«Die Leute kommen noch immer, um zu trauern»
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Blick war am Tatort:In diesem Waldstück wurde Lisa M. gefunden

Das Tötungsdelikt in Niederwangen BE beschäftigt das Papillon-Quartier noch immer
Wurde Lisa M. (†8) mit einem Stein erschlagen?

In Niederwangen BE musste man inzwischen damit leben lernen, dass die kleine Lisa M. vor sieben Monaten mutmasslich von ihrer Mutter Erika M. umgebracht worden war. Doch in der Gerüchteküche brodelt es – das Drama beschäftigt die Menschen weiter.
Publiziert: 30.08.2022 um 00:05 Uhr
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Aktualisiert: 30.08.2022 um 09:22 Uhr
Lisas Mutter Erika M. ist die Tatverdächtige im Fall von Niederwangen BE.
Foto: zvg
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Luisa Ita

Die Bäume im Papillon-Quartier in Niederwangen BE haben unterdessen saftig-grüne Blätter, die Sonne scheint und die Vögel zwitschern: Auf den ersten Blick ist nichts mehr von der Tragödie zu sehen, die sich hier vor ziemlich genau sieben Monaten ereignet hat.

Bei genauerem Hinsehen entdeckt man jedoch vereinzelt ein paar Stoffblumen und Holz-Ornamente, die Anwohner zum Gedenken an Lisa M.* (†8) in die Äste gehängt haben. Auch beim mutmasslichen Tatort im Wald stehen noch Kerzen, manche von ihnen scheinen Trauernde erst vor kurzem dort deponiert zu haben. Manche Teddybären wiederum sehen bereits etwas verwittert aus und sind im Dickicht eingewachsen.

Anwohnerin betet für Lisa M.

«Unterdessen ist das Delikt für uns etwas in den Hintergrund gerückt», sagt eine Nachbarin zu Blick. «Wir werden nie vergessen, was passiert ist – aber wir müssen jetzt einfach mit dieser traurigen Tatsache leben. Ich bete immer noch oft für dieses liebe Mädchen.»

Am 1. Februar 2022 um 16.51 Uhr soll Lisa M. zuletzt lebend gesehen worden sein. Laut einem Augenzeugen ging sie gemeinsam mit ihrer Mutter in den Wald. Gemäss einer Medienmitteilung der Kantonspolizei Bern wurde der leblose Körper der Schülerin schliesslich um 19.15 Uhr im Könizbergwald entdeckt.

Mutter Erika M. sitzt immer noch hinter Gittern!

An den darauffolgenden Tagen durchkämmten Dutzende Polizisten die Umgebung. Das Gebiet war weiträumig gesperrt, das Dorf in einer Schockstarre: Die Eltern liessen ihre Kinder nicht mehr draussen spielen, die Strassen waren menschenleer. Schliesslich kommunizierten die Behörden am 3. Februar 2022 die Verhaftung einer Frau, die der vorsätzlichen Tötung von Lisa M. beschuldigt wird. Es handle sich um eine 30-jährige Bernerin aus dem «familiären Umfeld» des Opfers. Die Anwohner atmeten ein wenig auf, doch der Schrecken sass weiterhin tief.

Etwas später förderten Blick-Recherchen zutage, dass es sich bei der Tatverdächtigen um niemand Geringeres als die Mutter der Toten handelt: Erika M.* (30) sitzt hinter Gittern!

Wohnung der Tatverdächtigen unterdessen geräumt

Inzwischen ist das Siegel an der Wohnungstür von Erika M. verschwunden. «Etwa seit drei Monaten ist der Kleber nun weg», sagt eine Anwohnerin zu Blick. «Und vor ein paar Wochen sind Lisas Grosseltern hier gewesen, haben die Möbel aus der Wohnung geräumt und geputzt.»

Unten an der Eingangstür steht bereits ein neuer Name an der Klingel, das Schild oben an der Wohnungstür ist noch leer. In der Liegenschaft vermutet man, dass bald neue Nachbarn einziehen werden. «Aber aktuell ist es noch ruhig», sagt eine andere Anwohnerin zu Blick. «Es ist schon speziell. Früher habe ich das Mädchen immer beim Spielen gehört, und jetzt ist es immer so still.»

Wurde Lisa M. mit einem Stein erschlagen?

Sie sei kurz nach dem Delikt auch von der Polizei gefragt worden, ob sie verdächtige Geräusche gehört habe. «Aber ich habe nie etwas Auffälliges wahrgenommen.» Die Frage, wie Lisa M. wohl ums Leben gekommen ist, beschäftigt die Leute im Quartier nach wie vor sehr. «Ich habe gehört, dass sie mit einem Stein erschlagen worden ist.» Blick erfährt von diesem Gerücht von mehreren Seiten, die Kantonspolizei Bern hält sich aber zu den Umständen des Todes des kleinen Mädchens weiterhin bedeckt.

«Die Ermittlungen rund um den Todesfall des Mädchens sind weiter im Gang. Es befindet sich auch nach wie vor eine weibliche Person in Untersuchungshaft», schreibt die Behörde auf Anfrage von Blick. Weiter führt sie aus: «Die Untersuchungshaft wurde durch die zuständigen Behörden bis zum 1. Januar 2023 verlängert. Aufgrund des laufenden Verfahrens und um dieses nicht zu gefährden, machen wir keine weiteren Angaben zum aktuellen Stand der Ermittlungen.»

Erika M. streitet alles ab

Ob Erika M. ihr Kind tatsächlich auf dem Gewissen hat, darüber wird in Niederwangen BE ebenfalls heiss diskutiert. Manche trauen es der jungen Mutter zu, da diese aufgrund einer schwierigen familiären Situation offenbar auch mit psychischen Problemen zu kämpfen hatte. Andere wiederum wollen nicht an die Theorie der Strafverfolgungsbehörden glauben. «Ihr Vater hat mir gesagt, es gehe ihr ganz schlecht in U-Haft», sagt eine Frau zu Blick. «Sie sagt nämlich von sich selbst, sie sei unschuldig und habe nichts gemacht.»

Welche Rolle Lisa M.s Mutter bei der Tragödie Anfang Februar 2022 tatsächlich gespielt hat, wird vermutlich frühestens vor Gericht bekannt. Bis zu einem rechtskräftigen Urteil gilt für die Bernerin die Unschuldsvermutung.

* Namen geändert

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