Härtefallklausel soll endlich richtig hart werden
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Schärfere Regeln für Ausländer:Härtefallklausel soll endlich richtig hart werden

Schärfere Regeln für kriminelle Ausländer
Härtefallklausel soll endlich richtig hart werden

Vier von zehn kriminellen Ausländern dürfen in der Schweiz bleiben – trotz Ausschaffungs-Initiative. Jetzt fordern Parlamentarier vom Bundesrat ein Durchgreifen. Das hat er so versprochen.
Publiziert: 21.07.2020 um 23:40 Uhr
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Aktualisiert: 23.07.2020 um 21:53 Uhr
Die Ausschaffungs-Initiative der SVP ist 2010 knapp angenommen worden.
Foto: Michael Buholzer
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Lea Hartmann und Pascal Tischhauser

Die Ausnahme ist zum Normalfall geworden. Von 2883 Ausländern, die für Delikte verurteilt worden sind, die zu Landesverweis führen müssten, konnten 1225 bleiben.

2019 verzeichnete die Schweiz damit eine Ausschaffungsquote von gerade mal 58 Prozent. Und das, obwohl das Gericht laut Gesetz nur «ausnahmsweise» bei Härtefällen von einer Ausschaffung absehen darf.

Diesen Missstand hat das Bundesamt für Statistik (BFS) öffentlich gemacht – und damit nicht nur SVP-Politiker aufgeschreckt. Die Forderung nach einer Verschärfung der Härtefallklausel bei Landesverweisen wird deshalb immer lauter.

Bundesrat gab Versprechen ab

Dabei sehen die bürgerlichen Politiker den Bundesrat in der Pflicht. Denn schon vor Jahren haben Ständeräte von FDP und CVP gefordert, die Richter an die kürzere Leine zu nehmen. Die Regierung aber wollte davon bislang nichts wissen. Erst müsse man abwarten, bis man verlässliche Zahlen habe, hiess es aus dem Bundesrat. Er signalisierte aber, dass eine Verschärfung des Gesetzes später möglich sei.

Auf den Vorstoss des damaligen FDP-Ständerats Philipp Müller (67) antwortete die Landesregierung noch schwammig. Als ein halbes Jahr später CVP-Nationalrat Leo Müller (62) nachlegte, versprach der Bundesrat aber: «Sollte sich abzeichnen, dass der Wille des Gesetzgebers nicht umgesetzt wird, ist der Bundesrat bereit, eine geeignete Gesetzesanpassung vorzuschlagen.»

Jetzt wollen die Politiker Taten sehen

Diese Zusage haben die Parlamentarier nicht vergessen. «Der Bundesrat muss jetzt sein Versprechen halten», sagt Leo Müller. Auch alt Ständerat Philipp Müller fordert vom Bundesrat: «Jetzt muss er liefern und die Härtefallklausel massiv verschärfen.»

Das Justizdepartement von Karin Keller-Sutter (56, FDP) zeigt sich allerdings zurückhaltend. Auf BLICK-Nachfrage teilt das Bundesamt für Justiz mit, die Zahlen derzeit im Detail zu prüfen. Aufgrund dieser Analyse und «weiterer Auswertungen» werde sich zeigen, ob es Handlungsbedarf gibt.

Während die Bürgerlichen dem Bundesrat Dampf machen, sind SP-Politiker mit Forderungen nach einer Verschärfung der Klausel zurückhaltend. Und die neue SP-Führung in spe, die Nationalräte Mattea Meyer (32) und Cédric Wermuth (34), will auf BLICK-Anfrage keine Stellung nehmen. Beide melden, sie seien in den Ferien.

Richter wehren sich

Zu Wort melden sich derweil die in der Schusslinie stehenden Richter. «Die Vorwürfe an die Gerichte sind in dieser pauschalen Form unberechtigt», schreibt die Schweizerische Vereinigung der Richterinnen und Richter.

Sie stehlen sich mit dem Hinweis aus der Verantwortung, dass die Richter in gut 80 Prozent der Fälle Landesverweise ausgesprochen hätten. Das ist an sich richtig. So schenken vor allem die Entscheide der Staatsanwälte ein, die leichtere Vergehen mit Strafbefehlen erledigen können. Da sie keine Landesverweise aussprechen dürfen, beträgt die Ausschaffungsquote bei ihnen null Prozent.

Mit ihrer Argumentation machen es sich die Richter aber zu einfach: Wären diese eher leichteren Fälle vor Gericht gekommen, sähe sicher auch die Quote der Richter schlechter aus.

«Respektlos gegenüber dem Volkswillen»

Das Parlament hat dieses Problem erkannt. Es will, dass künftig Fälle von kriminellen Ausländern immer vor Gericht landen. Aber die Richter müssen auch härter durchgreifen. CVP-Ständerat Stefan Engler (60) stellt klar: «Die Gerichte hätten aufgrund der gesetzlichen Grundlage die Möglichkeit, strengere Urteile zu fällen.» Dass sie das derzeit nicht tun, sei «ein Stück weit respektlos gegenüber dem Parlament und dem Volkswillen».

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