Auto-Neuheiten beim Elchtest
Toyota und BMW kriegen die Kurve am besten

Beim traditionellen Tannistest der Jury von Car of the Year gehört der Elchtest zum Programm. Wie schlagen sich die neuen Modelle des Jahres 2019 beim Ausweichmanöver?
Publiziert: 14.10.2019 um 11:32 Uhr
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Aktualisiert: 07.01.2021 um 19:34 Uhr
Andreas Faust

Vor 22 Jahren geriet Mercedes heftig ins Wanken. Am 21. Oktober 1997 kippte bei einem sogenannten Elchtest die damals brandneue Mercedes A-Klasse aufs Dach. Am Steuer: ein Journalist des schwedischen Fachmagazins Teknikens Värld. Die Story sorgte für einen medialen Super-Gau für den Stuttgarter Autobauer. Aber statt zu tarnen und zu täuschen, ging Mercedes an die Öffentlichkeit, entschuldigte sich und stattete die A-Klasse mit dem damals neuen Schleuderschutz ESP aus.

Das Elektronische Stabilitätsprogramm ESP hält das Auto durch Bremseingriff an einzelnen Rädern auf dem gelenkten Kurs und verhindert Ausbrechen und Kippen. Es setzte sich bei allen Marken und allen Modellen durch und gehört heute längst zur verpflichtenden Standardausrüstung. Jetzt testete die Jury von Car of the Year an ihrem traditionellen Tannistest, wie gut die Autoneuheiten des Jahres 2019 beim Elchtest abschneiden.

Wie geht der Elchtest?

Angenommen wird ein Ausweichmanöver im Landstrassentempo um einen Elch, der plötzlich aus dem Wald auf die Strasse tritt. Eine schnelle Links-Rechts-Links-Lenkbewegung, man umkurvt das Tier über die Gegenfahrbahn und bremst danach auf der eigenen Spur, um niemanden zu gefährden. Natürlich braucht man dazu keinen echten Elch: Pylone wie an der Baustelle markieren die Gasse, die man beim Lenken treffen sollte. Unser Volvo-Video von 2009 zeigt, wies geht.

Insgesamt 20 neue Modelle standen beim traditionellen Tannistest der «Car of the Year»-Jury in diesem Jahr bereit. Hier fehlt allerdings der Kia Xceed.
Foto: Tannistest
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Ausweichen bei Tempo 120
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So geht der Elchtest!Ausweichen bei Tempo 120

Warum überhaupt noch Elchtests?

Aber warum braucht es heute noch Elchtests, wenn doch alle Autos mit ESP ausgerüstet sind? In nordischen Ländern wie Norwegen, Schweden oder Finnland gehören Unfälle mit Elchen noch immer zum Alltag – mit steigender Tendenz: In Schweden wurden 2017 58'500 Wildunfälle registriert, 10'000 mehr als im Vorjahr. Erhöhte Verkehrsdichte und schlecht unterhaltene Wildzäune an den Strassen sollen die Ursache sein.

Etwa 20 Menschen sterben in Schweden im Schnitt pro Jahr beim Unfall mit einem Elch. Bei einer Vollbremsung reisst das Auto beim Aufprall dem bis zu zwei Meter grossen und 700 Kilogramm schweren Tier die Beine weg – dessen Oberkörper schlägt dann durch die Windschutzscheibe, mit oft tödlichen Folgen für die Passagiere. Deshalb ist Ausweichen besser als Bremsen.

Wer kriegt 2019 die Kurve am besten?

Die Testfahrer der Jury von Car of the Year prüften beim Tannistest im Norden Dänemarks an 21 Auto-Neuheiten des Jahres, bei welchem Tempo sie noch sicher um den imaginären Elch herumgelenkt werden können. Dazu wurde in mehreren Durchgängen das Tempo schrittweise erhöht – bis das Auto beim Lenkmanöver ausbrach. Alle Testwagen trugen beim Test auf dem abgesperrten Flugfeld des Flughafens Sindal ihre Serienpneus, allerdings regnete es leicht – «Dänischer Sommer», kommentierte Søren W. Rasmussen, dänisches Mitglied der Jury von Car of the Year.

