Ueli Maurer ist nicht der Einzige
Die SVP und ihre Nähe zu Autokraten

Alt Bundesrat Ueli Maurer trifft den chinesischen Botschafter in der Schweiz und lässt sich für Propaganda-Zwecke einspannen. Nur: Politikerinnen und Politiker der SVP zeigen häufig Sympathien für autokratische Regimes. Ein Überblick.
Publiziert: 04.05.2023 um 16:52 Uhr
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Aktualisiert: 05.05.2023 um 10:42 Uhr
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Tobias OchsenbeinRedaktor Politik

Alt Bundesrat Ueli Maurer (72) hat Mitte April den chinesischen Botschafter in Bern getroffen. Brisant: Das Treffen geschah ohne Wissen oder Zustimmung des amtierenden Gesamtbundesrats. Auch die zuständige Abteilung im Aussendepartement (EDA) war über das Treffen nicht informiert.

Maurer ist nicht der erste oder einzige SVP-Politiker, der mit seinem Vorpreschen Sympathien für ein antidemokratisches Land andeutet. Politikerinnen und Politiker der SVP fallen immer wieder mit ihrer Nähe zu autokratischen Regimes auf.

Christoph Blocher

Allen voran SVP-Übervater Christoph Blocher (82). Im Oktober 2009 weilte der alt Bundesrat zusammen mit seiner Frau und der jüngsten Tochter zehn Tage lang in der Diktatur Nordkorea. Seine Eindrücke gab er später in der «Weltwoche» wieder. Titel des Artikels: «Wanderferien in Nordkorea». Blocher beschrieb darin die Hauptstadt Pjöngjang als «sauber», das Land als «durch und durch organisiert». Er zog sogar Parallelen zur Demokratie Schweiz, schrieb: «Beide Länder möchten ihre Selbständigkeit wahren und streben eine sichere Zukunft an.»

Die Chinesische Botschaft hat ein Bild veröffentlicht, das alt Bundesrat Ueli Maurer mit Botschafter Wang Shihting zeigt.
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Nach dem Tod von Nelson Mandela (1918–2013), dem ersten schwarzen Präsidenten Südafrikas, sagte Blocher auf seinem Fernsehsender Teleblocher: «Mandela wird vielerorts etwas überschätzt.» Und: «Die Weissen hielten das Land damals sehr in Ordnung», erklärte er zum Thema Südafrika. Die Rassentrennung habe ohnehin auf Gegenseitigkeit beruht.

Auch beim russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine provoziert Blocher – und predigt immer wieder das russische Narrativ, dass der Westen Täter und Russland Opfer sei. So beklagte der langjährige SVP-Politiker in einem Text mit dem Titel «Halbe Wahrheit» den Tod von «blutjungen russischen Soldaten». Und wenn diese sterben, müsse es jemanden geben, der dafür verantwortlich sei.

Roger Köppel

In die gleiche Kerbe haut der Zürcher SVP-Nationalrat und «Weltwoche»-Chef Roger Köppel (58). Regelmässig verteidigt sein Blatt den russischen Präsidenten Wladimir Putin (70) und wirbt um Verständnis für seine Politik. Kürzlich befand sich Köppel sogar auf einer Russland-Tour, die er medienwirksam inszenierte.

Er traf in Moskau etwa Putins «Chef-Hetzer» Wladimir Solowjow (59). Ausserdem kams zum Treffen mit Marija Lwowa-Belowa (38), Russlands Beauftragte für Kinderrechte. Der internationale Strafgerichtshof in Den Haag (Niederlande) hat einen Haftbefehl wegen mutmasslicher Kriegsverbrechen gegen sie erlassen. Wenig überraschend: Russlands Propaganda schlachtet den Russland-Besuch des Schweizer Politikers aus.

Bereits mehrfach interviewte Köppel in seiner «Weltwoche» auch Ungarns Ministerpräsidenten Viktor Orban (59), lobpreiste ihn als «Verteidiger Europas» und «Vorbild für die Schweiz». Nur: Der ungarische Regierungschef verfolgt eine internationale Radikalisierungsstrategie. Ihm wird immer wieder eine Nähe zum Rechtsextremismus vorgeworfen.

Andreas Glarner

Der Aargauer SVP-Nationalrat Andreas Glarner (60) deutete ebenfalls mehrfach an, der ukrainische Präsident Wolodimir Selenski (45) verlängere mit seinem Verhalten den Krieg in der Ukraine und der Westen sei mitschuldig am Konflikt mit Russland. Er riet der Ukraine gar, sie solle endlich Zugeständnisse an Russland machen und die Krim sowie den Donbas abtreten.

Magdalena Martullo-Blocher

Die Bündner SVP-Nationalrätin Magdalena Martullo-Blocher (53), Tochter von Christoph Blocher und Chefin des Ems-Chemiekonzerns mit zwei Produktionsstätten in Russland, hat in ihrem Betrieb den Gebrauch des Wortes «Krieg» untersagt. Intern werde vom «Ukraine-Konflikt» gesprochen – zum Schutz «unserer Mitarbeiter und unseres Geschäfts», ordnete sie an. Ganz im Sinne der russischen Propaganda. Diese spricht nämlich von einer «militärischen Spezialoperation» in der Ukraine.

Peter Spuhler

600 Arbeitsplätze, eine 60 Millionen teure Fabrik. Im November 2014 hat alt SVP-Nationalrat Peter Spuhler (64) in Belarus das erste Werk seiner Firma Stadler Rail eröffnet. Es gab Fanfarenklänge, freudiges Händeschütteln mit Alexander Lukaschenko (68) und dickes Lob vom Autokraten persönlich: «Spuhler, ein Mann der Tat!»

Nur: Lukaschenkos Regime sperrt Oppositionelle weg, die Uno spricht von Folter gegen friedliche Demonstranten. Der Schweizer Unternehmer allerdings distanzierte sich nie wirklich von ihm. Im Gegenteil: Lukaschenko nutzte Spuhlers Engagement zu Propagandazwecken. Wegen der Sanktionen rund um den Krieg in der Ukraine musste Stadler Rail einen grossen Teil der Produktion in andere Werke verlagern.

SVP Freiburg

Stichwort Belarus: Ab Ende Mai wird der Honorarkonsul von Belarus, Andrey Nazheskin (40), als SVP-Vertreter in die Legislative der Stadt Freiburg einziehen, wie RTS berichtet. Problematisch: Nazheskin wird damit die Interessen eines sanktionierten Landes vertreten.

Der Doppelbürger ist einer von zwei Honorarkonsuln von Belarus in der Schweiz. Diese häufig von Zivilpersonen ausgeübte Funktion ähnelt der eines Schattendiplomaten. Also einer Kontaktperson, die ihrem Land über deren Netzwerk dient.

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