Offroader im klassischen Design liegen im Trend
Sauber in den Dreck

Sie sind die Urahnen heutiger SUVs, aber kein bisschen angestaubt. Klassische Offroader mit Talent fürs Gelände liegen aktuell im Trend – und werden jetzt sogar elektrisch.
Publiziert: 21.01.2024 um 11:30 Uhr
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Aktualisiert: 22.01.2024 um 12:09 Uhr
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Andreas FaustLeitung Auto & Mobilität

Sonntags mit der Familie in die Kirche, montags mit dem Gemüse zum Markt. Als 1948 der erste Land Rover erschien, machte er die Farmer bis in die hinterste Ecke des britischen Königreichs mobil. Ob Schnee, Matsch oder Moor – dank Allrad und mit dem Hammer reparierbarer Technik schaukelte er zuverlässig aus der Einöde in die nächste Kreisstadt. Ab 1990 klebte dann der Modellname Defender auf dem schon neu verbeult wirkenden Alu-Auto – bis im Januar 2016 das Letzte vom Band lief. Die finalen Sondermodelle gabs je nach Grösse ab 40'000 Franken.

Wer heute noch solch einen alten Landy will, zahlt für manche Occasion locker das Doppelte und mehr. Die Autoindustrie setzt auf saubere Stromer, aber die Szene derer, die mit dem Auto in den Dreck will, bleibt unbeeindruckt. Beim Ur-Landy sollen die Gründer-Brüder Spencer (1891–1971) und Maurice (1904–1963) Willks kaum fünf Minuten fürs Design aufgewendet haben, schufen damit aber die Blaupause für kantige Offroader mit bis heute ungebrochener Fangemeinde. Moderne Geländewagen im Retro-Style erfreuen sich derartiger Beliebtheit, dass sich bei Mercedes, Toyota, Land Rover, Suzuki oder Ineos die Bestellbücher rasant füllen.

Original und Kopie

Von seiner Historie profitiert der 2019 komplett neu lancierte Land Rovers Defender auch jetzt noch – seit letztem Jahr gilt er als eigenständige Submarke unter dem Land-Rover-Dach. Drei Radstände gibts, wobei vor allem die kurze 90er-Version ans Urmodell erinnert. Technisch hat er mit der Alu-Kiste von früher nichts mehr gemeinsam und ist längst mit modernster Technik unterwegs. Auf Wunsch gibt es Hightech-Diesel, Plug-in-Hybriden oder einen bollernden V8-Benziner mit 525 PS (386 kW) – für mindestens 164'600 Franken. Bei einem Basispreis von 95'540 Franken hat sich der Defender preislich längst von seinen Ahnen verabschiedet.

Sie wirken wie Dinosaurier der Autowelt, aber liegen voll im Trend: Viele Autohersteller pflegen das Segment der echten Offroader weiterhin.
Foto: Zvg
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Das trifft auch auf den Ineos Grenadier zu. Der britische Multimillionär Jim Ratcliffe (71) – Eigner des Fussballclubs FC Lausanne Sport und Teilhaber beim britischen Club Manchester United – vermisste den eingestellten alten Defender und beschloss, sich seinen eigenen Offroader zu bauen. Doch zuerst liess der Gründer des Chemiegiganten Ineos prüfen, obs anderen genauso ging. Deshalb wird seit 2022 der Grenadier im Design des alten Defenders ab 82'290 Franken verkauft – mit BMW-Motoren und 249 PS (183 kW, Diesel) oder 286 PS (210 kW, Benzin). Magna Steyr aus Österreich steuert das Fahrwerk bei, dessen Achsen sich dank fast 60 Zentimetern Federweg wild verschränken können. Mittlerweile plant Ineos auch eine Elektrovariante.

Kleiner und günstiger

Aber es geht auch einige Nummern kleiner – und günstiger mit einem Basispreis von 31'990 Franken: Als Mini-Offroader ist der Suzuki Jimny Country allein auf weiter Flur – schafft im Gelände aber Ähnliches wie die Grossen. Dafür sorgt neben Zuschalt-4x4 eine mechanische Untersetzung. Jeeps Wrangler gibts schon seit 1987 – ebenfalls im kantigen Design. Aktuell startet er bei 95'900 Franken – nur noch mit Plug-in-Hybridantrieb, aber weiterhin mit abnehmbarem Dach für frische Luft im Gelände.

