Zoodirektor Severin Dressen über den Regen im Zoo
Manche lieben ihn, andere meiden ihn

Nicht nur bei den Menschen gibt es unterschiedliche Meinungen zum Regen: Auch im Zoo gibt es Tiere, die ihn hassen, und solche, die ihn lieben. Zoodirektor Severin Dressen erklärt, was die letzten verregneten Wochen mit dem Zoo Zürich machten.
Publiziert: 17.07.2024 um 06:00 Uhr
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Aktualisiert: 13.07.2024 um 13:58 Uhr
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Severin DressenDirektor des Zoo Zürich

Am letzten Wochenende gab es ihn mal wieder: Regen. Es ist nun bereits das siebte nasse Wochenende in Folge. Mit fast beängstigender Regelmässigkeit entscheidet sich der Sommer pünktlich zum Freitag für einen Rückzug. Das Resultat: leer gefegte Badis, Rekorde in Museen und durchwachsene Zahlen für Zoos. Etwas Regen ist ja kein Problem für einen Besuch im Zoo, aber ein Tag im Dauerregen ist dann wirklich nur etwas für Hartgesottene. An sich ist der jetzige Regen normal, denn April bis August sind die niederschlagstärksten Monate bei uns – nur haben wir dies nach den vergangenen trockenen Hitzesommern schnell wieder vergessen. In der Natur gibt es, wie bei fast allem im Leben, Verlierer und Gewinner für jeden Zustand.

Geht man dieser Tage durch unseren Zoo, sieht man einen eindrücklichen Gewinner: Die Vegetation explodiert. Wo vorgestern die Gärtner etwas weggeschnitten haben, spriessen heute schon die neuen Triebe. Wer sich bei den schwülen, wolkenverhangenen Bedingungen durch den dicht bewachsenen Aussenbereich unseres Kaeng-Krachan-Elefantenparks treiben lässt, fühlt sich fast wie in Thailand. Auch die wild lebenden Amphibienarten im Zoo profitieren vom Wetter, denn ihre Laichgewässer trocknen so sicherlich nicht aus.

Anders sieht es bei den Fluginsekten aus. Regen ist Gift für sicheres Fliegen von Schmetterling, Biene und Co., und auch deren Raupen (Schmetterlinge) und Nester (Wildbienen) können darunter leiden. Während wir Menschen uns unter gedeckten Sitzplätzen an mücken- und wespenarmen Zeiten erfreuen, ist die Futtersuche für insektenfressende Vögel nun deutlich aufwendiger. Auch die Störche hadern mit dem Wetter. Besser gesagt ihre Jungen. Bei den lang anhaltenden Regenschauern und tiefen Temperaturen im Mai verstarben zahlreiche Jungtiere durchnässt und unterkühlt. Im Zoo überlebten von über 60 Jungstörchen nur 10.

Der Regen der letzten Wochen erreicht auch den Zoo Zürich: Sogar im Masoala-Regenwald.
Foto: Markus Barben
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Auch bei unseren Zootieren gibt es Profiteure und Verlierer. Nicht so sehr der Regen, sondern die damit verbundenen niedrigeren Nachttemperaturen verhindern bisher, dass unsere Galapagos-Riesenschildkröten ihre Aussenanlage benutzen dürfen. So müssen Jumbo, Nigrita und alle anderen derzeit noch die stabilen Temperaturen in ihrer Innenanlage geniessen. Lediglich den Vorhof konnten sie an einigen wenigen Sonnentagen bereits erkunden. Manche unserer Tiere sind wahre Regenhasser. Kommt der erste Regentropfen, kann man sich sicher sein, dass unsere Blutbrustpaviane (Dscheladas) und Erdmännchen sofort die regengeschützten Bereiche aufsuchen.

Andere dagegen, wie Elefanten und Nashörner, begegnen dem Regen mit einer Mischung aus stoischer Gelassenheit und Genuss und lassen sich sicherlich nicht von ihrer Lieblingsbeschäftigung abhalten: dem Fressen. Übrigens, bei vielen unserer Tiere, die ursprünglich aus regenreichen, tropischen Gebieten kommen, gibt es – ganz unabhängig vom Zürcher Wetter – auch im Innenraum täglich Regen: ob im Masoala-Regenwald, bei unseren Orang-Utans oder im Terrarium. Im Aquarium, genauer im indopazifischen Mangroven-Becken, lässt sich ab sofort nicht nur Regen, sondern ein ganzes Gewitter erleben – inklusive Blitz und Donner. Tiere im Regen zu beobachten, ob nun aus trockener oder ebenfalls nasser Perspektive, ist eine spannende Erfahrung.

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