10-Jahre-Klausel in der Kritik
«Dann geht der Rentenzuschlag flöten»

Die Pensionskassen-Reform ist auf der Zielgeraden. Kernpunkt ist ein Rentenzuschlag. Doch für diesen gibt es Hürden. Wer im Alter arbeitslos wird und aus der Pensionskasse fällt, verliert den Zuschlag.
Publiziert: 01.03.2023 um 18:49 Uhr
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Ruedi StuderBundeshaus-Redaktor

Das Parlament setzt bei der Pensionskassen-Reform zum Schlussspurt an. Schon am Donnerstag befasst sich der Ständerat mit den letzten Differenzen. Doch in einem Kernpunkt haben die beiden Räte bereits Nägel mit Köpfen gemacht. Bei den Kompensationsmassnahmen für die Rentenlücke, die durch die Senkung des Umwandlungssatzes von 6,8 auf 6 Prozent entsteht.

Für eine Übergangsgeneration von 15 Jahren soll es einen abgestuften Rentenzuschlag geben. Für die ersten fünf Jahrgänge gibt es maximal 200 Franken monatlich, dann sinkt er ab. Den vollen Zuschlag bekommt zudem nur, wer weniger als 220'500 Franken in der Pensionskasse hat. Bis 441'000 Franken Altersguthaben soll es nur einen Teilzuschlag geben. Und wer mehr gespart hat, geht leer aus.

10-Jahre-Klausel als weitere Hürde

Bloss, die Einkommensgrenze ist nicht die einzige Hürde für den Rentenzuschlag. Eine versicherte Person muss auch mindestens während 15 Jahren einer Pensionskasse angeschlossen gewesen sein und dies durchgehend auch während der letzten 10 Jahre vor der Pensionierung.

Die Pensionskassen-Reform sieht für eine Übergangsgeneration einen Rentenzuschlag vor – doch es gibt einige Hürden.
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Diese 10-Jahre-Klausel wollte SP-Co-Chefin Mattea Meyer (35) aus der Vorlage streichen. Das könne nämlich dazu führen, dass bei einer allfälligen Senkung der Eintrittsschwelle ältere Personen mit tiefen Einkommen zwar neu in eine Pensionskasse einzahlen müssten und trotzdem keinen Rentenzuschlag erhalten würden.

Während sich der Nationalrat für die Beibehaltung der heutigen Eintrittsschwelle von rund 22'000 Franken ausgesprochen hat, plädiert die zuständige Ständeratskommission nämlich weiterhin für eine Senkung auf rund 17'200 Franken. Ab dann soll neu die Pensionskassen-Pflicht gelten.

SP-Nationalrätin Barbara Gysi (58, SG) ergänzte in der Debatte, dass etwa auch Personen betroffen sein könnten, die vor der Pensionierung ihre Arbeit reduzieren würden, um beispielsweise eine demente Mutter oder einen dementen Vater zu pflegen. «Darum wollen wir nicht diese harte Klausel.»

Ältere Arbeitslose verlieren Rentenzuschlag

Alarm schlägt nun auch der Gewerkschaftsbund. Er sieht in der 10-Jahre-Klausel eine Verschlechterung für die über 55-Jährigen. «Wer mit über 55 die Stelle verliert, fällt durch die Maschen», warnt Zentralsekretärin Gabriela Medici (37).

Denn mit dem Jobverlust falle man auch aus der Pensionskasse und verliere damit den Anspruch auf eine Kompensation des Umwandlungssatzes. «Da kommt es auch nicht drauf an, ob man vorher während Jahren oder gar Jahrzehnten in eine Pensionskasse eingezahlt hat.»

Mehrkosten fallen trotzdem an

Auch wer den Rentenzuschlag nicht bekommt, ist von den übrigen Anpassungen der BVG-Reform betroffen. Der Gewerkschaftsbund hat berechnet, was die vom Nationalrat verabschiedete Vorlage für die Betroffenen bedeuten würde.

Eine 50-Jährige mit 25'000 Franken Jahreseinkommen beispielsweise müsste jährlich über 2200 Franken mehr in die Pensionskasse einzahlen. Oder eine 55-Jährige mit 55'000 Franken Einkommen müsste pro Jahr immer noch fast 900 Franken mehr zahlen. «Verliert man im Alter den Job, geht der Rentenzuschlag trotz dieser Mehrkosten flöten.»

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Bürgerlich stimmten geschlossen für Klausel

Die Bürgerlichen haben den Streichungsantrag von Meyer praktisch geschlossen abgelehnt. Nur eine Freisinnige stimmte mit der Linken.

Auch GLP-Nationalrätin Melanie Mettler (45, BE) hat den Meyer-Antrag abgelehnt. «Ich habe Verständnis für das Anliegen», sagt sie. Allerdings entschärfe sich die Problematik mit einer «ausgewogenen Lösung zwischen Lohnbeiträgen und Rentenleistung».

Die Klausel sei nur ein Rädchen im grossen Uhrwerk dieses ersten Reformschritts, betont Mettler. «Sollten sich bei der Umsetzung dereinst tatsächlich Probleme zeigen, biete ich gerne zu einer Lösung Hand.»

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