Polizeiabkommen gegen Raser, Falschparker und Co.
Schweizer Behörden treiben auch deutsche Bussen ein

Wer früher in Deutschland eine Busse fürs Falschparkieren oder zu hohes Tempo kassierte, konnte zahlen – oder sie einfach ignorieren. Aber damit ist jetzt Schluss: Seit dem Frühjahr treiben Schweizer Behörden auch deutsche Bussen ein.
Publiziert: 02.08.2024 um 11:00 Uhr
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Aktualisiert: 02.08.2024 um 11:20 Uhr
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Andreas FaustLeitung Auto & Mobilität

In der Europäischen Union (EU) ist es längst Alltag. EU-Bürger, die im EU-Ausland zu schnell unterwegs sind, mit dem Handy am Ohr fahren oder falsch parkieren, können der fälligen Busse nicht entgehen. Ignorieren sie den Zahlungsbefehl aus dem Ausland, kann sich die dortige Polizei an die deutschen Kollegen wenden, die dann die Busse eintreiben. Doch künftig wirds auch zwischen Deutschland und der Schweiz so gehandhabt.

Möglich machts das Abkommen zur «Intensivierung der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit von Polizei und Justiz» zwischen den beiden Ländern. Seit über einem Jahr lag bereits der Gesetzestext vor – und seit dem Frühjahr ists in Kraft.

Schweizer Behörden treiben deutsche Busse ein

Was heisst das für Schweizerinnen und Schweizer? Wer bisher in Deutschland gebüsst wurde und den Zahlungsbefehl später im Briefkasten fand, konnte zahlen – oder die Busse ignorieren. Damit wurde jede weitere Reise nach Deutschland zum Risiko: Fiel ein Verkehrssünder am Zoll bei der Einreise oder in einer Polizeikontrolle auf, musste er zahlen – möglicherweise mit Aufschlag durch aufgelaufene Säumnisgebühren. Doch viele Schweizer vermieden das, indem sie einfach auf Reisen nach Deutschland verzichteten.

Halt, deutsche Polizei: Hast du gegen eine Verkehrsregel verstossen, setzt es eine Busse ab.
Foto: Picture-Alliance/AFP
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Mit dem Polizeiabkommen können deutsche Polizisten per Vollstreckungshilfeersuchen Schweizer Behörden um Unterstützung beim Eintreiben ausstehender Bussen bitten. Das gilt auch umgekehrt: Bussen bei Verstössen von Deutschen in der Schweiz können ebenfalls von der deutschen Polizei eingetrieben werden. Voraussetzung: Die Busse muss mindestens 70 Euro bzw. 80 Franken betragen. Zweitens muss Rechtsmittel, also ein Widerspruch, dagegen möglich sein. Und drittens ist Vollstreckungshilfe nur möglich, wenn es nicht um eine Haftstrafe im Zusammenhang mit einem Verkehrsdelikt geht.

Tausende von Anfragen erwartet

Die eingetriebenen Bussen gehen komplett an das um Vollstreckungshilfe bittende Land – Gebühren oder Aufwandsentschädigungen für die Vollstreckungshilfe werden nicht erhoben. Offenbar gehen die Vertragsparteien davon aus, dass sich auf lange Sicht die Aufwände für das Eintreiben der Bussen aus dem jeweils anderen Land ausgleichen.

Laut dem deutschen Radiosender SWR rechnet das deutsche Bundesjustizministerium für das Jahr 2024 mit 3000 eingehenden und 1500 ausgehenden Anfragen auf Vollstreckungshilfe – heisst: mit doppelt so vielen Schweizer Anfragen an Deutschland wie umgekehrt. Schon 2025 soll es sich aber einpendeln bei 5000 eingehenden und 6000 ausgehenden Anfragen.

Bussen aus unseren Nachbarländern

Andere Länder, andere Sitten: Wer aus dem Ausland eine Busse erhält und sie nicht zahlt, muss teilweise mit mühsamen Konsequenzen rechnen.

Bei Nichtzahlung einer Busse aus unserem Nachbarland Italien fallen sehr hohe Mahngebühren an. Und gegen die Busse kann nur schriftlich und auf Italienisch Einspruch erhoben werden.

Bei Bussen von unseren Nachbarn Frankreich, Deutschland, Österreich und Liechtenstein ist Vollstreckungshilfe möglich – dank gegenseitiger Abkommen: Die Schweizer Behörden treiben französische oder deutsche Bussen ein und umgekehrt.

Andere Länder wie die Niederlande können uns Bussen zwar senden, sie aber nicht vollstrecken. Wer diese jedoch ignoriert, kann auf die Fahndungsliste kommen und spätestens bei der nächsten Einreise ins Ferienland Ärger bekommen.

Andere Länder, andere Sitten: Wer aus dem Ausland eine Busse erhält und sie nicht zahlt, muss teilweise mit mühsamen Konsequenzen rechnen.

Bei Nichtzahlung einer Busse aus unserem Nachbarland Italien fallen sehr hohe Mahngebühren an. Und gegen die Busse kann nur schriftlich und auf Italienisch Einspruch erhoben werden.

Bei Bussen von unseren Nachbarn Frankreich, Deutschland, Österreich und Liechtenstein ist Vollstreckungshilfe möglich – dank gegenseitiger Abkommen: Die Schweizer Behörden treiben französische oder deutsche Bussen ein und umgekehrt.

Andere Länder wie die Niederlande können uns Bussen zwar senden, sie aber nicht vollstrecken. Wer diese jedoch ignoriert, kann auf die Fahndungsliste kommen und spätestens bei der nächsten Einreise ins Ferienland Ärger bekommen.

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Und wer profitiert mehr von der Regelung?

Die Regelung ist übrigens nicht wirklich neu – ähnlich war sie bereits im bisher geltenden Polzeiabkommen vorgesehen, wurde aber nie in Kraft gesetzt. Verkehrssünder hatten also lange einfach Glück, dass sie um die Bussenzahlung herumkamen. Aber: Ähnliche Regelungen gelten bereits mit unseren Nachbarn Liechtenstein, Österreich und Frankreich. Hier werden Bussen schon heute grenzüberschreitend eingetrieben.

Mehr profitieren dürften von dem neuen Abkommen aber die Schweizer Behörden. Denn bei uns sind die Bussen im Strassenverkehr je nach Vergehen im Vergleich teils drei- bis viermal so hoch wie in Deutschland. Und weil künftig deutsche Autofahrerinnen ihren Schweizer Bussen ebenfalls nicht entgehen können, dürfte der neue Vertrag die Kassen in der Schweiz deutlich mehr klingeln lassen als in Deutschland.

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