Vierte Nullrunde infolge
Inflation frisst Lohnerhöhung auch 2024 weg

Die Löhne sollen im nächsten Jahr nur ganz gering steigen. Angesichts der Inflation, der steigenden Mieten und dem Prämienschock bei den Krankenkassen scheint das wie ein Tropfen auf den heissen Stein. Der Reallohn bleibt 2024 gar unter dem Niveau von 2016 zurück.
Publiziert: 13.08.2023 um 16:50 Uhr

Obwohl die Teuerung im Juli erneut gesunken ist, machen die höheren Preise vielen Schweizerinnen und Schweizern zu schaffen. Da käme mehr Lohn ab 2024 wie gelegen.

Dabei wird die Mehrheit der Schweizer Bevölkerung auch 2024 bei der Lohnrunde leer ausgehen. Laut der Lohnumfrage der Konjunkturforschungsstelle KOF der ETH Zürich werden die Gehälter um nur zwei Prozent steigen. So schreibt es die «NZZ am Sonntag», der die Studie vorab vorliegt. Immerhin ist es nicht so schlimm wie letztes Jahr – als der Reallohn um 1,9 Prozent gesunken ist.

Das KOF spricht bei den Löhnen von einer weiteren Nullrunde – die vierte infolge. Denn die Inflation frisst die Lohnerhöhung um zwei Prozent schnell weg. Im Juli sank die Inflation zwar auf 1,6 Prozent. Aber mit den höheren Mieten ab Oktober und den steigenden Krankenkassenprämien ab 2024 kommen erhebliche Mehrkosten auf die Schweizer zu. Im Januar folgt dann eine Reihe von weiteren Preiserhöhungen: beim Strom und den ÖV-Billetten sowie der Mehrwertsteuer, die von 7,7 auf 8,1 Prozent steigt.

Die Löhne werden 2024 gemäss einer Umfrage des KOF nur um zwei Prozent steigen.
Foto: Keystone
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Nötiges Geld fehlt

Das KOF rechnet aus: Per Ende 2024 wird der Reallohn unter dem Niveau von 2016 verharren. Im Angesicht des Fachkräftemangels könnte man meinen, die Firmen würden versuchen, Arbeitskräfte mit höheren Löhnen zu locken. Die Arbeitsproduktivität hat in letzter Zeit aber kaum Fortschritte gemacht. «Somit fehlt in gewissen Sektoren wohl das nötige Geld, um eine deutliche Zunahme der Arbeitskosten zu finanzieren», sagt Michael Siegenthaler (37), Arbeitsmarktökonom der KOF, gegenüber der NZZ. Für die Lohnumfrage hat das KOF 4500 Unternehmen befragt.

Dabei schneiden die Schweizer Löhne im internationalen Vergleich nach wie vor gut ab. «Mit einem mittleren Einkommen muss man nur gerade 22 Stunden arbeiten, um sich ein iPhone leisten zu können – das ist halb so lang wie in Deutschland», sagt Rudolf Minsch (56). Er ist Chefökonom bei Economiesuisse.

Gewerkschaften wollen nicht warten

Minsch lobt zudem die Schweizerische Nationalbank: «Sie macht einen guten Job – das Ziel stabiler Preise ist bereits wieder in Reichweite. Somit kehren auch die Zeiten zurück, in denen die Reallöhne erneut ansteigen können.»

Die Gewerkschaften wollen aber nicht auf bessere Zeiten warten. Der Gewerkschaftsbund (SGB) fordert per 2024 höhere Löhne – und zwar um 5 Prozent. «Die Reallöhne sinken 2023 zum dritten Mal in Folge. Das gab es seit dem Zweiten Weltkrieg noch nie», sagte SGB-Chefökonom Daniel Lampart (54) im Juli. (kae)

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