«Wir werden rund 8000 Kubikmeter Holz verbauen»
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Weltrekord für «Rocket»:«Wir werden rund 8000 Kubikmeter Holz verbauen»

Höchstes Holzhochhaus der Welt in Winterthur
Diese «Rakete» kostet 250 Millionen Franken

Weil die Tragstruktur aus Holz ist, bricht das geplante Hochhaus «Rocket» in Winterthur ZH alle Rekorde. Es sorgt international für Schlagzeilen und bringt die Stadt aufs globale Parkett. Grund genug für Blick, der Baustelle einen Besuch abzustatten.
Publiziert: 08.08.2022 um 00:06 Uhr
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Aktualisiert: 08.08.2022 um 10:05 Uhr
Dorothea Vollenweider (Text), Thomas Meier (Fotos)

Noch sieht es nicht nach viel aus auf dem Platz, wo einst das Hochhaus zu stehen kommt, das Weltrekorde brechen wird. Einige Container und viel Baumaterial stehen auf dem noch unbebauten Areal in der Lokstadt in Winterthur ZH. Rund herum wird seit 2018 gebaut. Innerhalb von zehn Jahren wird hier, inmitten des historischen Sulzerareals, ein neuer Stadtteil hochgezogen.

Das besondere daran: Die Wohn- und Bürogebäude, die in der Lokstadt gebaut werden, bestehen zum grossen Teil aus Holz. Und weil das letzte der Wohnhäuser mit einer Tragstruktur aus Holz 100 Meter hoch sein wird, berichtete zuletzt selbst CNN darüber.

Lokschmiede wird zum Wohnquartier

«Wir hatten das Hochhaus Rocket nicht so geplant, um einen Weltrekord aufzustellen», sagt Adrian Wyss (47), Leiter der Division Real Estate beim Baukonzern Implenia. «Aber die weltweiten Reaktionen auf die Ankündigung waren natürlich erfreulich», fügt er hinzu.

Hier wird einst das Holzhochhaus stehen, das Weltrekorde brechen wird.
Foto: Thomas Meier
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Das Hochhaus bricht alle Rekorde

Laut dem international anerkannte Council on Tall Buildings and Urban Habitat (CTBUH) wird Rocket mit über 100 Metern das höchste Wohnhaus aus Holz, das je erstellt wurde. Die CTBUH führt Ranglisten und Vergleiche von Hochhäusern. Neben der Höhe der Gebäude werden auch unterschiedlich Materialkategorien definiert. Weil beim Holzhochhaus Rocket sowohl die Vertikal- als auch die Horizontallasten ausschliesslich vom Holzrahmentragwerk in den Baugrund abgeleitet werden, wird Rocket gemäss Definition des CTUBH als «Timber Structure» (Holzstruktur) eingeordnet. Diese Definition ist wichtig. Denn es gibt nur wenige Projekte, die diese Anforderungen heute erfüllen. Das Woho in Berlin (98 Meter) oder das Hoho in Wien (84 Meter) etwa, die ähnliche Titel für sich beanspruchen, gehören nicht dazu. (dvo)

Laut dem international anerkannte Council on Tall Buildings and Urban Habitat (CTBUH) wird Rocket mit über 100 Metern das höchste Wohnhaus aus Holz, das je erstellt wurde. Die CTBUH führt Ranglisten und Vergleiche von Hochhäusern. Neben der Höhe der Gebäude werden auch unterschiedlich Materialkategorien definiert. Weil beim Holzhochhaus Rocket sowohl die Vertikal- als auch die Horizontallasten ausschliesslich vom Holzrahmentragwerk in den Baugrund abgeleitet werden, wird Rocket gemäss Definition des CTUBH als «Timber Structure» (Holzstruktur) eingeordnet. Diese Definition ist wichtig. Denn es gibt nur wenige Projekte, die diese Anforderungen heute erfüllen. Das Woho in Berlin (98 Meter) oder das Hoho in Wien (84 Meter) etwa, die ähnliche Titel für sich beanspruchen, gehören nicht dazu. (dvo)

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Implenia verantwortet das ehrgeizige Vorhaben. Wyss führt Blick durch die riesige Baustelle. Wo heute die Lokstadt aus dem Boden gestampft wird, befanden sich einst die Werkhallen der Schweizerischen Lokomotiv- und Maschinenfabrik (SLM). Die Lokomotiven, die hier entstanden, trugen Namen wie Elefant, Krokodil, Tigerli, Bigboy und Rocket (zu Deutsch: Rakete). Sie schrieben Eisenbahngeschichte. Und geben den Gebäuden der neuen Lokstadt ihre Namen.

