major League Soccer auf die globale Fussballlandkarte gebracht. Zudem hat die MLS, die als Zentralorgan über alle Franchises wacht, vor Jahren die Ausbildung junger Spieler intensiviert. Künftig sind also weitere Stars wie Christian Pulisic (AC Milan) oder Weston McKennie (Juventus Turin) zu erwarten.

Einzelne Grosskonzerne haben das Potenzial der MLS bereits erkannt. Apple beispielsweise hat 2,5 Milliarden Dollar für die TV-Rechte über zehn Jahre hingeblättert. Solche Deals werden in Zukunft zunehmen. Denn 2026 stehen die USA im grösstmöglichen Schaufenster. Zusammen mit Kanada und Mexiko richten sie die Weltmeisterschaft 2026 aus. Durch die WM wird auch die US-Liga einen zusätzlichen Schub bekommen, glaubt Schwizer. «Die MLS wird stärker in den medialen Fokus rücken und somit auch ins Blickfeld der Spielerberater geraten.» 

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Weiterhin aufgepasst auf die Saudis

Unglaubliche 976 Millionen Euro gaben die 18 Klubs der Saudi Pro League in dieser Saison für neue Spieler aus. Nach dem Trendsetter Cristiano Ronaldo folgten zahlreiche Stars dem Ruf des Geldes aus der Wüste: Neymar, Karim Benzema, Riyad Mahrez – die Liste liesse sich noch beliebig verlängern. Doch einzelne Fussballer, meistens solche aus Europa, kehrten Saudi-Arabien bereits wieder den Rücken. Das prägnanteste Beispiel ist der englische Nationalspieler Jordan Henderson, der nach seinem umstrittenen Wechsel von Liverpool zu Al-Ettifaq ein halbes Jahr später zu Ajax Amsterdam flüchtete. 

Mit einem Saudi-Exodus rechnet Schwizer indes nicht: «Der Absatzmarkt Saudi-Arabien bleibt zu beobachten, da vermehrt auch jüngere Spieler in die Saudi Pro League wechseln.» Trotz der vielfältigen Probleme im Wüstenstaat wird also auch in Zukunft mit den saudischen Klubs zu rechnen sein. Dort sprudelt das Öl-Geld ja weiterhin. Und Geld regiert auch im Fussball.

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