BMW und Toyota schaffen das höchste Tempo

Kaum überraschend: Zwei auf hohe Fahrdynamik ausgelegte Sportmodelle schaffen den Elchtest am schnellsten. Der BMW M135i und Toyotas neuer Supra bleiben noch bei 75 km/h sicher in der Spur; Toyotas neuer RAV4 glänzt knapp dahinter mit 74 km/h. Die schwerere Dieselversion des BMW 1er schafft allerdings auch 73 km/h mit heftigem ESP-Eingriff und räumt erst bei Tempo 75 die Pylone ab. Subarus neuer Forester, der beim Notbremstest noch das Feld anführte, schafft nur mit 64 km/ den Test; 70 km/h sind zu viel.

Die meisten Probanden geben zwischen 65 und 70 km/h untersteuernd auf, schieben aus der Kurve und bringen Pylone zu Fall. Aber: Auf dem Dach wie damals die A-Klasse landet keiner, und es rutscht auch keiner komplett von der Strasse. Am Ende des Rankings: Land Rovers frische Generation des Range Rover Evoque, der bei 63 km/h kaum noch zu lenken ist und bei 66 km/h aus der Kurve rutscht.

Handicap für die Stromer

Die beiden einzigen Stromer im Testfeld, Audis E-Tron und der Model 3 von Tesla, schleppen mit ihren schweren Batterien buchstäblich ein Handicap mit sich herum. Bei schnellen Richtungswechseln muss das ESP heftiger eingreifen, um die Massen zu bändigen. Bei Tempo 60 schafft der Audi E-Tron noch den Schlenker, bei 65 km/h rutscht er untersteuernd aus der Spur. Der Tesla mit reinem Hinterradantrieb steht locker 69 km/h, bei 75 km/h muss auch er aufgeben.

Mit Allradantrieb sind beim Tesla dagegen fünf Stundenkilometer mehr sicher möglich. Der 4x4 hilft also spürbar beim Spurhalten. Das merkt man auch beim immerhin 2,4 Tonnen schweren Diesel-SUV BMW X7, der 65 km/h schafft.

Tannistest: Test-Marathon im Norden Dänemarks

Es ist der grösste unabhängige Autotest der Welt: Am sogenannten Tannistest im norddänischen Bindslev zwischen Hirtshals und Skagen fühlen einmal im Jahr die Mitglieder der europäischen Jury Car of the Year (mit dabei: Blick-Autochef Andreas Faust) den neuen Modellen des Jahres auf den Zahn. Organisiert wird der sechstägige Testevent von den nordeuropäischen Mitgliedern der Jury. Schade: Der frühe Termin in diesem Jahr führte zu zahlreichen Absagen. So schafften es zum Beispiel Ford Puma, Nissan Juke, Opel Corsa und der neue VW Golf nicht an den Test. Am Genfer Autosalon 2020 im kommenden März wird die Jury ihren Favoriten dieses Autojahrgangs bekanntgeben.

Es ist der grösste unabhängige Autotest der Welt: Am sogenannten Tannistest im norddänischen Bindslev zwischen Hirtshals und Skagen fühlen einmal im Jahr die Mitglieder der europäischen Jury Car of the Year (mit dabei: Blick-Autochef Andreas Faust) den neuen Modellen des Jahres auf den Zahn. Organisiert wird der sechstägige Testevent von den nordeuropäischen Mitgliedern der Jury. Schade: Der frühe Termin in diesem Jahr führte zu zahlreichen Absagen. So schafften es zum Beispiel Ford Puma, Nissan Juke, Opel Corsa und der neue VW Golf nicht an den Test. Am Genfer Autosalon 2020 im kommenden März wird die Jury ihren Favoriten dieses Autojahrgangs bekanntgeben.

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