Ford lanciert bei uns gerade einen weiteren Retro-Offroader. Der Bronco sieht aus wie ein Wiedergänger des allerersten von 1974, kommt aber wohl nur in homöopathischen Dosen nach Europa. Auch der Preis steht noch nicht fest. Und eine weitere Legende geht in die nächste Runde: Im Jahr 1951 startete der Toyota Land Cruiser – bald kommt seine neue Generation, deren Design Details ihrer 15 Vorgänger zitiert. In Deutschland führt Toyota längst eine Warteliste, so schnell waren die ersten 1000 Exemplare nach Bestellfreigabe Ende Dezember weg.

Offroad durch die Schweiz?

Im Auto querfeldein über Stock und Stein und durch Bäche und Teiche? Offroadfahren ist in der Schweiz wie in den meisten europäischen Ländern aus Naturschutzgründen verboten. Abseits von Strassen und Wegen, im Wald oder auf Alpen, Fuss- oder Wanderwegen und erst recht in Schutzgebieten haben private Autos wie Töffs nichts zu suchen. Auf den allermeisten Feld- und Waldwegen gelten zudem Fahrverbote; wildes Campen in der freien Natur ist mit und ohne Fahrzeug in den meisten Kantonen untersagt.

Wer seinen Allradler an die Grenze bringen will, ist in der Schweiz auf wenige abgesperrte Offroad-Parks und Gelände-Fahrkurse der Mobilitätsclubs angewiesen. Oder bucht bei einem Offroad-Reiseveranstalter eine geführte Tour in Europa oder Nordafrika. Diese Anbieter achten auf die gesetzlichen Bestimmungen, unterstützen unterwegs mit Fahrtipps – und bieten sogar einige wenige Touren in der Schweiz an. Als Anfänger allein auf Wüstentour zu gehen, ist keine gute Idee: Offroadfahren braucht Erfahrung.

Offroad-Königsklasse: Im Jeep Wrangler auf dem Rubicon Trail am nordkalifornischen Lake Tahoe (USA).

Im Auto querfeldein über Stock und Stein und durch Bäche und Teiche? Offroadfahren ist in der Schweiz wie in den meisten europäischen Ländern aus Naturschutzgründen verboten. Abseits von Strassen und Wegen, im Wald oder auf Alpen, Fuss- oder Wanderwegen und erst recht in Schutzgebieten haben private Autos wie Töffs nichts zu suchen. Auf den allermeisten Feld- und Waldwegen gelten zudem Fahrverbote; wildes Campen in der freien Natur ist mit und ohne Fahrzeug in den meisten Kantonen untersagt.

Wer seinen Allradler an die Grenze bringen will, ist in der Schweiz auf wenige abgesperrte Offroad-Parks und Gelände-Fahrkurse der Mobilitätsclubs angewiesen. Oder bucht bei einem Offroad-Reiseveranstalter eine geführte Tour in Europa oder Nordafrika. Diese Anbieter achten auf die gesetzlichen Bestimmungen, unterstützen unterwegs mit Fahrtipps – und bieten sogar einige wenige Touren in der Schweiz an. Als Anfänger allein auf Wüstentour zu gehen, ist keine gute Idee: Offroadfahren braucht Erfahrung.

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Statt einer selbsttragenden Karosserie steckt im Land Cruiser nach wie vor ein robuster Leiterrahmen – wie vor 73 Jahren. Für Offroad-Qualitäten sollen die sogenannte Crawl Control, ein elektronisches Sperrdifferenzial und mehrere Aussenkameras sorgen, die für Durchblick im Gelände sorgen. Höhere Modellvarianten bieten unter anderem entkoppelbare vordere Stabilisatoren für unebene Strassen. Je nach Markt gibts einen 204 PS (150 kW) starken Turbodiesel oder Benziner zwischen 160 und 330 PS (118 bis 243 kW) – auch mit Hybridtechnik.

VW wartet noch

Wartezeiten gibts immer wieder bei der Mercedes G-Klasse – manchmal sogar zwei Jahre oder mehr. Dabei ist der Offroader selbst als mässig ausgestatteter G 400d mit einem Einstiegspreis von ab 146'040 Franken alles andere als Schnäppchen. Beim Mercedes AMG G63 mit seinem 585 PS (430 kW) starken V8-Doppelturbo werden 229'349 Franken fällig. Logisch, sieht man diese Luxusversion eher am Zürcher Paradeplatz als beim Pilatus. Noch in diesem Jahr soll aber auch eine Elektroversion lanciert werden.

In zwei Jahren dürfte dann VW ins Retro-Geschäft einsteigen: Für USA gründete der Konzern die einstige Marke Scout neu – und weckte mit ersten Skizzen der Silhouetten eines SUVs und eines Pick-ups die Hoffnung auf zwei Modelle im Kantholz-Design. Doch nur eins ist bislang sicher: Auch sie werden elektrisch.

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