Letzter Lotus-Verbrenner im ersten Fahrtest
Beim Emira hört der Spass auf

Bevor es für den englischen Traditionsbauer Lotus in die elektrische Zukunft geht, lässt er es noch einmal krachen. Mit dem Emira präsentiert Lotus den letzten Verbrenner-Sportwagen der Marke. Wir sind ihn gefahren.
Publiziert: 04.05.2024 um 11:00 Uhr
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Aktualisiert: 04.05.2024 um 11:03 Uhr
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Lorenzo FulviRedaktor Auto&Mobilität

Nichts als Grün um uns herum, irgendwo in der Grafschaft Norfolk im Osten Englands. Nur Gräser und Hecken sind zu sehen – und die Geburtsstätte der englischen Traditionsmarke Lotus in Hethel (UK). Hier kann man es noch erleben, das Lotus von früher. Denn anders als der neue Elektro-SUV Eletre und wohl alle künftigen Stromer der Marke wird der Emira nicht im chinesischen Wuhan, sondern hier gebaut.

Vor Emira, Eletre und dem elektrischen Hypersportler Evija wars in den vergangenen Jahren um Lotus eher ruhig. Die letzte echte Neuheit war der 2009 vorgestellte Evora, Exige und Elise galten längst als Senioren im Modellprogramm und für neue Modelle fehlten die Ressourcen. Damals standen halb- und dreiviertel fertiggebaute Fahrzeuge auf dem Werksgelände – das Geld für Teile fehlte. Dass dem chinesischen Grosskonzern Geely seit 2017 51 Prozent der Anteile von Lotus gehören, rettete die britische Marke, die jetzt vom Nischen- zum Volumenhersteller wird.

Moderner Innenraum

Mit dem Emira von 2022 steht nur noch ein Verbrenner im Angebot. Den Zweisitzer gabs in Europa bis vor kurzem nur als V6-Kompressor mit 405 PS (298 kW) und Sechsgang-Schaltgetriebe. Neu ergänzt ein 365 PS (268 kW) starker Zweiliter-Vierzylinder-Turbomotor aus dem Mercedes-AMG A45 das Sortiment. Der V6 kann in Europa zwar nicht mehr neu konfiguriert werden, es gibt aber noch ein paar Lagerfahrzeuge.

Das ist der letzte Verbrenner von Lotus: Mit einem neuen Vierzylinder-Turbobenziner rollt der Emira jetzt auf die Piste.
Foto: andor ivan
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Wer ist Geely?

Geely ist die Konzernmutter von Lynk & Co, Volvo, deren Elektromarke Polestar und dem britischen Sportwagen-Leichtgewicht Lotus. Ausserdem baut das 1986 gegründete chinesische Unternehmen die typischen London-Taxis und hat ein paar China-Automarken unterm Schirm, von denen wir noch nie gehört haben. Seit 2018 gehören ihm 9,7 Prozent vom Daimler-Konzern. Im Jahr 2023 setzte Geely mit 120'000 Mitarbeitenden umgerechnet über 22,4 Milliarden Franken um.

Geely ist die Konzernmutter von Lynk & Co, Volvo, deren Elektromarke Polestar und dem britischen Sportwagen-Leichtgewicht Lotus. Ausserdem baut das 1986 gegründete chinesische Unternehmen die typischen London-Taxis und hat ein paar China-Automarken unterm Schirm, von denen wir noch nie gehört haben. Seit 2018 gehören ihm 9,7 Prozent vom Daimler-Konzern. Im Jahr 2023 setzte Geely mit 120'000 Mitarbeitenden umgerechnet über 22,4 Milliarden Franken um.

