Streitthema Drogenpolitik – FDP-Caroni befürwortet Legalisierung
«Kokain sollte nicht pauschal verboten werden»

Kauf, Handel und Konsum aller Drogen sind in der Schweiz verboten. Einzig beim Cannabis gibt es Ausnahmen. Politiker – vor allem aus der FDP – sind einer Legalisierung harter Drogen aber nicht abgeneigt.
Publiziert: 12.01.2023 um 17:13 Uhr
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Aktualisiert: 13.01.2023 um 13:39 Uhr
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Sara BelgeriRedaktorin

Das gibt es nicht alle Tage in der Schweiz! Nächste Woche steht in Basel ein mächtiger kolumbianischer Drogenbaron vor Gericht. Alvaro H.* (47) soll von Basel aus tonnenweise Kokain von Kolumbien nach Europa geschmuggelt haben.

Das weisse Pulver ist hierzulande beliebt: Im europäischen Vergleich konsumieren die Schweizerinnen und Schweizer viel Koks. St. Gallen, Zürich, Basel und Genf waren 2021 sogar in den Top Ten von Europas Städten mit dem höchsten Kokainkonsum pro Kopf.

In St. Gallen sind zwei Gramm Kokain erlaubt

Während der Konsum von Drogen in Portugal beispielsweise seit über zwanzig Jahren straffrei ist, ist die Schweizer Drogenpolitik nach wie vor strikt: Einzig im Kanton St. Gallen wurden Drogen vor gut drei Jahren entkriminalisiert – dort ist der Besitz von zwei Gramm Kokain und Heroin straffrei.

Im europäischen Vergleich konsumieren die Schweizerinnen und Schweizer viel Koks – obwohl die Droge hierzulande verboten ist.
Foto: Shutterstock
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Ansonsten ist der Kauf, Handel und Konsum aller Drogen verboten. Nur beim Cannabis sind wenige Gramm für den Eigengebrauch straffrei. In mehreren Schweizer Städten starten dieses Jahr zudem wissenschaftlich begleitete Pilotversuche mit erwachsenen Cannabis-Konsumierenden.

Bundesrat Cassis einst für Koks-Legalisierung

In der Vergangenheit gab es immer wieder Bestrebungen, auch harte Drogen zu entkriminalisieren. So sprach sich etwa Ignazio Cassis (61) vor seiner Wahl in den Bundesrat explizit für die Kokain-Legalisierung aus. «Ein regulierter Markt ist der beste Weg, um Drogenmissbrauch zu bekämpfen», sagte der ehemalige Tessiner Kantonsarzt 2017 gegenüber der «Aargauer Zeitung».

Cassis ist nicht der einzige Freisinnige, der sich für einen Kurswechsel in der Drogenpolitik aussprach. So wollte etwa die Stadtzürcher FDP harte Drogen in kleinen Mengen legalisieren – bisher jedoch ohne Erfolg. Und auch die Jungfreisinnigen setzen sich für den legalen Zugang zu Kokain, Ecstasy und anderen Drogen ein.

Verbote bringen nichts

Zu den prominentesten Verfechtern einer liberalen Drogenpolitik gehört der Appenzeller FDP-Ständerat Andrea Caroni (42). Ginge es nach ihm, sollten in einem ersten Schritt die Cannabis-Pilotversuche ausgewertet werden. Danach könne er sich ähnliche Versuche mit Kokain vorstellen. «Kokain sollte nicht zwingend pauschal verboten, sondern reguliert, die Abgabe kontrolliert und die Bevölkerung aufgeklärt werden», so Caroni. Dabei sei der Jugendschutz zentral.

Der Berner Mitte-Nationalrat Heinz Siegenthaler (67) hält ebenfalls wenig von Verboten. Deshalb hat er einen Vorstoss im Parlament eingereicht, der Cannabis nicht mehr verbieten, sondern den Markt neu regeln will. Zwar will er harte Drogen wie Kokain nicht mit Cannabis gleichsetzen, trotzdem sagt er: «Es ist der falsche Ansatz, Drogenkonsum mit Prohibition zu bekämpfen.» Genug Fachpersonen und Studien hätten gezeigt, dass solche Verbote nichts bringen würden.

Andrea Geissbühler gegen Legalisierung

Die Berner SVP-Nationalrätin Andrea Geissbühler (46) will von einer Legalisierung jeglicher Substanzen hingegen nichts wissen. «Je einfacher man an Drogen kommt, desto mehr konsumiert man sie», so die Co-Präsidentin des Dachverband Drogenabstinenz Schweiz. Für Geissbühler ist es klar, dass zu derart wichtigen Fragen nicht das Parlament, sondern in jedem Fall das Volk befinden muss. Das Ziel muss eine leistungsfähige, gesunde Jugend sein.

Aus dem Lager der Liberalisierungsgegner ist ausserdem oft das Argument der Salamitaktik zu hören. Im Wissen darum, dass ein zu forsches Vorpreschen kontraproduktiv sein könnte, dürften wohl kaum ernsthafte Versuche unternommen werden, auch harte Drogen zu legalisieren – solange der Konsum und Handel von Cannabis nicht legal ist. Mehrheitsfähig wäre die Forderung derzeit sowieso nicht.

*Name geändert

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