Beschwerliche Reise
Trotz Krieg fährt noch ein Bus von Kiew nach Moskau

Es kostet viel Geld, dauert lange, an der Grenze braucht man Geduld, aber es ist möglich: Ukrainer können mit dem Bus noch immer von Kiew nach Moskau reisen – obwohl Krieg herrscht.
Publiziert: 01.09.2023 um 16:03 Uhr

Seit dem grossangelegten russischen Überfall auf die Ukraine sind rund anderthalb Jahre vergangen. Das Leben im kriegsgebeutelten Land hat sich massiv verändert. Trotz alledem: Es gibt noch immer einen Bus, der von Kiew nach Moskau und wieder zurückfährt.

Tatsächlich wird dieses Angebot nach wie vor genutzt, wie die ukrainische Zeitung «Kyiv Post» berichtet. Allerdings müssen sich die Passagiere auf etwas gefasst machen: Die Reise ist teuer, langwierig und umständlich.

Viele wollen die Familie wiedersehen

Ein weisser Mercedes-Sprinter-Bus ohne Logos fährt von Kiew aus alle drei Tage nach Moskau. Die Rückfahrt findet ebenfalls im Drei-Tage-Rhythmus statt. Ein Sitzplatz im Bus kostet umgerechnet rund 300 Franken. Die Passagiere können von 16 Städten in der Ukraine abfahren, darunter auch das besetzte Luhansk.

Eine Frau blickt aus einem Bus in Kiew – manche steigen in der ukrainischen Hauptstadt in den Bus, um bis nach Moskau zu fahren. (Symbolbild)
Foto: keystone-sda.ch
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Bei einem Besuch der «Kyiv Post» kurz vor der Abfahrt habe sich gezeigt, dass der Bus bei Weitem nicht voll war. Nur eine Handvoll Reisende hat das Angebot wahrgenommen – allesamt Frauen. Männer zwischen 18 und 60 Jahren dürfen aufgrund des Kriegsrechts die Ukraine nicht verlassen.

Eine Frau sagte, sie reise aus beruflichen Gründen nach Moskau. Die meisten Ukrainerinnen nehmen allerdings die Reise auf sich, um Familienmitglieder zu besuchen.

An der Grenze wartet der Lügendetektor

Auf direktem Weg ist die Reise nach Moskau beinahe unmöglich. Wegen der heftigen Kämpfe, die im Grenzgebiet toben, werden Umwege Richtung Westen in Kauf genommen. Die Reise nach Moskau geht über Polen, Litauen, Lettland und Estland.

Es sind aber nicht nur die vielen Kilometer, die den Weg mühsam machen, sondern auch die Grenzkontrollen, wie Reisende berichten. Ukrainer dürfen per Gesetz nach wie vor nach Russland einreisen. Manchmal könne man allerdings mehrere Tage an der russischen Grenze warten, sagt eine Frau, die eine solche Reise schon mehrmals auf sich genommen hat.

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Häufig müsse man ein langes Formular ausfüllen und sich Befragungen mitsamt Lügendetektortest stellen. Dabei würden auch politische Ansichten, etwa die Meinung zu Russlands Krieg gegen die Ukraine, erfragt. Die Grenzbehörden sollen auch Handys zwischenzeitlich beschlagnahmen und untersuchen.

Um weiteren Ärger zu vermeiden, versuchen die Reisenden oft, ohne Passstempel nach Russland einzureisen. Manchmal werden auch gefälschte Papiere verwendet. Gegenüber der «Kyiv Post» sagt Andri Demschenko von der ukrainischen Grenzwache, dass fehlende Stempel im Reisepass die Behörden vor Probleme stellen können. «Allerdings können wir bei verdächtigen Personen eng mit dem Grenzschutz europäischer Länder zusammenarbeiten, um notwendige Informationen zu ermitteln.» (bab)

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