Reisekrankheit auf dem Vormarsch
Deshalb wird uns im Elektroauto schneller schlecht

Spucktüte nicht vergessen: Die Autos der Zukunft machen uns schneller reisekrank. Mit simplen Tricks kann man vorbeugen.
Publiziert: 06.05.2023 um 09:34 Uhr
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Lea ErnstRedaktorin Gesellschaft

Schwindel, Kopfschmerzen und Erbrechen statt Roadtrip und neue Landschaften: Die sogenannte Reisekrankheit ist zwar keine Krankheit im eigentlichen Sinne, trotzdem kann sie das Fahrvergnügen deutlich trüben. Unter ihr werden alle Symptome verstanden, die als Reaktion des Körpers auf Bewegungen und Beschleunigungen auftreten.

Etwa 25 bis 30 Prozent der Menschen leiden laut Schätzungen regelmässig unter den Beschwerden. Und es dürften bald noch sehr viel mehr werden: Elektro- und selbstfahrende Autos machen uns eher reisekrank als Verbrenner.

Augen an den Horizont

Reisekrankheit entsteht, wenn Augen und Gleichgewichtssystem widersprüchliche Informationen bezüglich der Lage des Körpers im Raum erhalten. Das weiss Ärztin Esther Künzli, Co-Leiterin des Zentrums für Tropen- und Reisemedizin. «Auf dem Rücksitz eines Autos sieht das Auge beispielsweise mit den Kopfstützen einen stabilen Horizont – der Gleichgewichtssinn merkt aber, dass sich der Körper bewegt.»

Spucktüte nicht vergessen: In Elektroautos und selbstfahrenden Fahrzeugen wird uns schneller schlecht.
Foto: Keystone
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Tipps gegen Reiseübelkeit
  • Passagiere sollten in der Mitte der Rückbank oder vorne Platz nehmen, um die Strasse besser zu sehen.
  • Fahren Sie vorausschauend und vermeiden Sie plötzliches Bremsen, starke Beschleunigung und Schlaglöcher.
  • Installieren Sie Halterungen für Tablets, damit während der Nutzung auch die Strasse im Blick ist.
  • Lenken Sie Passagiere ab, auch Aktivitäten wie gemeinsames Singen hilft.
  • Cola und Ingwerguetzli helfen gegen die Übelkeit, Kaffee sollte vermieden werden.
  • Kopfstützen korrekt einstellen, um den Kopf in einer angenehmen Position zu halten.
  • Betätigen Sie die Klimaanlage oder öffnen Sie zwischendurch das Fenster für frische Luft.
  • Passagiere sollten in der Mitte der Rückbank oder vorne Platz nehmen, um die Strasse besser zu sehen.
  • Fahren Sie vorausschauend und vermeiden Sie plötzliches Bremsen, starke Beschleunigung und Schlaglöcher.
  • Installieren Sie Halterungen für Tablets, damit während der Nutzung auch die Strasse im Blick ist.
  • Lenken Sie Passagiere ab, auch Aktivitäten wie gemeinsames Singen hilft.
  • Cola und Ingwerguetzli helfen gegen die Übelkeit, Kaffee sollte vermieden werden.
  • Kopfstützen korrekt einstellen, um den Kopf in einer angenehmen Position zu halten.
  • Betätigen Sie die Klimaanlage oder öffnen Sie zwischendurch das Fenster für frische Luft.
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Das Gehirn ist überfordert, die Symptome setzen ein. Besonders häufig sind Kinder bis zur Pubertät betroffen, da sie die verschiedenen Sinneseindrücke noch nicht richtig verarbeiten können. Die Person hinter dem Lenkrad trifft es fast nie, weil sie ihren Blick stets auf die Strasse gerichtet hat – das Gehirn weiss, dass gleich eine Kurve kommt, und kann den Bewegungsreiz richtig einordnen.

Verhindern lasse sich die Reisekrankheit zu einem gewissen Grad, indem man den Horizont im Blick behalte, so Künzli: Also sollte man auch als Mitfahrer auf die Strasse schauen, statt das Handy oder den Vordersitz zu fokussieren. Medikamente gegen die Reisekrankheit seien je nach geplanter Aktivität mit Vorsicht einzusetzen, da sie müde machen können.

Lenker haben es in der Hand – und im Fuss

Dass man in Elektroautos eher zum Spuckbeutel greifen muss, liegt gemäss Blick-Autoredaktor Andreas Faust (42) am höheren Drehmoment: «E-Autos sprechen viel schneller und griffiger auf Gaspedalbefehle an.» Beschleunigen und Abbremsen werden heftiger, das Gehirn muss Wahrnehmung und Gleichgewichtssinn noch schneller koordinieren.

Doch der Lenker oder die Lenkerin hat es selber in der Hand – oder eher im Fuss –, ob es ihren Mitfahrenden schlecht wird, so Faust: «Wer zu zackig lenkt oder ständig unsanft beschleunigt und abbremst, könnte die Reisekrankheit verstärken.» Auch das Rauchen im Auto steigere die Wahrscheinlichkeit, dass es zu Symptomen komme.

Selbstfahrende, sogenannte autonome Autos, stehen der breiten Bevölkerung noch nicht zur Verfügung. Erst ab 2040 könnten sie sich laut Prognos-Studie durchsetzen. Wenn es so weit ist, müssen wir uns wohl oder übel auf mehr Reisekranke einstellen: «Wenn man selbst am Steuer sitzt, ist man auf die Bewegung des Autos vorbereitet – man hat sie ja selbst initiiert und kann sich darauf einstellen», so Faust. Sei man hingegen Mitfahrer oder sitze im autonomen Auto, werde einem schneller schlecht, weil Lenkbewegungen oder Beschleunigungen unerwartet kommen.

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