Kolumnistin Lisa Feldmann über Schwimmen im kalten Wasser
Der Mantel danach

Es gibt Menschen, die werden nicht ins kalte Wasser geworfen – sie werfen sich selber rein. Winterschwimmen liegt im Trend. Es gibt sogar das passende Kleidungsstück dazu.
Publiziert: 08.01.2022 um 06:00 Uhr
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Aktualisiert: 07.01.2022 um 20:05 Uhr
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Lisa FeldmannLifestyle-Expertin

Als wir an einem späten November-Nachmittag am Atlantik entlanglaufen, achten wir nicht weiter auf die Gruppe von Freunden, die lärmend aus Jeeps und Pick-ups heraus auf den Strand sprudeln, zwei Labrador-Retriever gehören auch dazu. Der traditionelle Spaziergang, immer der starken Ozeanbrise entgegen, gehört an einem Thanksgiving-Wochenende in Amerika zum Ritual wie Truthahn oder Kürbiskuchen.

Erst als sich alle bereit machen, ihre Winterkleider abzulegen, um danach in Badekleidern in die Brandung zu waten, wird klar: Hier handelt es sich um moderne Grossstädter, vermutlich Veganer, die einer wichtigen neuen Trend-Sportart nachgehen – dem Winterschwimmen.

Hierzu möchte ich zwei Sachen anmerken. Die ersten überzeugten Winterschwimmer waren meine angeheirateten Verwandten, die Familie meiner Schwiegermutter. Seit Generationen strenge Vegetarier, die von ihrem Wohnort Berlin in den kalten Monaten auf die Insel Hiddensee in der Ostsee reisten, um dort Badeferien zu machen. Sie waren überzeugt, dass Abhärtung und Verzicht zu einem erfüllten Leben führten, ein gesunder Geist nur in einem gestählten Körper existieren könne.

Der Dryrobe, eine Art Outdoor-Bademantel.
Foto: dryrobe.com
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Schlotternd, aber mit Urkunde

Die zweite Assoziation betrifft meine eigene Jugend. Gesegnet mit einer Mutter, die verregnete Sommerferien an der deutschen Nordseeküste den damals gefeierten Destinationen italienische Riviera oder Mallorca vorzog, absolvierte ich meine Freischwimmer-Prüfung in einem ungeheizten Meerwasserbecken. Das Erinnerungsfoto, das danach entstand, zeigt mich als Sechsjährige mit dem Bademeister, der mir die Urkunde überreicht.

Ich lächle mit den riesigen neuen Zähnen, die erst seit kurzer Zeit mein Milch-Gebiss abgelöst hatten – und dunkelblauen Lippen. Noch Stunden später war ich komplett durchgefroren, aber mein Stolz auf diesen ersten sportlichen Triumph wird für alle Zeiten auch mit dem Durchhaltevermögen in den rauen Elementen verbunden sein.

Bademantel für draussen

Nun habe ich das Kleidungsstück entdeckt, das mir diese Zuversicht zurückgibt – ohne dass ich deswegen vor Kälte klappere: mein neuer «Dryrobe», eine Art Outdoor-Bademantel, gefüttert mit synthetischem Lammfell. Eine Anschaffung, die den Vorsatz feiert und nicht unbedingt die Umsetzung.

Denn dass ich mich tatsächlich in diesem Januar in den Oberrhein vor unserer Haustür stürze, ist noch nicht entschieden. Aber sehr gut möglich.

Dies ist die letzte «So ein Ding!»-Kolumne. Blick bedankt sich herzlich bei Lisa Feldmann. Weiterhin zu lesen ist sie auf feldmanntrommelt.com

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