Überwachungskamera zeichnet Ton des Unfalls auf
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Autofahrerin raste in Familie:Überwachungskamera zeichnet Ton des Unfalls auf

Staatsanwalt spricht über Tat in Norditalien
Amokfahrerin Angelika H. kann «Wut nicht kontrollieren»

Die Deutsche Angelika H. raste mit dem Auto durch eine norditalienische Ortschaft. Die Fahrt endete mit einem schweren Crash, der drei Todesopfer forderte. Jetzt spricht der ermittelnde Staatsanwalt über die Hintergründe der Tat.
Publiziert: 11.07.2023 um 19:31 Uhr

Sie drückte aufs Gas und löschte eine Familie aus. Angelika H.* (31) fuhr vergangene Woche in der norditalienischen Gemeinde Santo Stefano di Cadore drei Menschen tot. Die Grossmutter, der Vater und ein zweijähriger Bub kamen beim Unfall ums Leben.

Nun spricht der ermittelnde Staatsanwalt Paolo Luca über die Hintergründe der Amokfahrt. Bei einer Medienkonferenz in der Stadt Belluno erklärte Luca am Dienstag, dass man derzeit nicht von Absicht ausgehe. «Ein Wutausbruch ist wahrscheinlicher, dessen Ursache wir nicht kennen», zitiert «Focus» den Juristen. H. sei demnach «eine Person, die ihre Wut nicht kontrollieren kann».

Langjährige Haftstrafe droht

Ein technisches Gutachten schliesse Ablenkung durch ihr Handy aus. H. habe während der Fahrt weder telefoniert noch im Internet gesurft.

Vergangene Woche kam es zu einem schweren Crash in Santo Stefano di Cadore.
Foto: VIGILI DEL FUOCO
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Zudem äusserte der Staatsanwalt über die Lebenssituation der Deutschen: «Sie war einsam, sie fuhr mit ihrem Auto, einem Auto, in dem sie ass und schlief. Es gibt keine Berichte, dass sie in Unterkünften übernachtet hat.»

Seit Mai sei sie zwischen Südtirol und Venetien unterwegs gewesen. Nun versuche man, die vergangenen Geschehnisse im Leben der Frau zu rekonstruieren, sagt Luca.

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«Man erreicht keine Gerechtigkeit, wenn man eine fragile Person auf diese Weise ans Kreuz nagelt und massakriert.»
Giuseppe Triolo, Verteidiger von Angelika H.
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H. droht eine lange Haftstrafe, wie Luca an der Medienkonferenz erklärt. Bei einer Tötung im Strassenverkehr sei eine Haftstrafe von zwei bis sieben Jahren pro Opfer möglich. Bei mehreren Toten drohe ein Strafmass von bis zu 18 Jahren. H. könne aber eine noch längere Strafe erwarten, wenn «erschwerende Faktoren» wie etwa Vorsatz oder eine doppelt so hohe Geschwindigkeit wie erlaubt hinzukommen.

Verteidiger warnt vor Vorverurteilung

Giuseppe Triolo ist der Pflichtverteidiger von Angelika H. Er betonte gegenüber der Deutschen Presse-Agentur: «Es gibt aktuell kein Anzeichen dafür, dass es Vorsatz war.» H. befände sich derzeit in einem Spital in Venedig, wo sie in psychiatrischer Behandlung sei. Laut Triolo ist sie nicht vernehmungsfähig. Der Verteidiger mahnt dazu, H. nicht vorschnell zu verurteilen: «Man erreicht keine Gerechtigkeit, wenn man eine fragile Person auf diese Weise behandelt.»

Der italienischen Zeitung «Corriere» sagte Triolo, dass sich seine Mandantin an den Unfall nicht erinnere. «Ich bin in einem Abgrund», soll H. immer wieder gesagt haben. (bab)

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