S. K. (66) über ihr Leben mit Schuppenflechte
«Ich gehe nicht mehr in die Badi»

Die Schuppenflechte ist nicht nur ein ästhetisches Problem. Begleiterkrankungen machen sie zu einer Herausforderung für Ärzte und Patienten. Die Bernerin S. K. (66) hat mit BLICK über ihr Leben mit Schuppenflechte gesprochen.
Publiziert: 22.08.2020 um 09:48 Uhr
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Aktualisiert: 30.11.2020 um 17:04 Uhr
S. K. (66) leidet seit über drei Jahrzehnten an Schuppenflechte.
Foto: zVg
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Moritz Lüchinger

Psoriasis, so heisst die Schuppenflechte im Fachjargon, ist eine der häufigsten Hauterkrankungen der Welt. «Rund zwei Prozent der Bevölkerung sind betroffen» sagt Dr. Meli, Leiterin der Dermanence in Zürich.

So auch S. K.* (66) aus Thun. Bereits seit 36 Jahren lebt sie mit dem juckenden Hautausschlag. «Gemerkt habe ich es, als sich hinter meinen Ohren ein dicker, entzündeter Schorf entwickelte», erzählt sie im Gespräch mit BLICK.

Hautzellen teilen sich schneller

Solche entzündlichen Stellen sind typisch für die Schuppenflechte. «Sie treten oft an Stellen auf, die Reibung, Druck oder Verletzungen ausgesetzt sind – zum Beispiel an Ellenbogen oder Knien» erklärt Dr. Meli, «aber auch die Kopfhaut ist vielfach betroffen.»

«Die Psoriasis ist eine Autoimmunerkrankung und nicht heilbar» führt die Expertin aus, «das Abwehrsystem ist gewissermassen übereifrig.»

Die Überaktivität hat zur Folge, dass sich bei Betroffenen die Hautzellen etwa acht Mal schneller teilen, als beim Rest der Bevölkerung. Ausserdem werden vom Immunsystem mehr Entzündungsfaktoren ausgeschüttet, was zur Folge hat, dass sich diese Stellen entzünden.

Schuppenflechte ist vererbbar

«Die Haut ist aber gar nicht in der Lage, die alten Hautschuppen so schnell abzuwerfen. Diese sammeln sich dann und bilden den typischen weissen Schorf. Die darunter liegende Haut ist durch die Entzündung gerötet» weiss Dr. Meli.

S. K. ist nicht die einzige in ihrer Familie, die mit der Schuppenflechte zu kämpfen hat: «Meine Grossmutter litt darunter und mein Bruder und meine Schwester haben es auch.» «Typisch» sagt Dr. Meli dazu, «Psoriasis tritt in Familien gehäuft auf. Oft ist die Veranlagung im Erbgut und wird innerhalb der Familie weitergegeben.

Kann bis zu Depressionen führen

Die Schuppenflechte ist eine vielschichtige und mitunter komplizierte Krankheit. «Zum einen sind die juckenden Hautstellen sehr unangenehm und können regelrechte Schmerzen bereiten» berichtet S. K., «zum anderen sehen sie halt auch einfach nicht schön aus.»

Öfter mal müsse sie deswegen unangenehme Fragen beantworten erzählt sie. «Und in die Badi gehe ich seit Jahren nicht mehr.» Bei ihr selbst sei es nicht so schlimm aber sie wisse von Personen die Depressionen entwickelt haben wegen der Schuppenflechte. «Eine Freundin von mir hat sich mit 30 Jahren das Leben genommen, weil sie es nicht ausgehalten hat.»

Gefährliche Begleiterkrankungen

«Die Schuppenflechte kann wegen ihrer Auffälligkeit psychisch eine sehr belastende Erkrankung sein» pflichtet Dr. Meli bei «und auch für den Körper ist sie nicht einfach zu handhaben.»

Sie betrifft nämlich nicht nur die Haut, sondern kann eine ganze Palette von Begleiterkrankungen mit sich bringen. «Neben den psychischen Schwierigkeiten können vor allem die Gelenke Schaden nehmen. Aber auch das Risiko einen Diabetes oder Blutdruck zu entwickeln ist bei Psoriasis-Patienten viel höher», führt Dr. Meli aus.

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Für Gelenke gefährlich

Davon weiss auch S. K. zu berichten. bei S. K. Auch bei ihr blieb es nicht bei den juckenden Schorfstellen. Mit den Jahren entwickelte sich bei ihr ein Diabetes. «Und seit drei Monaten habe ich eine psoriatische Arthritis in der Schulter.»

«Neben dem Stoffwechsel sind es vor allem die Gelenke, die durch die sogenannte Psoriasis-Arthritis massiven Schaden nehmen können», erzählt Dr. Meli, «das kann schlimm enden, deswegen wird in solchen Fällen der Rheumatologe konsultiert.»

Verschiedene Behandlungsformen

Die gute Nachricht aber: Dr. Meli zufolge kann eine Schuppenflechte heutzutage effektiv behandelt werden, so dass gut mit ihr gelebt werden kann. «Uns stehen je nach Schweregrad verschiedene Therapieformen zur Verfügung.»

«Bei weniger schweren Fällen, wo nur vereinzelt kleine Stellen betroffen sind, setzen wir Cortison-Cremes ein. Bei schlimmeren Fällen machen wir eine sogenannte Lichttherapie. Das Licht wirkt entzündungshemmend und verlangsamt die Zellteilung» führt Dr. Meli aus, «und für die schweren Fälle stehen sogenannte Biologicals zur Verfügung.»

Biologicals sind neue, relativ teure Medikamente, die regelmässig gespritzt werden müssen. Sie wirken genau in den Bereichen des Immunsystems, die für die Entzündungen in der Haut und den Gelenken verantwortlich sind.

«Hätte mir einiges ersparen können»

S. K. geht relativ entspannt mit ihrer Psoriasis um, sie weiss aber, dass es Menschen gibt, die viel mehr zu kämpfen haben als sie. Sie rät sich bei Unklarheiten an die Schweizerische Psoriasis und Vitiligo Gesellschaft (SPVG) zu wenden.

«Hätte ich früher gewusst, dass solche Begleiterkrankungen auftreten können und das man etwas dagegen tun kann, wäre mir heute einiges erspart geblieben», sagt sie. «Mein Rat wäre deshalb, dass Menschen, die eine Psoriasis diagnostiziert bekommen, diese behandeln und somit das Risiko für Begleiterkrankungen minimieren.»

* Name der Redaktion bekannt.

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