«Es war ein schlechter Tag für die Demokratie»
1:52
Eklat bei Wahl in Thüringen:«Es war ein schlechter Tag für die Demokratie»

AfD-Coup bewegt Schweizer Aussenpolitiker
«Deutschland fährt seine Demokratie an die Wand»

Der AfD-Coup bei der Wahl des Ministerpräsidenten in Thüringen hat in Deutschland ein politisches Erdbeben ausgelöst. Der Eklat und seine Folgen entzweit auch Schweizer Aussenpolitiker.
Publiziert: 06.02.2020 um 16:42 Uhr
|
Aktualisiert: 11.02.2020 um 14:01 Uhr
Daniel Ballmer

Deutschland ist in Aufruhr. Die Ministerpräsidentenwahl in Thüringen hat ein politisches Erdbeben ausgelöst. Rund 24 Stunden nachdem FDP-Mann Thomas Kemmerich (54) dank AfD-Stimmen ins Amt gehievt wurde, trat er zurück.

Der Polit-Schock in Deutschland entzweit auch Schweizer Aussenpolitiker.

«Da befinden sich Faschisten darunter»

«Die Reaktionen etablierter Parteien sind sehr gefährlich für die Demokratie», sagt der Zürcher FDP-Nationalrat Hans-Peter Portmann (56). Denn, ob es einem gefällt oder nicht: Die AfD sei eine legitime Partei. «Wird aber ein politischer Konkurrent geächtet, führt das dazu, dass ein Land seine Demokratie an die Wand fährt», findet Portmann. Für ihn war deshalb auch die Wahl von Kemmerich legitim.

Der Druck ist offensichtlich zu gross geworden: Thomas Kemmerich gibt das Amt des Thüringer Ministerpräsidenten bereits wieder ab.
Foto: imago images/STAR-MEDIA
1/8

Für den Baselbieter SP-Nationalrat Eric Nussbaumer (59) ist es der einzig richtige Entscheid, dass die FDP die Wahl nicht annimmt. «Jahrelang haben alle Parteien immer wieder gesagt, es wäre ein Dammbruch, wenn man mit der AfD kooperiert», sagt er. «Da befinden sich Faschisten darunter.» Die AfD möge eine gewählte Partei sein. Sie sei aber auch eine Kraft, «welche die demokratischen Institutionen zerstören will».

Den von der AfD angestrebte Machtwechsel bezeichnet Nussbaumer als «Drecksspiel». Die Partei versuche, die politische Konkurrenz über den Tisch zu ziehen und das System auszuhebeln. «Die FDP hätte sich von der AfD abhängig gemacht und wäre vor ihr hergetrieben worden», kommentiert Nussbaumer.

AfD nicht verboten

Das schliesst auch der St. Galler SVP-Nationalrat Roland Rino Büchel (54) nicht aus. Dennoch: Die Partei überschreite zwar immer wieder Grenzen, sei aber nicht verboten. «Deshalb muss in einer Demokratie ihre Stimme genauso zählen wie jede andere», sagt er. Werde nun eine Wahl nicht akzeptiert, weil sie von der AfD entschieden wurde, «dann wird die Demokratie gerade durch eine solche Doppelmoral gefährdet».

Statt sich mit den Positionen der AfD auseinanderzusetzen, wollten die etablierten Parteien die politische Konkurrenz lieber mundtot machen, ergänzt FDP-Nationalrat Portmann. Das aber kann auch zum Bumerang werden. «Der Druck kann in der Bevölkerung sogar eine Gegenbewegung auslösen.» Und dann werde die AfD noch weiter gestärkt.

Fehler gefunden? Jetzt melden
Was sagst du dazu?