«Verhunzung der Sprache»
Bundesrat kämpft gegen Genderstern

Genderstern, Binnen-I oder Doppelpunkt: Der Bundesrat will von solchen Mitteln der gendergerechten Sprache nichts wissen. Er verteidigt ein entsprechendes Verbot gegen Widerstand von Links.
Publiziert: 29.08.2022 um 16:03 Uhr

Weder Nationalrät*innen, Nationalrät:innen oder Nationalrät_innen, noch Ständerät/innen oder StänderätInnen. In Bundesbern ist der Genderstern genauso tabu wie andere typografische Mittel, die für eine geschlechtergerechte Sprache verwendet werden. Das hat die Bundeskanzlei letztes Jahr beschlossen, «aus sprachlichen, sprachpolitischen und rechtlichen Gründen». Und dabei soll es auch bleiben.

Der Bundesrat anerkenne zwar das Anliegen, das hinter dem Genderstern und ähnlichen Schreibweisen zur Gendermarkierung steht: «eine Sprache zu verwenden, die möglichst alle Menschen anspricht und niemanden diskriminiert». Es bleibt aber dabei: In amtlichen Publikationen wie dem Abstimmungsbüchlein; Berichten des Bundesrats oder Texten auf Webseiten bleibt der Genderstern verboten. Und damit basta!

Auch Unis erlauben Genderstern

SP-Nationalrätin Céline Widmer (44) begrüsst, dass der Bundesrat das Anliegen zumindest anerkennt. Die Zürcherin hatte gefordert, dass das Verbot der Bundeskanzlei wieder gekippt wird. Der Genderstern-Bann sei «weder zeitgemäss, noch entspricht es dem Anspruch der sprachlichen Gleichbehandlung aller Geschlechter», hatten Widmer und ihre Mitstreiterinnen und Mitstreiter begründet.

Für den Bund kommt das Gendersternchen nicht in Frage.
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Im Gegensatz zur blossen Nennung der weiblichen und männlichen Form würden mit dem Genderstern auch Menschen eingeschlossen, die sich nicht in die binäre Geschlechterordnung einteilen lassen, sich also weder als Mann noch als Frau definieren. Widmer verweist darauf, dass an Universitäten beispielsweise die Verwendung des Gendersterns empfohlen werde. Auch Zürich erlaubt dies in Texten der Stadtverwaltung explizit.

Für Bundesrat Ausdruck einer politischen Haltung

Die Regierung lässt sich davon nicht überzeugen: «Der Bundesrat hält diese noch stark experimentellen Schreibweisen für nicht geeignet, das Anliegen einer inklusiven Sprache in den Texten des Bundes umzusetzen.»

Man könne die Zeichen gar nicht aussprechen und sie würden der Lesbarkeit eines Textes schaden. Auch sei die Verwendung es Gendersterns und anderer Zeichen heute Ausdruck einer bestimmten gesellschaftspolitischen Haltung, die der Bund als neutrale Stelle nicht einnehmen will.

Das sieht SP-Nationalrätin Widmer zwar anders, dennoch verzichtet sie vorerst auf weitere Schritte: «Die Sache ist für mich vorläufig erledigt.»

«Das ist eine Verhunzung der Sprache»

Untätig aber bliebe der Bund deswegen nicht, wie der Bundesrat betont. Die Verwaltung achte seit Mitte der 90er-Jahre auf eine geschlechtergerechte Sprache. So sehe ihr Leitfaden etwa Paarformen wie Nationalrätinnen und Nationalräte, neutrale Ausdrücke wie Ratsmitglieder oder Umschreibungen ohne Personenbezug wie das Parlament.

Dennoch: Die klare Ablehnung des Gendersterns durch den Bundesrat überrascht nicht. So hatte Justizministerin Karin Keller-Sutter (58) schon im vergangenen Herbst im Interview mit Blick wenig Zweifel aufkommen lassen: «Dem Genderstern kann ich nichts abgewinnen. Das ist aus meiner Sicht eine Verhunzung der Sprache.»

Für Keller-Sutter stellt sich die Frage: «Was bringt diese ganze Gender-Diskussion einer alleinerziehenden Frau, die sich durchs Leben kämpfen muss?» Für sie ist klar: nichts. Wer für Frauen kämpft, solle daher für die «richtigen Fragen kämpfen». (dba)

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