Vom Schock zur Stärke
Der richtige Umgang mit einem Jobverlust

Eine Kündigung trifft viele unvorbereitet und löst starke Emotionen aus. Die Expertin Nadine Eggimann Zanetti gibt Tipps, wie man diese Flut an Gefühlen meistert und wieder auf die Beine kommt.
Publiziert: 28.08.2024 um 11:50 Uhr
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Aktualisiert: 28.08.2024 um 15:57 Uhr

Auf einen Blick

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Olivia RuffinerRedaktorin

«Wir müssen dich leider entlassen» – diese 5 Worte sind die gefürchtetsten im Arbeitsleben. Kündigungen können die stressigsten Situationen im Berufsleben sein, die dir widerfahren. Plötzlich scheint der Boden unter den Füssen weggezogen zu sein, und eine Welle negativer Emotionen überrollt dich.

Wie kannst du damit umgehen? Nadine Eggimann Zanetti (42), Dozentin für Eignung und Personalentwicklung an der Fachhochschule Nordwestschweiz, gibt wertvolle Tipps, wie du eine Kündigung bewältigen kannst.

Der Moment der Kündigung

«Viele Kündigungen treffen Mitarbeitende unvorbereitet und lösen enormen Stress aus», erklärt Eggimann Zanetti. Wut, Angst, Unverständnis und Trauer sind typische Reaktionen, denn eine Kündigung fühlt sich oft wie ein persönliches Versagen oder eine Abweisung an, die kränkt.

Aus, Ende, vorbei: Wenn das Arbeitsverhältnis aufgelöst wird, tauchen viele Fragen auf.
Foto: Shutterstock

In dieser schwierigen Situation ist es wichtig, ruhig und sachlich zu bleiben. Natürlich fragst du dich: «Warum gerade ich?». Diese Frage solltest du unbedingt stellen, denn häufig hat eine Kündigung betriebliche Gründe und hängt nicht mit deiner Leistung zusammen. Wenn du die Gründe für die Kündigung kennst, fällt es leichter, sie einzuordnen und dein Selbstwertgefühl zu schützen. «Jeder Mitarbeitende hat das Recht, nachzufragen und die wahren Gründe für eine Kündigung zu erfahren», betont Eggimann Zanetti.

Der Moment nach der Kündigung

Eine Kündigung bedeutet Kontrollverlust. Du wirst mit einer Entscheidung konfrontiert, die du nicht selbst getroffen hast, die aber massiv dein Leben beeinflusst. Um diesen Kontrollverlust abzufedern, ist es wichtig, die Kontrolle so gut wie möglich zurückzuerlangen. Dies kannst du erreichen, indem du aktiv nach den Rahmenbedingungen und dem weiteren Vorgehen fragst und mitbestimmst.

«Führungspersonen stehen in dieser Situation selbst unter Druck und vergessen manchmal, die gekündigte Person über das weitere Vorgehen zu informieren», so Eggimann Zanetti. Frage also nach: Wie lange werde ich noch im Team arbeiten? Wann beginnt der Ablösungsprozess? Welche Rechte habe ich, und wie lange?

Die Kommunikation der Kündigung

Auch wie der Jobverlust im Team kommuniziert wird, kannst du möglicherweise mitbestimmen. Möchtest du selbst die Nachricht überbringen, oder soll dies durch den Vorgesetzten oder die HR-Abteilung geschehen? Dies kannst du im Kündigungsgespräch ansprechen.

Eggimann Zanetti empfiehlt, offen und transparent mit der Situation umzugehen. «Wenn ein Mitarbeiter geht, verändert sich oft die Dynamik im Team», erklärt sie. Um Missverständnissen und Gerüchten vorzubeugen, kann es hilfreich sein, das Thema direkt anzusprechen. Das Thema zu meiden, fördert nur negative Emotionen wie Scham und Kränkung.

Eine weitere wichtige Stütze in dieser Zeit sind Freunde und Familie. Offene Gespräche mit ihnen können helfen, die eigenen Emotionen zu verarbeiten und Unterstützung zu finden.

Mit Lebensläufen kennt sie sich aus

Nadine Eggimann Zanetti (42) ist promovierte Persönlichkeitspsychologin mit langjähriger Erfahrung in den Bereichen Managementdiagnostik und Training. Sie ist Dozentin für Arbeits- und Organisationspsychologie an der Fachhochschule Nordwestschweiz. Zudem ist sie verantwortlich für die Durchführung und Evaluation verschiedener Assessment Center der Schweizer Armee an der Militärakademie der ETH Zürich.

Eggimann Stöckli & Partner

Nadine Eggimann Zanetti (42) ist promovierte Persönlichkeitspsychologin mit langjähriger Erfahrung in den Bereichen Managementdiagnostik und Training. Sie ist Dozentin für Arbeits- und Organisationspsychologie an der Fachhochschule Nordwestschweiz. Zudem ist sie verantwortlich für die Durchführung und Evaluation verschiedener Assessment Center der Schweizer Armee an der Militärakademie der ETH Zürich.

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Die nächsten Schritte

Nach einer Kündigung gehen Menschen unterschiedlich mit der Situation um. Während sich manche sofort in die nächste Bewerbungsrunde stürzen, ziehen sich andere zurück. Studien zeigen jedoch, dass aktive Bewältigungsstrategien am effektivsten sind. Dazu gehört, sich gezielt Hilfe zu suchen – beispielsweise durch einen Jobcoach oder die Anmeldung beim Arbeitsamt, um ein Sicherheitsnetz aufzubauen. Indem du aktiv an der Veränderung deiner Gefühle arbeitest, kannst du negative Gedanken loslassen und läufst nicht in Gefahr, eine Opferrolle anzunehmen.

«Eine Kündigung ist auch eine Chance, innezuhalten und zu reflektieren», sagt Eggimann Zanetti. Jetzt ist der Moment, dich zu fragen: Was habe ich an meiner alten Stelle vermisst? Wo liegen meine Stärken? Was macht mir eigentlich Freude und mich zufrieden bei der Arbeit? Diese Fragen eröffnen dir neue Perspektiven und helfen, den erlebten Kontrollverlust in einen Neuanfang zu verwandeln.

Wieder Bewerben: Eine Kündigung muss man nicht verstecken.
Foto: Getty Images/Westend61

Mut zur Lücke

«Eine Entlassung ist kein Makel, sondern ein Teil deiner beruflichen Biografie», betont Eggimann Zanetti. Der klassische Karrierelauf – lückenlose Anstellung und Firmenzugehörigkeit von der Ausbildung bis zum Rentenalter – ist nicht mehr aktuell. In einem Bewerbungsgespräch solltest du diesen Einschnitt im Lebenslauf nicht verschweigen. Sprich die Kündigung offen an, wenn sie zur Sprache kommt – das zeigt Stärke. Schliesslich hat die Kündigung dich dazu gebracht, deine Ziele zu überdenken und einen neuen Weg einzuschlagen.

Nimm dir die Zeit, die du brauchst, um diese Krise zu bewältigen. Setze dich intensiv mit deinen Stärken auseinander und nutze diese Erfahrung, um deinen weiteren Weg bewusst zu gestalten. Offenheit, Reflexion und Selbstwirksamkeit sind die Schlüssel, um aus dieser Situation gestärkt hervorzugehen.

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