Neue Allianz-Studie zeigt
So gefährlich leben Zweiradfahrer

Zweiradfahrerinnen und -fahrer sind die gefährdetesten Verkehrsteilnehmer auf unseren Strassen. Zwei von drei Schwerverletzten und jeder zweite Verkehrstote gehören zu dieser Gruppe, sagt eine aktuelle Studie der Allianz Versicherung. Warum?
Publiziert: 25.04.2022 um 16:42 Uhr
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Aktualisiert: 26.04.2022 um 12:57 Uhr
Martin A. Bartholdi

Fahrerinnen und Fahrer von Zweirädern leben in der Schweiz gefährlicher als im Rest der Welt. Das zeigt die jüngste Verkehrssicherheitsstudie zu Zweirädern der Allianz Versicherung. Weltweit verunglücken 25 Prozent der Verkehrstoten (294'000 Personen) und 41 Prozent der Verletzten (22 Mio.) mit einem Fahrrad, Motorrad, Scooter oder Vergleichbarem. In der Schweiz hingegen machten Zweiradfahrerinnen im Jahr 2020 40 Prozent der Verkehrstoten (102 Personen) und über zwei Drittel der Schwerverletzten (über 2500 Personen) aus.

Im letzten Jahr ist der Anteil Zweiradfahrer unter den Verkehrstoten gar auf 45 Prozent gestiegen – fast jeder Zweite! Der Leiter der Schadensabteilung bei der Allianz, Markus Deplazes, sagt: «Die Entwicklung der letzten zehn Jahre im Zweiradverkehr ist besorgniserregend.» 2001 gehörten noch 25 Prozent aller Getöteten und 39 Prozent aller Schwerverletzten zu dieser Gruppe. Womit sich der Anteil in zehn Jahren verdoppelt hat.

E-Bikes sind ein Unfallrisiko

Laut der Allianz ist der enorme Anstieg vor allem auf den Boom bei E-Bikes, E-Scootern und E-Trottinetts zurückzuführen. Jeder dritte Zweirad-Tote in der Schweiz verunglückte 2020 mit einem E-Bike. In Deutschland waren es ebenfalls jeder Dritte und in Österreich gar jede Zweite. Die jüngsten Zahlen zeigen für 2021 einen weiteren Anstieg bei den E-Bike-Opfern, während die Opferzahl unter den übrigen Velonutzern sogar sank.

Eine neue Studie der Allianz zeigt, wie gefährlich Zweiradfahrerinnen und -fahrer in der Schweiz leben.
Foto: zvg
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Wer 2020 mit einem E-Bike unterwegs war, hatte ein 20 Prozent höheres Risiko bei einem Unfall schwer verletzt oder gar getötet zu werden als mit einem normalen Fahrrad. Laut Allianz werde die Verletzungsgefahr mit E-Bikes unterschätzt (hier 10 Tipps für E-Biker). Fahrerinnen und Fahrer sollten sich besser auf die zusätzlich Elektropower und veränderte Fahrdynamik vorbereiten. «Gerade im Frühling, wenn die Fahrradsaison anfängt, setzen sich zu viele Menschen ohne genügend Fitness oder Übung aufs Rad», bemängelt die Allianz in ihrer Studie.

Helmpflicht für Kinder und E-Bikes gefordert

Weiterhin sind viele Velofahrer noch immer ohne Helm unterwegs. Schweizer Radfahrerinnen sind zwar im Vergleich zu den Nachbarländern Österreich (35 Prozent fahren mit Helm) und Deutschland (26 Prozent fahren mit Helm) vorbildlich, denn immerhin über die Hälfte (57 Prozent) fahren mit Helm Velo. Der Allianz ist das aber zu wenig, weshalb sie eine Helmpflicht fordert. Internationale Forschungen hätten gezeigt, dass die Menschen bei einer Helmpflicht nicht weniger Velo fahren würden. «Aus unserer Sicht, sollte mindestens für Kinder bis 14 Jahre und E-Bikes ein Helm obligatorisch sein», sagt der Leiter des Allianz Zentrum für Sicherheit, Christoph Lauterwasser. Der lästige Velohelm, der vom Fahrradfahren abhalte, wird immer wieder als Argument gegen die Helmpflicht ins Felde geführt – zuletzt sogar von Schweizer Grossstädten.

Weiter begrüsst die Allianz, dass die EU ab 2024 in Autos Notbremssysteme mit Passanten- und Veloerkennung vorschreibt. Doch die Technik alleine reiche nicht aus. «Sie kompensiert nicht Unachtsamkeit, Risikofreude, Rücksichtslosigkeit oder schieren Mutwillen zum Regelbruch», schreibt die Allianz und streicht heraus: «Bei allen Verkehrsteilnehmern!» Um die Unfallzahlen nachhaltig zu senken, müsse deshalb laut der Allianz vermehrt auch der Fokus auf Verhalten und Regelbefolgung gelegt werden.

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