Expertin warnt vor angeblichem Vorhaben
Darum sollte Putin den Donbass nicht annektieren

Russland plant Medienberichten zufolge, die Separatistengebiete Donezk und Luhansk zu annektieren. Eine Expertin warnt: Eine Annexion à la Krim 2014 hätte mehr Nach- als Vorteile für Russland.
Publiziert: 11.06.2022 um 00:24 Uhr
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Aktualisiert: 11.06.2022 um 09:48 Uhr

Kreml-Chef Wladimir Putin (69) plant, die ukrainischen Regionen Donezk, Luhansk, Cherson und Saporischschja zu annektieren und zu einem einzigen Föderalbezirk innerhalb Russlands zusammenzufassen. Dies berichtet zumindest das russische Exilmedium «Meduza» und beruft sich dabei auf Putin-nahe Quellen in der russischen Regierung.

Nach den Angaben des Mediums wolle man in den Gebieten zuerst Referenden zum Beitritt zu Russland abhalten, dann würde man aus den annektierten Gebieten einen neuen Bezirk schaffen. Den Quellen von «Meduza» zufolge rekrutiere man derzeit Personal für die Leitung der regionalen und kommunalen Verwaltungen im Donbass sowie für die «zivil-militärischen Verwaltungen» in den Regionen Cherson und Saporischschja.

Die Annexion der Gebiete nach dem Vorbild der Krim-Annexion 2014 bringe nicht nur Vorteile für Russland, wie Olga Oliker (52), Politikwissenschaftlerin und Leiterin der Fokusgruppe «Europa und Zentralasien» bei der «International Crisis Group», auf Twitter schreibt.

Laut Putin-nahen Politikern möchte der Kreml-Chef die beiden Separatistengebiete Donezk und Luhansk annektieren.
Foto: IMAGO/SNA
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Annexion von Separatistengebieten könnte Nachteile haben

Sie bezweifle, dass die russische Regierung einen solchen Schritt wagen würde. «Was Donezk, Luhansk und wohl auch den Süden der Ukraine betrifft, so hat Russland reale Vorteile davon, sie ‹unabhängig› zu halten», erklärt sie. Eine Annexion hätte schwerwiegende Konsequenzen für die Russische Föderation – «und ich meine nicht nur Sanktionen.»

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Einen dieser Vorteile habe man erst kürzlich beobachten können, als ein Gericht in Donezk zwei britische und einen marokkanischen Kämpfer, die in der Ukraine gegen Russland gekämpft haben, zum Tode verurteilt hat. Diese «grotesken Todesurteile» seien einerseits eine Drohkeule gegen die Ukraine und andere Länder, die ihre Bürger in der Ukraine kämpfen lassen. Andererseits seien sie eine Möglichkeit, die internationale Gesellschaft dazu zu zwingen, mit Donezk zu verhandeln und die Separatistengebiete anzuerkennen.

Beides setze aber voraus, dass Donezk und Luhansk nicht zu Russland gehören, wo die Todesstrafe verboten ist. Für Oliker gebe es genau einen einzigen Vorteil, die Separatistengebiete zu annektieren. «Wenn Russland mehr ukrainisches Gebiet annektiert, kann es behaupten, dass militärische Angriffe auf dieses Gebiet Angriffe auf Russland selbst sind.»

«Meduza» berichtete bereits im April, dass der Kreml nach russischen Politikern suchten, die als «politische Offiziere» in den von Russland besetzten Gebieten der Ukraine arbeiten sollten. Diese Arbeit habe sich laut den zitierten Quellen «stark intensiviert.» (chs)

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