25'000 Kubikmeter Holz

Nun entstehen hier neben Wohn- und Bürogebäude ein Hotel und ein Casino. Vom obersten Stock des Bürogebäudes Elefant, das sich noch mitten im Bau befindet, hat man eine gute Sicht auf das Areal, wo das Holzhochhaus Rocket einmal stehen wird. Geplanter Baustart ist 2024.

Für die Obergeschosse des Gebäudekomplexes Rocket und Tigerli werden 8000 Kubikmeter Holz verbaut. «Holz ist ein nachhaltiger, nachwachsender Baustoff», sagt Wyss. Deshalb habe man sich dazu entschieden, beim Bau darauf zu setzen.

Insgesamt werden in der Lokstadt rund 25'000 Kubikmeter Holz verbaut. Das ist nur die Holzmenge für die Tragstruktur der Wände, Decken und Dächer – Bodenbeläge und Fensterrahmen ausgenommen. Laut Schätzungen von Implenia wächst diese Menge im Schweizer Wald in rund 24 Stunden nach.

Lieferengpässe und Preisanstiege

Wo das Holz für den Bau bezogen wird, ist laut Implenia noch nicht abschliessend geklärt. Es soll aber aus nachhaltiger Forstwirtschaft aus der Schweiz, Deutschland oder Österreich stammen.

Der Entscheid, auf Holz zu setzen, fällte Implenia zu einer Zeit, als die Preise für das Baumaterial noch stabil waren. Das änderte sich schlagartig, als die Pandemie ausbrach. Es kam zu massiven Lieferengpässen und Preisanstiegen bei Baumaterialien. Die Preise für Holz stiegen zwischenzeitlich um mehr als 50 Prozent. Der Krieg in der Ukraine verschärfte die Lieferschwierigkeiten – gerade beim Holz – zusätzlich.

Das macht selbst einem Bauriesen wie Implenia zu schaffen. «Die Entwicklung der Situation ist schwierig einschätzbar», sagt Wyss. Aufgrund der Pandemie habe man aber bereits letztes Jahr für verschiedene Materialien alternative Beschaffungsquellen gefunden.

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Die Lok bleibt auf Kurs

«Eine gewisse Teuerung gehört zum Geschäft und grössere Preisschwankungen sind möglich», so der Bauprofi. Allerdings seien die Holzpreise am globalen Terminmarkt seit Jahresbeginn bereits wieder um fast 50 Prozent gefallen. An den physischen Märkten ist das jedoch noch nicht angekommen. «Es lässt aber hoffen, dass sich die Preise bald wieder stabilisieren», sagt Wyss.

Wie teuer Implenia das Holz für das Hochhaus zu stehen kommt und wie stark die Preisanstiege die budgetierten Kosten strapazieren, bleibt offen. Das Implenia-Spin-off Ina Invest, Besitzer des geplanten Hochhauses, lässt sich nicht in die Karten blicken. «Die Erstellungskosten werden im Moment kalkuliert. Wir können daher noch keine detaillierte Aussage machen», sagt Marc Pointet (48), CEO von Ina Invest. Klar ist: Für das ganze Baufeld sind Anlagekosten in der Höhe von rund 250 Millionen Franken geplant.

Bald zieht Leben ein

Ein Augenschein vor Ort macht schnell klar: Selbst globale Lieferengpässe können das Projekt Lokstadt nicht zum Stillstand bringen. Auf der Baustelle dampft und pfeift es weiter, wie einst die Loks, die hier entstanden.

Und bald soll es hier nicht mehr nur dampfen, es soll leben. Bereits bezogen sind die Wohnungen im Krokodil. Nächstes Jahr werden die Eigentumswohnungen im Tender und die Mietwohnungen im Bigboy einzugsbereit sein. Rocket und Tigerli können voraussichtlich 2026 bezogen werden.

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