Gewitzte Innerrhoder Behörde
Warum eigentlich tragen Mietwagen das AI?

AI- oder VD-Kontrollschild – aha, Mietwagen! Aber warum ist besonders Appenzell Innerrhoden für Mietautos so beliebt? Es liegt nicht an extrem tiefen Motorfahrzeugsteuern, sondern am Pfiff der «Innerrhödler» – und dem Neid der anderen Kantone.
Publiziert: 15.04.2024 um 11:00 Uhr
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Aktualisiert: 16.04.2024 um 18:27 Uhr
Timothy Pfannkuchen

Wer den Nachbarn fragt, warum Mietwagen in der Schweiz fast immer ein AI- oder VD-Kontrollschild tragen, bekommt meist wie aus der Pistole geschossen zur Antwort: «Weil dort die Motorfahrzeugsteuern am tiefsten sind.» Sind sie nur gar nicht – andere Kantone sind oft günstiger. Warum also tragen dann bloss gut 80 Prozent der hiesigen Mietwagen heute ein AI-Schild?

Weil das Strassenverkehrsamt Appenzell Innerrhoden zu teuer war! Angesichts nur 16'000 Einwohnern kostete die Verwaltung von jedem Auto mehr als in Grosskantonen. Abhilfe brachten Mietwagen und 2001 ein geändertes Strassenverkehrsgesetz, um ab 500 Autos mit Pauschalen Mietwagenanbieter zu locken. Der Kanton Zürich, in dem am Flughafen viele Mietwagen stehen, protestierte. Gebührendumping war aber nie im Spiel: Die bewegliche Behörde der «Innerrhödler» behandelt die bis zu 200 Einlösungen am Tag einfach vorrangig, sehr rasant und hoch flexibel.

Der Neid der anderen Kantone

So zügelten mehr Mietwagen-Immatrikulationen in den kleineren Appenzeller Halbkanton – auf Kosten vormaliger Mietwagen-Hochburgen wie Freiburg oder Schaffhausen. Streit und Neid führte per 2005 zu einer Vereinbarung der Vereinigung der Strassenverkehrsämter, des Bunds und des Autovermieterverbands. Weil für manche Kantone des Zusatzaufwands wegen Mietwagen ohnehin eher Last statt Lust sind, sind AI und VD seither die zwei Handling Agents. Heisst: Vermieter mit über 300 Autos und ab zwei Standorten immatrikulieren Autos dort.

Wie auf diesen Bildern vom WEF 2018 tragen etwa 80 Prozent hiesiger Mietwagen AI- oder anderenfalls meist VD-Schilder.
Foto: Blick
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Im Gegenzug müssen beide Kantone aber die Motorfahrzeugsteuern – hier mehr zum Kantönligeist bei Verkehrssteuern – der Mietwagen mit allen Kantonen nach einem Schlüssel teilen. Der Kanton Zürich als Mietwagenstandort etwa erhält daher in guten Jahren schon mal eine Million Franken aus dem AI-Verkehrssteuer-Topf.

Wie auf diesen Bildern vom WEF 2018 tragen etwa 80 Prozent hiesiger Mietwagen AI- oder anderenfalls meist VD-Schilder.
Foto: Blick
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Innerrhoden behält Gebühren

Was hat Appenzell Innerrhoden dann davon, je nach Saison und Jahr 10'000 bis 20'000 Mietwagen (als Neuwagen eingelöst und nach spätestens neun Monaten weiterverkauft) zu verwalten? Gebühreneinnahmen! Und zwar in normalen Jahren rund 900'000 Franken pro Jahr. Das Innerrhoder Strassenverkehrsamt, das früher zu teuer war, nimmt damit teils fast doppelt so viel ein, wie es kostet – was zulässig ist, weil es nicht an überrissenen Gebühren liegt. Der Gewinn der gewitzten Behörde fliesst in Innerrhoden übrigens in den Strassenbau.

Mietwagen erkennt man an hohen Nummern. Bei AI-Schildern ab 20'000, wobei Vermietern (z.B. Avis, Europcar, Hertz, National, Sixt) eine oder mehrere der folgenden 10'000er-Serien zugeteilt sind. Bei den VD-Schildern sind Mietwagen jene mit Ziffern von 514'000 bis 519'000.

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