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Wir schwingen uns in den Mittelmotor-Sportwagen – heisst Motor hinter den Sitzen – und stellen fest: Nichts mehr übrig vom puristischen und kargen Innenraum früher Modelle. Einst sparte sich Lotus aus Gewichtsgründen jeden Komfort, jetzt gibts zu Ledersitzen und -verkleidungen ein 10,25-Zoll-Display und sogar eine Klimaanlage! Das Kombiinstrument zeigt ein 12,3 Zoll grosser Bildschirm, die Sitze halten uns gut in Position und verlieren auch nach längerer Fahrzeit nicht an Bequemlichkeit. Nur der Fussraum ist für beide ziemlich eng.

Drei Fahrmodi

Gepäck passt in den 151 Liter grossen Kofferraum hinter dem Motor; für Jacken und kleine Taschen gibts hinter den beiden Sitzen noch bis zu 208 Liter Platz. Starten lässt sich der 1446 Kilo schwere Zweiplätzer per Knopf in der Mittelkonsole – vorher aber noch die Abdeckung hochklappen. Immerhin eines ist noch wie früher: Die direkte und harte Lenkung gibt zwar ordentlich Feedback, aber erfordert Muskeln im Stadtverkehr. Unser Testwagen verfügt über das optionale, aber aufpreisfreie Sportfahrwerk – knallhart spüren wir auf den Landstrassen Englands jedes Schlagloch. Aber ein Lotus gehört so: Der Emira meldet ehrlich und wahrhaftig jede Rille im Asphalt.

Lotus Emira I4 First Edition im Schnell-Check

Antrieb 2,0-l-R4-Turbobenziner, 365 PS (268 kW)@6800 1/min, 430 Nm@3000-5500 1/min, 8-Gang-Doppelkupplungsgetriebe, Hinterradantrieb
Fahrleistungen 0 bis 100 km/h in 4,4 s, Spitze 290 km/h
Masse L/B/H 4,41/1,90/1,23 m, Leergewicht 1446 kg
Umwelt Verbrauch Werk 9,2 l/100 km, 208 g/km CO₂, Energieeffizienz G
Preis ab 102'480 Franken

Antrieb 2,0-l-R4-Turbobenziner, 365 PS (268 kW)@6800 1/min, 430 Nm@3000-5500 1/min, 8-Gang-Doppelkupplungsgetriebe, Hinterradantrieb
Fahrleistungen 0 bis 100 km/h in 4,4 s, Spitze 290 km/h
Masse L/B/H 4,41/1,90/1,23 m, Leergewicht 1446 kg
Umwelt Verbrauch Werk 9,2 l/100 km, 208 g/km CO₂, Energieeffizienz G
Preis ab 102'480 Franken

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Das Infotainment ist verständlich, wirkt aber etwas veraltet und reagiert verzögert. Wie auch der Fahrmodus-Schalter, der zwischen Normal-, Sport- und Trackmodus umstellt. Je nach Programm wird die Annahme des Gaspedals giftiger, das Auto lauter und im Trackmodus greifen die elektrischen Assistenten weniger ein.

Auch auf der Strecke daheim

Apropos Track: Für uns ist die hauseigene Rennpiste in Hethel noch für ein paar Runden freigegeben. Per Schaltwippen klicken die Gänge rasend schnell durchs Achtgang-Doppelkupplungsgetriebe – ebenfalls von Mercedes-AMG zugeliefert. Rauf in den vierten Gang, dann bremsen, runterschalten und einlenken und wie uns der Instruktor auf dem Beifahrersitz warnt: «Nicht zu früh aufs Gas, das mag er nicht.» Am Kurvenausgang beschleunigen und zack, wieder hochschalten. Ein Höllenspass – wir könnten den ganzen Tag so weitermachen.

Lotus beweist mit dem Emira: Sie können noch immer sportliche Spassmobile bauen, und nicht nur üppige Elektro-SUVs. Wenn er auch gegenüber einstigen Lotus-Modellen viele Kilos zugelegt hat, überzeugt der Emira mit seiner sportlichen und agilen Fahrweise. Los gehts in der Schweiz ab 102’480 Franken für die First Edition.

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