«Ich verliere langsam die Hoffnung»
Ire steckt in Gaza fest – und teilt sich Haus mit 90 Menschen

Ein Mann irisch-palästinensischer Abstammung verbrachte mit seiner Frau und seinen Kindern seine Ferien in Gaza. Als die israelischen Luftangriffe begannen, floh die Familie in den Süden.
Publiziert: 19.10.2023 um 15:58 Uhr
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Aktualisiert: 19.10.2023 um 16:14 Uhr
Ibrahim Alagha (l.) und seine Familie müssen sich in Chan Yunis ein Haus mit 90 Menschen teilen.
Foto: BBC
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Gemeinsam mit ihren drei Kindern verbrachten Ibrahim Alagha (38) und seine Frau Hamida Alagha ihre Ferien in Gaza. Da ihre Kinder in Irland geboren wurden, wollten die Eltern ihnen ihre palästinensischen Wurzeln näher bringen. Sie besuchten Verwandte, wollten ihnen Sprache und Kultur zeigen. Doch es kam anders.

Nachdem die Hamas bei ihrem Angriff am 7. Oktober laut israelischen Angaben rund 1400 Menschen teils brutal getötet hatte, startete Israel einen Gegenangriff. Dieser hat nach Angaben der von der Hamas kontrollierten Gaza-Gesundheitsbehörde bisher 3500 Todesopfer gefordert.

Die israelische Armee forderte vor einigen Tagen rund eine Million Menschen auf, den nördlichen Gazastreifen zu verlassen und sich in den Süden zu evakuieren.

Familie nimmt Freunde und Verwandte auf

So verliess Alagha und seine Familie ihre Wohnung in Gaza-Stadt und machten sich auf den Weg nach Chan Yunis im Süden. Dort fanden sie Unterschlupf im Haus seiner Eltern, wie «BBC» berichtet. Auch weitere Verwandte und Freunde hatten das Elternhaus von Alagha im Visier. Und so wohnen mittlerweile 90 Menschen im Haus – verteilt auf vier Schlafzimmer.

Nicht nur der fehlende Platz macht den Geflüchteten zu schaffen. «Es gibt kein Essen, nur sehr wenig Wasser und wir haben keinen Strom. Nur eine kleine Solaranlage, um unser Telefon aufzuladen», sagt der 38-Jährige dem irischen Sender RTE.

Die Gruppe schläft in Schichten, immer zwei Personen pro Matratze. Nachts hören sie um sich herum Raketen und Bomben explodieren. «Es ist extrem nervenaufreibend. Ich denke immer: ‹Ist das mein letzter Tag? Werde ich noch einen weiteren Tag erleben oder nicht?›»

«Wir haben Angst um unser Leben»

Im Gespräch mit dem Radiosender erzählt Alagha vom täglichen Kampf um Lebensmittel. Er hat Angst, dass seine Kinder im Gazastreifen verhungern. «Heute haben sie über fünf Stunden angestanden, nur um ein paar Konserven und etwas Reis zu bekommen. Ganz einfache Dinge, die uns nur für heute am Leben erhalten würden», sagt der Familienvater. Von den derzeit 30 Kindern im Haus sind zehn unter fünf Jahre alt. Für sie sei es besonders schwer.

In der Zwischenzeit versucht der Ire alles, um nach Dublin zurückzukehren. Die Familie steht in Kontakt mit der irischen Botschaft, um eine Evakuierung zu ermöglichen. Letzten Samstag wagten sie sich an den Grenzübergang nach Ägypten. Dort angekommen, wurden sie jedoch von der Botschaft zur Rückkehr aufgefordert, berichtet die BBC. «Ich verliere langsam die Hoffnung», gesteht Alagha.

Nach der Explosion im Al-Ahli-Krankenhaus in Gaza-Stadt am Dienstag ist die Stimmung noch angespannter. «Wir haben wirklich Angst um unser Leben. Es gibt keine Grenzen – jeder kann überall angegriffen werden». (gs)

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