Zoologisch – Zoodirektor Severin Dressen über die Vögel der Antarktis
Die Pinguine sind wieder los

Im Zoo Zürich leben Humboldt- und Königspinguine. Das Halten zweier Pinguinarten ist mit Herausforderungen verbunden: Zoodirektor Severin Dressen erzählt von Rochaden, Paraden – und einem bevorstehenden Abschied.
Publiziert: 22.11.2023 um 06:00 Uhr
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Aktualisiert: 18.11.2023 um 12:38 Uhr
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Severin DressenDirektor des Zoo Zürich

Manche Arten gehören fest zur DNA des Zoos – zum Beispiel unsere Pinguine. Schon seit 1954 leben die gefährdeten Humboldtpinguine bei uns, einige Jahre später kamen die Königspinguine dazu.

Die beiden Pinguinarten teilen sich eine Anlage – allerdings zu unterschiedlichen Jahreszeiten. Von Frühling bis Herbst leben die Humboldtpinguine auf der Aussenanlage, und die Königspinguine sind auf der klimatisierten Innenanlage in unserem Exotarium. Dies ist notwendig, da es den Königspinguinen bei uns im Sommer schlicht zu heiss wird. Zudem leben in warmer Luft deutlich mehr Keime und Bakterien als in der ewig kalten Luft des Südpols. Das Immunsystem der Königspinguine könnte mit einer solchen Virenlast nicht umgehen. Besonders anfällig sind sie für die Vogelmalaria, die zwar nicht durch die Luft, aber durch die im Sommer lebenden Mücken übertragen wird. Die Humboldtpinguine, die ursprünglich von der pazifischen Küste Südamerikas stammen, haben zumindest mit der warmen Luft und der Keimbelastung weniger Probleme.

Fit durch den Winter

Fallen im Herbst die Temperaturen, ist es Zeit für den Wechsel: Die Königspinguine kommen auf die Aussen- und die Humboldtpinguine auf die Innenanlage. Wichtige Voraussetzung für den Wechsel ist, dass die Mückendichte abgenommen hat. Durch die milderen Winter überleben Mücken immer länger. Dadurch verkürzt sich für die jungen Königspinguine die Aussensaison. Sie sind besonders anfällig für die Vogelmalaria, da ihr Immunsystem noch nicht vollständig ausgereift ist. 

Die Pinguine gehören zu den geschätzten Attraktionen im Zoo Zürich.
Foto: Zoo Zürich
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Ist der Zoo meist im November einigermassen mückenfrei und sind die Frackträger im Aussenbereich, heisst es: Zeit für Wintersport! Die regelmässige Pinguinparade in der kalten Jahreszeit ist ein Erlebnis für Gross und Klein und Fitnessprogramm für die Königspinguine. Beim Spaziergang durch den Zoo herrscht Freiwilligkeit, auch wenn Bewegung gesund ist. Gerade für Pinguine, die in der Natur deutlich länger schwimmen und härter jagen müssten, um den Fisch zu erhalten, den sie bei uns von den Tierpflegerinnen und Tierpflegern direkt in den Schnabel gesteckt bekommen. Allerdings gilt auch für Pinguine: Sport nur, wenn keine Überhitzung droht. Bei Temperaturen über zehn Grad Celsius muss der Spaziergang für die gut isolierten Südpolbewohner ausfallen. 

Artenschutz geht vor

Im Entwicklungsplan des Zoos sind mittelfristig nur noch Humboldtpinguine vorgesehen, die in einigen Jahren im neu geschaffenen Küstenlebensraum ihre Heimat finden werden. Die Königspinguine werden uns in ein paar Jahren verlassen. Dies hat einen praktischen und einen artenschützerischen Grund. Königspinguine sind – zumindest im Moment – noch nicht bedroht, während die Pinguine aus Südamerika und Südafrika stark gefährdet sind. Hier kommt den Zoos die Aufgabe zu, Reservepopulationen zu erhalten. 

Und ganz praktisch gilt: Mit dem neuen Küstenlebensraum wollen wir Standards in der Pinguinhaltung setzen und unsere Tiere im grossen Schwarm in entsprechend grossen Wasserkörpern halten. Einen solchen Bereich für die Königspinguine zu überdecken und ganzjährig zu kühlen, wäre aus energetischer Sicht inakzeptabel.

Fürs Erste sind die Könige aber noch bei uns. Seit diesem Wochenende auch wieder auf der Aussenanlage und – immer, wenn das Wetter mitspielt – auf der sportlichen Pinguinparade.

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