Long-Covid-Symptom Depression
Corona kann das Glückszentrum im Gehirn angreifen

US-Forscher haben herausgefunden, dass Sars-CoV-2 die Dopaminausschüttung im Gehirn stoppen kann. Die Folge für Betroffene: depressive Verstimmungen.
Publiziert: 21.02.2024 um 20:36 Uhr
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Aktualisiert: 22.02.2024 um 17:27 Uhr
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Georg NopperRedaktor News

Dopamin ist ein Botenstoff, der zu positiven Empfindungen wie Lebensfreude und Mut beiträgt. Er fördert den inneren Antrieb und steht auch mit Koordination und Feinmotorik in Zusammenhang. Dopamin wird vor allem im Mittelhirn produziert. Die Region gilt deshalb als eines der Glückszentren des Gehirns. Ein Team um Liuliu Yang vom Center for Genomic Health in New York hat nun herausgefunden, dass Corona Nervenzellen infizieren kann, die Dopamin produzieren.

Die Forschenden stellten fest, dass infizierte Neurone die Dopamin-Produktion einstellten und chemische Signale aussendeten, die Entzündungen verursachen. Eine Infektion der Dopamin produzierenden Nervenzellen mit Corona führt ihrer im Fachmagazin «Cell Stem Cell» publizierten Studie zufolge zur sogenannten Seneszenz. Dabei verlieren die Zellen ihre Fähigkeit, zu wachsen und sich zu teilen.

Nur fünf Prozent der Dopamin-Neurone wurden infiziert

Gehirnnebel, Konzentrationsschwäche, Lethargie bis hin zu Depressionen. Dass bei einer Corona-Infektion solche Symptome als Langzeitfolgen auftreten können, ist bekannt. Die Erkenntnisse der Studie könnten nun für weitere Forschung zu Dopamin-assoziierten Long-Covid-Symptomen ein wichtiger Anhaltspunkt sein. Insbesondere könnten sie Wege zur Entwicklung von Therapien aufzeigen.

Gehirnnebel, Konzentrationsschwäche, Lethargie bis hin zu Depressionen sind mögliche Symptome bei Long Covid.
Foto: Shutterstock
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Für seine Forschung untersuchte das Team unter anderem Autopsieproben von mit Corona infizierten Patienten. Zudem bestätigte es die Beobachtungen mittels im Labor gezüchteter Zellen. Die Untersuchungen zeigten, dass nur fünf Prozent der Dopamin-Neurone, die Sars-Cov-2 ausgesetzt waren, infiziert wurden.

«Potenziell schwerwiegende Auswirkungen»

Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler untersuchten auch die Auswirkungen einer Corona-Infektion auf andere menschliche Zellen. Co-Autorin Shuibing Chen: «Die Infektionsrate der Dopamin-Neuronen ist nicht so hoch wie bei Lungenzellen, dem Hauptziel des Virus, aber selbst eine kleine Gruppe infizierter Zellen kann potenziell schwerwiegende Auswirkungen haben.»

Das Projekt habe begonnen, um herauszufinden, wie verschiedene Zelltypen in verschiedenen Organen auf eine Sars-Cov-2-Infektion reagieren würden. «Wir haben Lungen-, Herz- und Pankreas-Zellen getestet, aber der Seneszenz-Weg wird nur in Dopamin-Neuronen aktiviert», erklärt Chen. «Das war ein völlig unerwartetes Ergebnis.» Andere neuronale Zelltypen erwiesen sich der Wissenschaftlerin zufolge dagegen als resistent gegenüber Corona.

Offene Fragen

Es ist nicht bekannt, wie verbreitet die Seneszenz der Dopamin-Neuronen bei Corona-Patienten ist und wie viele Menschen an deren klinischen Auswirkungen leiden. Die mit Long Covid verbundenen neurologischen Symptome können von zahlreichen Faktoren gleichzeitig beeinflusst sein. Den Forschenden zufolge spielen etwa auch der Krankheitsverlauf und die genetische Veranlagung des Patienten eine Rolle.

Mit einem speziellen automatisierten Testverfahren, einem sogenannten Hochdurchsatz-Screening, ermittelten die Forschenden drei bereits bestehende Medikamente, die beim Schutz der Dopamin-Neuronen vor Seneszenz hilfreich sein könnten. Es handelt sich um Riluzol, ein Medikament gegen die Nervenkrankheit ALS (Amyotrophe Lateralsklerose), das Diabetes-Medikament Metformin und das Chemotherapeutikum Imatinib. Weitere Studien zu diesen Medikamenten sollen nun zeigen, wie die Seneszenz bei den Dopamin produzierenden Nervenzellen gestoppt werden kann.

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