Krawalle in mehreren Städten in Deutschland
Linksextreme wegen dieser Studentin in Rage

Ein Prozess gegen eine junge Frau sorgt in Deutschland gerade für mächtig Wirbel. Die Empörung ist gross. Die linke Szene lieferte sich nach dem Urteil bereits Scharmützel mit der Polizei – weitere sollen folgen.
Publiziert: 01.06.2023 um 10:41 Uhr
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Aktualisiert: 01.06.2023 um 10:42 Uhr

Schon im Gericht gab es Ärger. Immer wieder mussten Störer aus dem Saal gebracht werden. Unter anderem riefen sie laut «Schweinejustiz». Nach dem Urteil ging der schwarze Block der linken Szene in Leipzig, Berlin und Hamburg auf die Strasse. Die Polizei musste einschreiten, es kam zu Auseinandersetzungen.

Grund für die Empörung: Das Urteil gegen Lina E.* (28). Die Studentin wurde am Mittwoch wegen mehrerer Angriffe auf Rechtsextremisten zu fünf Jahren und drei Monaten Gefängnis verurteilt. Drei mitangeklagte Männer erhielten Haftstrafen von bis zu drei Jahren und drei Monaten.

Das Gericht sah es als erwiesen an, dass die Angeklagten zwischen 2018 und 2020 an mehreren Überfällen auf tatsächliche und vermeintliche Neonazis in Wurzen, Leipzig und im thüringischen Eisenach beteiligt waren oder diese zumindest unterstützten. Mehrere Menschen wurden dabei teils schwer verletzt.

In Leipzig und Hamburg kam es am Mittwochabend zu Ausschreitungen.
Foto: imago
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«Tag-X-Demo» für Samstag angekündigt

Die Ausschreitungen am Mittwochabend waren offenbar nur der Anfang. Nach dem Urteil befürchten die Sicherheitsbehörden eine neue Welle der Gewalt. In einem als linksextremistisch eingestuften Internetportal drohten autonome Gruppen für jedes Jahr Haft mit Sachschäden in Millionenhöhe.

Für diesen Samstag ruft die linke Szene bundesweit zu einer «Tag-X-Demo» in Leipzig auf. Die Polizei rechnet mit einem «teilweise unfriedlichen Verlauf mit hohem Schadenspotenzial» und bereitet sich auf einen Grosseinsatz vor. Ob die Tatsache, dass Lina E. nun zunächst auf freiem Fuss ist, die Lage entschärft, bleibt abzuwarten. Tatsächlich ist die Studentin nicht im Knast. Die junge Frau, die seit zweieinhalb Jahren in U-Haft sitzt, konnte das Gefängnis unter Auflagen vorerst verlassen, bis das Urteil rechtskräftig ist.

Linksextremistische Gewalt ist in Deutschland seit Jahren ein zunehmendes Problem. Die Sicherheitsbehörden beobachten schon länger eine Radikalisierung einzelner Kleingruppen.

Parallelen zur RAF

Linksextremistische Angriffe würden «zielgerichteter und professioneller», heisst es im Verfassungsschutzbericht von 2021. Die Opfer würden «in ihrem privaten oder beruflichen Umfeld mit hoher Aggressivität attackiert».

Einige Täter gehen den Verfassungsschützern zufolge so brutal vor, dass sie auch den möglichen Tod der Opfer in Kauf nehmen. Das Bundeskriminalamt sieht laut «Spiegel»-Informationen sogar Parallelen zur einstigen Terrorgruppe Rote Armee Fraktion (RAF).

E. ist zur Symbolfigur geworden

Die Szene betrachtet Gewalt mittlerweile als legitimes Mittel gegen Rechtsextreme, weil der Staat aus ihrer Sicht versagt. Bei aller nachvollziehbaren Kritik im Zusammenhang mit der Verfolgung rechter Straftaten liege das Gewaltmonopol immer noch beim Staat, betont Richter Hans Schlüter-Staats, der das Urteil gegen Lina E. gefällt hat. Dies zu schützen, sei «eine elementare Grundlage» einer demokratischen Gesellschaft.

Leipzig ist neben Berlin und Hamburg ein Brennpunkt des gewaltbereiten Linksextremismus. Immer wieder werden hier Polizisten attackiert, brennen Baufahrzeuge oder Autos. E. gilt in der Szene inzwischen als Symbolfigur für eine vermeintliche staatliche Repression. (AFP/jmh)

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