So emotional ist der Abschied aus dem Bundeshaus
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37 Parlamentarier treten ab:So emotional ist der Abschied aus dem Bundeshaus

Am Sonntag droht die Abwahl
Diese Parlamentarier müssen zittern

Ein Mandat im Bundeshaus ist ein Vertrag auf Zeit: Alle vier Jahre werden die 246 Sitze durch das Stimmvolk neu verteilt. Zahlreiche Politiker müssen am Sonntag um ihre Wiederwahl fürchten.
Publiziert: 21.10.2023 um 01:14 Uhr
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Aktualisiert: 21.10.2023 um 09:31 Uhr
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Ruedi StuderBundeshaus-Redaktor

Es ist eine Zeit des Abschiednehmens für viele Parlamentarierinnen und Parlamentarier: Die Legislatur ist bald vorbei, die letzte Session bereits durch – einzig ein paar Kommissionssitzungen stehen noch auf der Agenda.

Am 4. Dezember startet ein frisch zusammengesetztes Parlament in die neue Legislaturperiode. Für 36 Nationalrätinnen und Ständeräte ist der Abschied fix, sie treten nicht mehr zur Wahl an.

Sie packen die Koffer in Bundesbern freiwillig – im Gegensatz zu ein, zwei Dutzend weiteren Parlamentariern, denen am Sonntag die Abwahl droht. Vor vier Jahren wies das Stimmvolk 30 Parlamentarierinnen und Parlamentariern die Tür. Blick zeigt, wer diesmal am meisten zittern muss.

Nationalrätinnen und Nationalräte posieren für ein Foto zum Ende der Legislatur. Nicht alle werden im Dezember zurückkehren.
Foto: Keystone
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Grüne Welle ebbt ab

Spülte vor vier Jahren eine Öko-Welle viele neue grüne und grünliberale Politikerinnen nach Bern, müssen die beiden Erfolgsparteien dieses Mal Federn lassen. Das jüngste SRG-Wahlbarometer prognostiziert den Grünen einen Verlust von 3,5 Prozentpunkten, der GLP ein Minus von einem Prozent.

Bei den Grünen sind dadurch gleich mehrere Sitze gefährdet. Dabei hocken viele vor vier Jahren gewählte Neulinge auf einem Schleudersitz. In Solothurn muss Nationalrat Felix Wettstein (65, SO) um seine Wiederwahl fürchten.

Der grüne Wahlerfolg von 2019 hat viele Neulinge ins Parlament gebracht, die nun um ihre Wiederwahl zittern müssen. So zum Beispiel Felix Wettstein (SO).
Foto: Keystone
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Auch in Bern müssen die Grünen wohl einen der vor vier Jahren hinzugewonnenen zwei Sitze abgeben: Für Christine Badertscher (41) oder die erst letztes Jahr für Regula Rytz (61) nachgerückte Natalie Imboden (53) könnte es eng werden.

In Zürich wackelt nach dem grossen Wahlerfolg von 2019 ebenfalls ein grüner Sitz: Treffen könnte dies Meret Schneider (31) oder Katharina Prelicz-Huber (64). Letztere ist 2011 schon einmal abgewählt worden – und schaffte dann vor vier Jahren das Comeback.

Besonders stark schwächeln die Grünen derzeit in der Westschweiz. So muss die Neuenburger Ständerätin Céline Vara (39) ebenso um ihren Sitz bangen wie die Nationalrätinnen Valentine Python (48, VD) oder Isabelle Pasquier (50, GE).

Wackelkandidaten bei der GLP

Die GLP hat vor vier Jahren neun Mandate hinzugewonnen – teils Restmandate, die nun wackeln. Bangen muss die Baslerin Katja Christ (51). Der Stadtkanton hat neu nur noch vier Mandate zugute, doch alle fünf Bisherigen treten wieder an. Mindestens eine Abwahl ist damit programmiert. In Bern muss die GLP um ihren dritten Sitz zittern, was Melanie Mettler (45) zum Verhängnis werden könnte.

