Interview mit einem Psychologen über kritische Zeiten in der Liebe
«Die meisten Trennungen passieren im Frühjahr»

Der Frühling macht vieles neu. Auch im Liebesleben. Der Psychotherapeut und Buchautor Wolfgang Krüger (76) erklärt im Interview, warum diese Jahreszeit kritisch sein kann. Und was Paare in der Krise tun können.
Publiziert: 01.04.2024 um 00:48 Uhr
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Aktualisiert: 01.04.2024 um 12:16 Uhr
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Rebecca WyssRedaktorin Gesellschaft / Magazin

Blick: Vor kurzem hiess es, Michelle Hunziker sei wieder single. Genauso die US-Schauspielerin Megan Fox. Ist der Frühling eine Trennungssaison?
Wolfgang Krüger: Die meisten Trennungen passieren tatsächlich im Frühjahr rund um Ostern und in der Weihnachtszeit. Bei Letzterem erwartet man Harmonie, das setzt Druck auf und verstärkt Konflikte. Im Frühling gibt es einen anderen Treiber, da grünt und spriesst alles. Die Aufbruchstimmung der Natur belebt uns. Auch hormonell. Wir ziehen Bilanz in den Beziehungen und machen Frühjahrsputz. Das spüre ich auch in meiner Praxis. Es melden sich nun mehr Leute, auch Singles.

Mit welchen Anliegen?
Jüngere Leute haben oft einen Beziehungswunsch. Auch Single-Frauen zwischen 35 und 40 Jahren kommen, die Kinder wollen und Angst haben, dass ihnen die Zeit davonläuft.

Welche Paare trennen sich jetzt?
Es sind all diejenigen gefährdet, die in einem längeren Entfremdungsprozess stecken. Dort, wo das Küssen zurückgeht, die Erotik, die Gespräche. Wo es Enttäuschungen und Verletzungen gibt. Daraus entstehen Machtprozesse. Beide liegen in ihren Schützengräben und geben dem anderen für die eigene Unzufriedenheit die Schuld. Die Partnerinnen oder Partner treiben wie Eisschollen auseinander, wenn keiner bereit ist, auf den anderen einzugehen.

Im Frühling spriesst es. Die Menschen haben Lust auf einen Neuanfang. Auch im Liebesleben.
Foto: Getty Images
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Wie mistet man gemeinsam aus?
Wichtig sind drei Dinge. Oft hat sich viel an Frust angehäuft. Wenn man das nun alles aufs Mal auf den Tisch packt, kriegt jeder Schnappatmung. Besser ist ein Ritual. Man deutet vor dem Gespräch an, worum es einem insgesamt geht: die Zufriedenheit in der Beziehung. Danach setzt man sich zusammen, und jeder darf einen Wunsch äussern. Der andere verpflichtet sich dazu, diesen zu erfüllen. So geht man wieder aufeinander zu. Die zweite Sache: Die Partnerschaft lebt von guten Stimmungen und Anerkennung.

Das ist für viele einfacher gesagt als getan. Wie kriegt man das hin?
Denken Sie an die Verliebtheitsphase. Sie haben vielleicht Zettel geschrieben. Haben dem anderen gesagt, was er gut macht, dass er eine hübsche Nase, Augen, Stimme hat. Tun Sie das wieder!

Und Ihr dritter Tipp?
Man selbst muss in eine gute Stimmung kommen. Hören Sie auf, Dinge aufzuschieben. In der Verliebtheitsphase hat man viel getan, um den anderen zu beeindrucken, man ging zum Coiffeur, machte Sport, begann neue Hobbys. Wenn man etwas davon wieder angeht, kommt man in eine Aufbruchstimmung und wirkt auf den Partner oder die Partnerin unwiderstehlich. Ein zweiter Frühling!

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