Die wichtigsten Antworten zur AHV-Reform
Was kriegen die Frauen für Rentenalter 65?

Am 25. September stimmen wir über die Reform der AHV ab – und damit über ein Frauenrentenalter von neu 65 statt 64 Jahren. Blick beantwortet die wichtigsten Fragen zur Abstimmung.
Publiziert: 05.08.2022 um 18:44 Uhr
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Aktualisiert: 01.09.2023 um 16:27 Uhr
Mit der neuen AHV-Reform sollen auch Frauen erst ab 65 pensioniert werden.
Foto: Keystone
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Drei Säulen gibt es in der Schweizer Altersvorsorge: die Alters- und Hinterlassenenversicherung (AHV), die berufliche Vorsorge über Pensionskassen (2. Säule) und privates Sparen (3. Säule). Über die wichtigste der drei Säulen, die AHV, stimmen wir am 25. September ab. Es ist die wichtigste Abstimmung des Jahres – und bei einem Ja wäre es die erste Rentenreform seit Jahrzehnten, die gelingt. 

Worum geht es bei der AHV 21? 

Es geht um die langfristige Sicherung der AHV. Mit dem Paket, über das wir am 25. September abstimmen, sollen deren Finanzen für die nächsten zehn Jahre stabilisiert werden. Dafür legen Bundesrat und Parlament ein Paket vor, das genau genommen aus zwei Vorlagen besteht. Zum einen ist das der Gesetzesentwurf, der im Kern die Erhöhung des Frauenrentenalters von heute 64 auf 65 Jahre vorsieht. Zum zweiten geht es um die Erhöhung der Mehrwertsteuer, um zusätzliche Einnahmen für die AHV zu generieren. Die zweite Säule und dritte Säule der Altersvorsorge sind nicht Gegenstand der Abstimmung. 

Warum stimmen wir ab? 

Über den Gesetzesentwurf stimmen wir einerseits ab, weil gegen die geplante Erhöhung des Frauenrentenalters ein Komitee aus linken Parteien und Gewerkschaften erfolgreich das Referendum ergriffen hat. Bei der Erhöhung der Mehrwertsteuer handelt es sich um einen Bundesbeschluss, über den zwingend abgestimmt werden muss, weil es sich um eine Verfassungsänderung handelt. Weil eine Vorlage nicht ohne die andere umgesetzt werden kann, bedeutet ein Nein zu einem der beiden Teile ein Abstürzen des gesamten Pakets. 

Wieso braucht es überhaupt eine Rentenreform?  

Weil die AHV früher oder später in finanzielle Schieflage gerät. Die Lebenserwartung ist angestiegen, dazu kommt, dass derzeit und in den kommenden Jahren die Babyboomer – die besonders geburtenstarken Jahrgänge 1946 bis 1964 – pensioniert werden und damit mehr AHV-Renten ausbezahlt werden müssen als anhin. Der Bund rechnet laut den aktuellsten Berechnungen mit einem Defizit von 1,8 Milliarden. Allerdings musste diese Zahl schon mehrfach herunterkorrigiert werden, weshalb die Gegner der Vorlage dem Bund vorwerfen, mit Schreckensszenarien zu arbeiten.

Wieso müssen gerade die Frauen den Kopf hinhalten? 

Daran entzündet sich der Streit. Für die Gegner ist die Vorlage nämlich ein Abbau auf Kosten der Frauen. Befürworter halten dagegen, dass das Rentenalter der Frauen schlicht demjenigen der Männer angeglichen wird. Zudem hätten auch die Frauen ein Interesse daran, dass die erste Säule stabilisiert wird. Ab 2030 sollen dank des höheren Frauenrentenalters 1,4 Milliarden Franken zusätzlich in die AHV fliessen.

Gibt es für die Frauen eine Gegenleistung?  

Eine Übergangsgeneration erhält sogenannte Ausgleichsmassnahmen. Der Übergang umfasst neun Jahrgänge und betrifft alle Frauen, die beim Inkrafttreten der Reform 55 Jahre oder älter sind. Sie erhalten einen lebenslangen Rentenzuschlag und tiefere Kürzungssätze, falls sie ihre Rente vorbeziehen. Diese Ausgleichsmassnahmen kosten zirka ein Drittel der Zuschüsse über das höhere Frauenrentenalter. Allerdings nur, bis die Reform und das schrittweise Anheben des Frauenrentenalters abgeschlossen sind. Soll heissen: Voraussichtlich ab Jahrgang 1970 und jünger gibt es keinen Ausgleich mehr. 

Wieso wurde das Referendum ergriffen? 

Für die Gewerkschaften, Grüne und SP ist die AHV-Vorlage eine «Abbauvorlage auf Kosten der Frauen». Frauen würden ohnehin schon bei den Renten benachteiligt und auch weniger als Männer verdienen, argumentieren sie. Die Erhöhung des Rentenalters sei deshalb unfair, die Ausgleichsmassnahmen ungenügend. Insgesamt erhalten die Frauen tatsächlich fast ein Drittel weniger Renten als Männer, den Geschlechtergraben gibt es aber vor allem bei der beruflichen Vorsorge. Zudem warnen die Gegner davor, dass das höhere Rentenalter für Frauen nur der erste Schritt ist – und als Nächstes ein Rentenalter 67 für alle droht. Dem müsse man Einhalt gebieten.

Was ändert sich, abgesehen vom Frauenrentenalter?  

Neu ist es sowohl für Frauen als auch Männer möglich, die Rente zwischen 63 und 70 zu beziehen. Wer will, kann also beispielsweise nach dem 65. Geburtstag Teilzeit weiterarbeiten und dann auch eine Teilrente beziehen. Daneben gibt es eine Reihe Anreize, über das Pensionsalter von 65 Jahren hinaus zu arbeiten. So ist neu möglich, auf den Freibetrag zu verzichten – 1400 Franken pro Monat, auf die arbeitende Rentner keine Sozialbeiträge bezahlen müssen. Dadurch werden AHV-Beiträge auch nach dem Rentenalter von 65 Jahren berücksichtigt. Das macht es einerseits möglich, Lücken in den Beiträgen noch zu schliessen, andererseits kann man so die eigene Rente aufbessern. 

Was ändert sich bei der Mehrwertsteuer?  

Schon heute fliesst ein Prozentpunkt der Mehrwertsteuer der AHV zu, dieser Beitrag wird um 0,4 Prozentpunkte erhöht. Insgesamt steigt die Mehrwertsteuer damit von heute 7,7 Prozent auf 8,1 Prozent. Diese zahlen dann alle Konsumenten und Konsumentinnen. 

Ändert sich auch bei den Pensionskassen etwas? 

Nein – noch nicht. Im Parlament hängig ist die Reform der beruflichen Vorsorge, die unter anderem eine Senkung des Umwandlungssatzes zur Berechnung der Renten von 6,8 auf 6,0 Prozent vorsieht. Auch dadurch wird eine Rentenlücke entstehen, just in der zweiten Säule, bei der die Frauen ohnehin schon schlechter gestellt sind. Der Ausgang der Abstimmung über die AHV wird daher zweifellos auch diese nächste Rentenschlacht stark beeinflussen. 

Wer ist dafür, wer dagegen? 

Im Parlament waren die Fronten klar: Grüne und SP, die auch am Referendum beteiligt waren, waren gegen die Erhöhung des Frauenrentenalters. Auf der Gegenseite sind auch die Gewerkschaften. Die bürgerlichen Parteien bis hin zur GLP unterstützen die Reform, ebenso der Wirtschaftsdachverband Economiesuisse.


 

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