GLP-Bäumle sieht «riesiges Potenzial»
So soll die Schweiz die Stromlücke im Winter stopfen

Überschüssiger Strom soll künftig besser genutzt werden – durch die Umwandlung in speicherbare Energieträger wie Wasserstoff oder Methan. Die Schweiz soll zum Produktionsstandort für Power-to-X-Anlagen werden.
Publiziert: 04.09.2023 um 08:32 Uhr
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Ruedi StuderBundeshaus-Redaktor

Jetzt geht es vorwärts mit der Energiewende. In der Herbstsession kommt das neue Energieversorgungsgesetz – der sogenannte Mantelerlass – unter Dach und Fach. Dieser beinhaltet nicht nur ambitionierte Ausbauziele für die erneuerbaren Energien, sondern auch Förder- und Effizienzmassnahmen.

Noch gibt es Differenzen zwischen National- und Ständerat. Doch GLP-Nationalrat Martin Bäumle (59, ZH) ist optimistisch, dass am Schluss die grossen Parteien und Verbände hinter dem Kompromiss stehen können und auf ein Referendum verzichten werden. «Der Mantelerlass ist ein Meilenstein beim Ausbau der erneuerbaren Energien», sagt Bäumle. Was ihn besonders freut: «Es ist auch ein erster wichtiger Schritt für Power-to-X-Technologien.»

Überschüssiger Strom wird genutzt

Unter Power-to-X versteht man ein Konzept, bei dem primär überschüssige Energie beispielsweise in Wasserstoff, Methan oder synthetische Treibstoffe umgewandelt wird. Im Sommer etwa können Stromüberschüsse aus Solaranlagen zur Herstellung von Methanol oder Gas genutzt werden. Letzteres wird gelagert und kann so im Winter genutzt werden, wenn mehr Energie benötigt wird. «Das Ganze funktioniert ähnlich wie ein Pumpspeicherwerk», so Bäumle. 

GLP-Nationalrat Martin Bäumle sieht für den Industriestandort Schweiz ein riesiges Potenzial bei den Power-to-X-Technologien.
Foto: Keystone
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Und wie heute Pumpspeicherwerke kein Netznutzungentgelt berappen müssen, sieht das neue Gesetz auch für Power-to-X-Anlagen eine finanzielle Entlastung vor. So gibt es eine Rückerstattung, wenn die umgewandelten Stoffe später wieder verstromt und ins Netz eingespiesen werden. 

Potenzial für Industrie

Doch eben, für Bäumle ist dies nur ein erster Schritt. «Mittels Power-to-X hergestellte Energieträger werden in Zukunft eine tragende Rolle in der Energieversorgung spielen. Einerseits wegen ihrer Energiedichte, aber auch wegen ihrer Speicherbarkeit», betont der GLP-Nationalrat. Das Problem: «Heute ist die Technologie noch zu teuer.»

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Das werde sich ändern, ist Bäumle überzeugt. «Die Schweiz muss aber jetzt dafür sorgen, dass sie den Anschluss nicht verpasst. Die Technologie hat nämlich ein riesiges Potenzial für unseren Wirtschaftsstandort.» Dabei geht es nicht nur um Gas, sondern etwa auch um grüne Treibstoffe für Schiffe und Flugzeuge. 

Für die Massenproduktion solcher Treibstoffe ist die Schweiz zu klein. Das Potenzial liegt hier etwa in Wüstenstaaten mit viel Sonnenenergie oder Küstenstandorten mit viel Wind. Bäumle setzt den Fokus vielmehr darauf, dass die Schweiz Spitzenreiterin in der Forschung und Herstellung von Power-to-X-Anlagen wird. «Damit stärken wir unseren Industriestandort und damit unsere Wertschöpfungskette.»

Bund soll Anreize schaffen

Um sich einen Spitzenplatz zu sichern, müsse sich aber auch der Bund engagieren, betont Bäumle. Als Co-Präsident des Netzwerks Spin, welches die Power-to-X-Idee vorantreiben will, präsentiert er zusammen dem Industrieverband Swissmem einen Forderungskatalog.

Dieser verlangt etwa, dass der Bund rasch sichere Rahmenbedingungen und einfachere Bewilligungsverfahren für den Bau und Betrieb von Power-to-X-Anlagen schafft. Oder dass er Fördermassnahmen zugunsten der Umwandlungstechnologien ergreift und mehr Geld in die Forschung steckt. 

Auch finanzielle Anreize für eine schnelle Markteinführung soll der Bund schaffen. Beispielsweise, indem aus erneuerbaren Energien erzeugte synthetische Energieträger von der Mineralölsteuer befreit werden und deren CO2-Neutralität anerkannt wird. Ebenso, dass Power-to-X-Anlagen mindestens bis zum Jahr 2050 vollständig vom Netzentgelt ausgenommen werden. Oder indem Projekte durch günstige Darlehen oder Garantien finanziert werden. Weiter soll die steuerliche Benachteiligung von grünem gegenüber fossilem Kerosin fallen.

Weiterer Schritt im CO2-Gesetz

Einen weiteren Schritt könne die Schweiz bereits mit dem neuen CO2-Gesetz machen, welches derzeit im Parlament diskutiert wird. Dazu gehört etwa eine steigende Beimischquote von grünem Treibstoff in Flugkerosin, um so langfristig eine klimaneutrale Fliegerei hinzubekommen.

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«Wir müssen von fossilen Stoffen wegkommen», sagt Bäumle. «In den Umwandlungstechnologien liegt ein riesiges Potenzial für eine klimaneutrale Kreislaufwirtschaft – von Brenn- und Treibstoffen bis hin zu Plastik.»

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