Todesfalle Camper!
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Camper im Sicherheitscheck:Todesfalle Camper!

Wohnmobile im Sicherheitscheck der Axa Versicherung
Todesfalle Camper!

Der Camper-Boom hält an. So dürften auch dieses Jahr Ferien im Wohnmobil hoch im Kurs stehen. Doch das rollende Zuhause kann zur tödlichen Gefahr werden, wie der alljährliche Crashtest der Axa-Versicherung zeigt.
Publiziert: 29.06.2021 um 16:12 Uhr
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Aktualisiert: 29.06.2021 um 18:33 Uhr
Martin A. Bartholdi

Ferien im rollenden Zuhause werden immer beliebter, zeigen die Verkaufszahlen (hier gehts zum Camping-Ratgeber). Während im letzten Jahr wegen Corona 24 Prozent weniger Neuwagen verkauften wurden, stiegen die Zulassungen von Campern und Wohnmobilen um 26 Prozent.

Die Folge: Viele Neulinge und damit unerfahrene Fahrerinnen und Fahrer sind mit den für sie ungewohnten Fahrzeugen unterwegs. Denn besonders beliebt sind Wohnmobile bis 3,5 Tonnen, die noch mit dem normalen PKW-Führerausweis gefahren werden dürfen. Das Fahrverhalten ist wegen Grösse, Gewicht und des höheren Schwerpunktes aber deutlich anders im Vergleich zum PW. Die Unfallstatistik der Autoversicherung Axa zeigt, dass Camper-Fahrer vor allem mit der Unübersichtlichkeit ihrer Fahrzeuge hadern. Sie haben 33 Prozent mehr Unfälle beim Rückwärtsfahren und 150 Prozent mehr Streifkollision als normale Autos. Hingegen sind Wohnmobile nur an halb so vielen Auffahrkollisionen beteiligt und missachten 66 Prozent weniger die Vorfahrt.

Kaum Überlebenschancen

Bei einem Unfall können sich Camper aber in Todesfallen verwandeln, wie die Axa mit zwei Crashtests eindrücklich beweist. Einmal lassen die Unfallforscher einen VW-Bulli T3 mit einem T6 frontal kollidieren; einmal kracht ein Wohnmobil mit Aufbau in einen Baum. In beiden Fällen sind die Fahrzeuge 60 km/h schnell. Beide Unfälle enden für die Insassen des 40 Jahre alten T3 und des Wohnmobils tödlich.

Camper können bei Unfällen zur Todesfalle werden. Das zeigen die schon traditionellen Crashtests der Axa-Unfallforschung in diesem Jahr.
Foto: Keystone
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Die Insassen des T6 überleben den Crash. Während sich der Fahrer leichte Bein- und Knieverletzungen zuzieht, kann sich der Beifahrer schwer verletzen, wenn er die Füsse auf dem Armaturenbrett abgelegt hat. Das ist zwar verboten, aber laut einer Axa-Umfrage haben 30 Prozent der Befragten das schon einmal gemacht.

Weniger stabil konstruiert

Der Grund für die krassen Unterschiede sind Alter und konstruktive Unterschiede. Der ältere, aber in der Camper-Szene noch immer sehr beliebte VW T3 hat noch keine Airbags, dazu verfügt er über weniger Knautschzonen, weil er einen Heckmotor hat. Der Frontmotor des T6 fängt einen grossen Teil der Kollisionsenergie ab und schützt damit die Insassen, während die Fahrerkabine im T3 komplett eingedrückt wird. Dazu gab es während der Entwicklung des T3 noch keine hochfesten Stähle.

Auch beim zweiten Crash macht die Konstruktion das Wohnmobil zur Todesfalle. Der hintere Aufbau muss möglichst leicht sein und besteht deshalb meist aus Kunststoff. Beim Crash fällt der gesamte Aufbau in sich zusammen und begräbt die hinteren Passagiere, meist Kinder, unter sich. Auch die Fahrerkabine wird massiv eingedrückt und die Insassen verletzten sich schwer bis tödlich.

Übergewicht

Weiter sind Camper oftmals auch überladen. Viele Wohnmobile haben weniger 500 Kilogramm Nutzlast. «Das ist weniger als ein heutiger VW Golf», warnt der Chef-Unfallforscher der Axa, Michael Pfäffli. Da zur Nutzlast auch alle Insassen ausser dem Fahrer zählen, wird es bei einer vierköpfigen Familie mit Gepäck, und vier Velos schnell knapp. Überladen zu fahren ist nicht nur verboten, sondern auch gefährlich, weil Bremsen, Dämpfer und Sicherheitszelle nicht für so viel Gewicht ausgelegt sind. Deshalb empfiehlt Pfäffli allen, vor der Abreise den gepackten Camper zu wiegen. «Im nächsten Werkhof lässt sich das einfach und meist kostenlos erledigen.»

Weiter sind Camper oftmals auch überladen. Viele Wohnmobile haben weniger 500 Kilogramm Nutzlast. «Das ist weniger als ein heutiger VW Golf», warnt der Chef-Unfallforscher der Axa, Michael Pfäffli. Da zur Nutzlast auch alle Insassen ausser dem Fahrer zählen, wird es bei einer vierköpfigen Familie mit Gepäck, und vier Velos schnell knapp. Überladen zu fahren ist nicht nur verboten, sondern auch gefährlich, weil Bremsen, Dämpfer und Sicherheitszelle nicht für so viel Gewicht ausgelegt sind. Deshalb empfiehlt Pfäffli allen, vor der Abreise den gepackten Camper zu wiegen. «Im nächsten Werkhof lässt sich das einfach und meist kostenlos erledigen.»

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Für unfallfreie Camping-Ferien

Die Axa fordert deshalb serienmässige Assistenzsysteme für neue Wohnmobile. Ein Notbremsassistent könne den Insassen das Überleben sichern, so der oberste Axa-Unfallforscher Michael Pfäffli. «Vor allem Vermieter sollten ihre Camper-Flotten entsprechend modernisieren.»

Aber auch die Fahrer sind gefordert. Mieter haben meist weniger Erfahrung mit solchen Fahrzeugen. Dennoch dürfen sie sich nicht aus Angst ums Geschirr in den Schränken vor einer Vollbremsung fürchten. «Ein paar km/h langsamer können den Unterschied zwischen Leben und Tod ausmachen», sagt Pfäffli. «Ich empfehle deshalb jedem Camper-Besitzer, mit seinem Wohnmobil einen Fahrsicherheitskurs zu besuchen. Dabei lernt er sein Fahrzeug besser kennen und in Extremsituationen beherrschen.»

Wer einen älteren Camper fährt, sollte sich bewusst sein, dass dieser nicht mehr den heutigen Sicherheitsstandards entspricht. Deshalb sollte man seine Fahrweise anpassen und beispielsweise mehr Abstand halten. Dazu sollten die Gurten regelmässig kontrolliert und das Fahrzeug auf Rost geprüft werden. Wenn man sich an diese wenigen Verhaltensregeln hält, steht unfallfreien Camping-Ferien nichts im Wege.

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