Als Biglers Nachfolger
Schoggi-Lobbyist Urs Furrer soll oberster Gewerbler werden

Der Gewerbeverband hat einen neuen Direktorenkandidaten: Urs Furrer. Er ist Verbandschef der Schoko-Branche und kaum bekannt. Was man weiss.
Publiziert: 21.10.2023 um 15:29 Uhr
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Aktualisiert: 15.01.2024 um 08:39 Uhr
Urs Furrer will Direktor des Gewerbeverbandes werden.
Foto: Keystone
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Andreas Valda
Handelszeitung

Der Gewerbeverband hat einen neuen Anwärter zum Verbandschef: Urs Furrer, 51-jährig, ein im Aargau lebender Anwalt mit Wirtschaftsprofil der Uni St. Gallen und FDP-Mitglied. Er ist derzeit Verbandschef in der Schoko- und Biskuitbranche. Der breiten Öffentlichkeit ist er noch nicht bekannt. Aber im Bundeshaus spaziere er als Lobbyist ein uns aus, heisst es in Bern. Wer ist der designierte Nachfolger von Hans-Ulrich Bigler an der Spitze des Gewerbeverbandes?

Leute, die ihn berufsmässig kennen, sagen, er sei ein «konstruktiver Mensch», ein «stiller Schaffer» und ein «sehr strukturierter Mensch». Damit hebe er sich deutlich ab von Bigler, der sich nicht davor scheute, den Fehdehandschuh in den Ring zu werfen, wenn dies der Profilierung des Gewerbes diente. Furrer sei so etwas wie die Antithese zum früheren Verbandschef.

Artikel aus der «Handelszeitung»

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Bigler hatte mit seiner konfrontativen Art allerdings den Erfolg auf seiner Seite. Er wusste um das bedeutende Gewicht als Spitzenvertreter in einem Quartett der Sozialpartner auf nationaler Ebene – das sind Travailsuisse, der Gewerkschaftsbund (SGB), der Arbeitgeberverband (SAV) und sein Gewerbeverband (SGV). Dieses Gewicht warf Bigler in die Waagschale.

Kann er den Verband profilieren?

Er betonte die Unterschiede: Dort sind die Advokaten der abgehobenen Konzerne, hier sind die Vertreter der kleinen und mittelgrossen Firmen. Dort suchen sie den ruhigen Pakt und «geregelte Rahmenbedingungen», hier aber will man weniger Regulierung, weniger Staat, weniger EU und weniger Macht den Gewerkschaften. Biglers Botschaft war klar: Ohne den Gewerbeverband sind auf nationaler Ebene keine Deals zu schliessen.

Bigler machte aus dem Gewerbeverband eine politisch kampffähige Truppe, die dem zweiten Wirtschaftsdachverband, Economiesuisse, das Wasser reicht, unter Einsatz von viel weniger Geld und Personal. An diesem Erfolg wird dereinst Furrer gemessen werden. Und die Frage ist, ob er dem genügen kann. «Vielleicht ist das Gewerbeverbandsdirektorium für ihn eine Schuhnummer zu gross ist», sagt einer, der unter ihm gearbeitet hat.

In einer Woche die Wahl

Noch ist Furrer nicht im Amt. Am Montag wurde er vom 15-köpfigen Vorstand als externer Kandidat nominiert. In einer Woche tritt die Gewerbekammer, das 100-köpfige Parlament des Gewerbeverbands, zusammen und soll ihn zum Direktor wählen.

In diesem Gremium sitzen auch die, die gerne auf die Kontinuität von Biglers kämpferischem Stil setzen würden und lieber den aktuellen Direktorstellvertreter Henrique Schneider gewählt sähen. Doch dieser wurde vor drei Monaten abgewählt.

«Die Neuausrichtung der Verbandsspitze ging einem klaren Entscheid der Gewerbekammer voraus. Die Affäre ist gegessen», sagt ein bekanntes Mitglied der Gewerbekammer, der Schwyzer Nationalrat und Bierbrauer Alois Gmür. Er erwarte «keine Probleme bei der Wahl von Urs Furrer», den er für einen interessanten Kandidaten hält.

Ein KMU-Vertreter durch und durch

Den Stallgeruch des Gewerblers muss sich Furrer erst noch zulegen. Sein Lebenslauf sieht nicht danach aus: Nach seinem Studium ging er ans Gericht, dann beriet er als Wirtschaftsanwalt unter anderem Konzerne bei der KPMG. Dort blieb er fünf Jahre. Danach wechselte er zum Economiesuisse, wurde Lobbyist und blieb zehn Jahre, zuerst vertieft im Kartellrecht und später in den Steuern und Finanzen. Hier zeigte er sein Talent für politische Netzwerke.

Dieses spielte er aus und wechselte 2013 zur Treuhandbranche, hier als Cheflobbyist des Verbandes Expertsuisse. Ab 2014 schliesslich wurde er Verbandsdirektor der Schokoladen- und Biskuitbranche. Diese letzten zehn Jahre, in einer sehr kleingewerblich geprägten Branche «von Genf bis Romanshorn», hätten ihn geprägt, sagt eine ihm wohlgesinnte Person. Von den 49 Firmen, die er heute vertritt, ist die Hälfte sehr klein (weniger als fünfzig Angestellte). Zehn Firmen sind gross, darunter Lindt & Sprüngli, Mondelez und Cailler (Nestlé Suisse).

Als Arbeitgebervertreter führte er harte Verhandlungen mit den brancheninvolvierten Gewerkschaften, darunter Unia. «Er weiss, wie kleine und mittelgrosse Firmen denken», so die Gewährsperson. Diesen Trumpf, sein Netzwerk in Bundesbern und das strategische Denken, das man ihm nachsagt, dürfte er beim Gewerbeverband ausspielen, sollte er kommende Woche gewählt werden und nächsten Frühling antreten.

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