Auch in Zürich könnte die Partei einen Sitz verlieren. Kommt hinzu, dass die einstige SP-Nationalrätin und jetzige GLP-Kantonsrätin Chantal Galladé (50) bisherige Amtsinhaber bedrängen könnte. Zittern müssen etwa Barbara Schaffner (55) oder Judith Bellaiche (52).

In der Westschweiz erwartet die Grünliberalen nach ihrem Siegeszug vor vier Jahren ebenfalls ein Dämpfer, so sind etwa die Sitze von Céline Weber (49, VD) und Michel Matter (58, GE) gefährdet.

Hauseigene Konkurrenz in der SP

Die spezielle Basler Konstellation könnte auch die SP treffen. Hier muss Sarah Wyss (35) am meisten zittern.

In andern Kantonen werden bisherige Amtsinhaber parteiintern bedrängt. Im Wallis könnte dies Emmanuel Amoos (43) das Mandat kosten, der vor zwei Jahren für den in den Staatsrat gewählten Mathias Reynard (36) nachgerückt ist. Amoos könnte Sarah Constantin (32), die Fraktionschefin der SP Unterwallis im Kantonsparlament, gefährlich werden.

Die jurassische Ständerätin Mathilde Crevoisier Crelier (43) muss sich ebenfalls warm anziehen. Sie hat den Sitz von der jetzigen Bundesrätin Elisabeth Baume-Schneider (59) geerbt, wird nun aber durch die hauseigene Konkurrenz bedroht.

Stabilität bei Mitte und FDP 

Bei der Mitte stehen die Zeichen auf Stabilität. Unter dem Strich dürfte sie ihre Sitze in etwa halten. Trotzdem müssen einzelne Politiker um ihre Wiederwahl bangen. Im Jura wird der Ständeratssitz von Charles Juillard (60) von einer FDP-SVP-Allianz attackiert. In Luzern könnte die Mitte einen Sitz an die SVP verlieren, was Priska Wismer-Felder (53) zum Verhängnis werden könnte.

Auch parteiinterne Konkurrenz könnten den einen oder andern das Amt kosten. Ein Wackelkandidat ist dabei in Bern einmal mehr Heinz Siegenthaler (68), der – damals noch bei der BDP – die Wiederwahl zweimal verpasste, aber jeweils wieder nachrutschte. Ihm könnte der Stadtberner Gemeinderat Reto Nause (52) gefährlich werden.

Die FDP dürfte ihre Sitze – auch dank mehr Listenverbindungen mit der SVP – halten oder gar leicht zulegen. Abwahlen werden kaum befürchtet. Einzig in der Waadt hat die FDP etwas Bammel vor einem Sitzverlust, wobei ein solcher wohl Daniel Ruch (60) treffen würde.

SVPler müssen sich kaum sorgen

Das SRG-Wahlbarometer sieht die SVP als grosse Wahlsiegerin. Den Wählerzuwachs dürfte sich auch in Sitzgewinnen niederschlagen. Wer als Bisheriger antritt, hat deshalb gute Chancen auf eine Wiederwahl.

Allerdings könnte der eine oder andere von auf der Liste von einem Parteikollegen überholt werden: In St. Gallen könnte ein solches Szenario etwa Michael Götte (44) treffen, der erst vor einem halben Jahr für die in den Ständerat gewählte Esther Friedli (46) nachrückte, als diese in den Ständerat wechselte.

EVP-Sitz wackelt bedrohlich

Für die Kleinpartei EVP könnte der Wahlsonntag bitter werden. Im Aargau droht EVP-Nationalrätin Lilian Studer (45) das gleiche Schicksal wie einst ihrem Vater Heiner Studer (74), der 2007 die Wiederwahl als Nationalrat verpasste. Nur mit Proporzglück wird die Kleinpartei den Sitz halten. Wenn nicht, fliegt mit Studer ausgerechnet die nationale Parteichefin aus dem Parlament.

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