Finanzkontrolle kritisiert Rüstungskonzern des Bundes harsch
So gross ist das Panzer-Puff der Ruag

Mit ihren Deals rund um 96 Leopard-1-Panzer sorgte die Ruag mehrfach für Stirnrunzeln. Nun wirft auch ein Untersuchungsbericht der Eidgenössischen Finanzkontrolle ein schlechtes Licht auf den Rüstungskonzern des Bundes. Es kommt denn auch bereits zum nächsten Rücktritt.
Publiziert: 20.02.2024 um 23:02 Uhr
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Aktualisiert: 23.02.2024 um 10:48 Uhr
Die Ruag weibelte für den indirekten Verkauf von Leopard-1-Panzern in die Ukraine – der aber scheiterte (Symbolbild).
Foto: RSI
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Daniel BallmerRedaktor Politik

Bei der Ruag reiht sich Rücktritt an Rücktritt: Im vergangenen August nahm CEO Brigitte Beck den Hut, nach umstrittenen Aussagen zu Waffenlieferungen an die Ukraine. Dann sorgte der bundeseigene Rüstungskonzern für rote Köpfe, weil er an einem Panzer-Deal mit der deutschen Rheinmetall festhielt, obwohl das Nein des Bundesrats absehbar war. 96 in Italien eingelagerte Leopard-1-Panzer sollten über Deutschland in der Ukraine landen.

Die Pläne warfen so viele Fragen auf, dass gleich mehrere Untersuchungen gestartet wurden. Konsequenz: Nun hat auch Verwaltungsratspräsident Nicolas Perrin (65) seinen Rücktritt eingereicht. Die Ruag solle «zukünftig unbelastet und mit neuen Kräften ihre Tätigkeiten wahrnehmen» können.

Bericht zeigt chaotische Zustände auf

Dieser Rücktritt dürfte einen Zusammenhang mit einem am Dienstag veröffentlichten Untersuchungsbericht der Eidgenössischen Finanzkontrolle (EFK) haben. Dieser stellt dem Rüstungskonzern miserable Noten aus: Mehrfach haben die Finanzprüfer Mängel festgestellt, mehrfach wurden eigene Regeln nicht eingehalten. Das Bild, das entsteht: Bei der Chaos-Truppe Ruag kann jeder tun und lassen, was er will. Dazu passt, dass Informationen aus der Buchhaltung sowie Geschäftsunterlagen nicht vorlagen.

Es beginnt 2016 beim Panzer-Kauf von einer dem italienischen Verteidigungsministerium unterstellten Firma: Die Ruag habe dabei die Kompetenz- und Unterschriftenregelung nicht eingehalten. Eine Genehmigung durch Konzernleitung und Verwaltungsrat habe gefehlt, rüffelt die EFK. Solche Ungereimtheiten ziehen sich wie ein roter Faden durch das Geschäft.

Kommt hinzu: Eigentlich sei geplant gewesen, die Panzer mitsamt Ersatzmaterial erst zu kaufen, wenn dafür ein fixer Abnehmer bereitsteht. Warum die Ruag davon abgekommen ist, sei aus den verfügbaren Unterlagen nicht erkennbar.

«Erhebliche, nachteilige finanzielle Folgen»

Der Konzern mietete im norditalienischen Villesse ein Lager, wo die «Leos» noch heute stehen. Doch: Obwohl die Ruag Schweiz zuständig ist, habe die Ruag Deutschland 2021 einen Vertragszusatz unterzeichnet, worin sie die monatliche Lagermiete für acht Jahre unkündbar mehr als verdreifachte. «Aus betriebswirtschaftlicher Sicht nicht nachvollziehbar», urteilt die EFK. Das Okay der Geschäftsleitung? Fehlanzeige!

Auch das Verteidigungsdepartement (VBS) sei erst viel später offiziell informiert worden – sogar erst, nachdem der Bundesrat den Deal bereits abgelehnt hatte. Das erstaunt umso mehr, als dass der abtretende Ruag-Verwaltungsratspräsident Perrin der Schwager ist von Brigitte Hauser-Süess (69), notabene engste Beraterin von Verteidigungsministerin Viola Amherd (61).

2022 wollte die Ruag die Panzer an die deutsche Rheinmetall AG verkaufen, die sie in die Ukraine weiterleiten wollte. Der Bundesrat aber legte sein Veto ein. Auch diese «politisch relevante Transaktion» war von oben nicht formell abgesegnet. Erst später wurde bekannt, dass wohl gar nicht alle 96 Panzer der Ruag gehören. Noch immer steht der Konzern im juristischen Clinch mit der Global Logistics Support (GLS), die 25 Panzer für sich reklamiert.

Bei deren Vertrag es selbstverständlich auch mehr als genug Ungereimtheiten gibt. Und es erstaunt kaum mehr: Wieder fehlt die nötige Genehmigung der Ruag-Spitze.

«Nicht die notwendige Sorgfalt an den Tag gelegt»

Wie reagiert die Ruag, abgesehen vom Rücktritt Perrins? Sie gelobt Besserung. Der Bericht zeige «gewisse Mängel». Geschäftsleitung und Verwaltungsrat würden alles daran setzen, «allfällige Schwächen» und «noch bestehende Mängel» zu beheben sowie «den kulturellen Wandel konsequent fortzuführen». In Anbetracht der chaotisch anmutenden Zustände reichlich verharmlosend.

Das meint wohl auch der Bund, der in seiner Stellungnahme deutlicher wird. Die Mängel seien ernst, finden VBS und Finanzverwaltung. Bindende Bestimmungen seien besser einzuhalten: «Die Eignerstellen sind irritiert, dass gemäss Einschätzung der EFK die Ruag in ihrer Geschäftstätigkeit nicht die notwendige Sorgfalt an den Tag gelegt hat und so Mehrkosten entstanden sind.» Der Bund erwartet, dass die Ruag «offensichtliche Mängel in Organisation, Abläufen und Geschäftstätigkeit» sofort bereinigt. Weitere Fehler scheinen nicht mehr akzeptiert zu werden.

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