In dieser Position hat Cyrill Krebser geschlafen
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«Ich war einfach müde»:In dieser Position hat Cyrill Krebser geschlafen

Cyrill Krebser (24) muss 908 Franken für Ambulanz zahlen, die er nicht gerufen hat
«Das ist eine Frechheit!»

Mit Blaulicht und Sirene rückte die Ambulanz letzten Sommer nach Olten SO für eine angeblich nicht ansprechbare Person aus. Doch Cyrill Krebser (24) war nicht bewusstlos – er hat nur geschlafen. Die Kosten für den teuren Einsatz muss er nun aber selbst übernehmen.
Publiziert: 15.05.2023 um 01:23 Uhr
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Aktualisiert: 15.05.2023 um 08:12 Uhr
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Luisa ItaRedaktorin «Food»

Cyrill Krebser (24) sieht sich die Rechnung über 908 Franken an, die er bezahlen soll und schüttelt den Kopf. Sein Unmut ist gross: «Warum soll ich diese Rechnung für eine Leistung bezahlen, die ich gar nie haben wollte?»

Die Geschichte nahm am 16. Juli 2022 ihren Lauf. Der Gleisbauer war tagsüber mit Freunden unterwegs, erzählt er: «Wir waren mit dem Gummiboot auf der Aare und haben ein paar Bier getrunken.» Nach einigen Stunden in der prallen Sonne hätten sie sich entschieden, doch nicht bis ganz nach Olten SO zu bööteln. «Irgendwo bei einem Werk sind wir ausgestiegen und weil es dort keine ÖV-Anbindung hatte, hat mich ein Passant bis nach Langenthal mitgenommen.»

Ambulanz-Einsatz für schlafenden Mann

Von dort aus sei er mit dem Zug bis nach Olten SO gefahren, wo er knapp seinen Bus verpasst habe: «Ich war unglaublich müde von dem Tag, da bin ich an der Bushaltestelle eingeschlafen.» Er demonstriert seine Position: Die Ellenbogen auf die Knie gestützt, den Kopf in die Hände gelegt. «So habe ich geschlafen, mein Gummiboot stand neben mir», berichtet er. «Und als ich aufgewacht bin, stand der Krankenwagen da.»

In dieser Position hat Cyrill Krebser (24) am 16. Juli 2022 in Olten SO an der Bushaltestelle geschlafen.
Foto: Luisa Ita
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Er habe gestaunt: «Die Rettungssanitäter haben mir erklärt, sie seien meinetwegen gerufen worden und ich habe die Welt nicht mehr verstanden. Ich habe sofort gesagt, dass es mir gut gehe.»

«Sie hat sich nicht getraut, mich anzustupsen»

Dem Rettungseinsatz ging der erfolglose Versuch einer Passantin voraus, den schlafenden Mann zu wecken: «Sie hat mich angeblich angesprochen und ich habe nicht reagiert. Das kann gut sein, denn seit einem Unfall höre ich auf einem Ohr fast nichts mehr und sie hat sich nicht getraut, mich anzustupsen.»

Die Einsatzkräfte hätten den Solothurner aber mühelos wecken können: «Ich war ja auch nicht betrunken, das letzte Bier war bereits Stunden her.» Nach einigen Checks hätten sich die Rettungssanitäter auch davon überzeugen lassen, dass ihm nichts gefehlt habe. «Sie haben mir gesagt, sie hätten gerade nichts zu tun und haben mich darum noch ein Stück mitgenommen, damit ich nicht auf den nächsten Bus warten musste.» Er ergänzt: «Aber ich bin selbst ein- und ausgestiegen, ich habe keine Behandlung benötigt.»

Saftige Rechnung für ungewollten Ambulanz-Einsatz

Kurz darauf flatterte bei ihm eine saftige Rechnung ins Haus: 908 Franken soll der Handwerker bezahlen für einen Rettungseinsatz, den er nie wollte. «Der Krankenkasse angeben nützt da nichts, meine Franchise liegt bei 2'500 Franken», führt er aus. Also wehrte er sich und forderte, dass die Anruferin den Blaulicht-Einsatz berappen soll. Während sich die Justiz mit dem Fall beschäftigte, wurde der junge Mann bereits vom Spital betrieben – später habe das Inkasso-Büro aber die Betreibung wieder rückgängig gemacht. Mittlerweile hat das Solothurner Verwaltungsgericht jedoch entschieden, dass er selbst bezahlen muss.

Im Urteil wird begründet, die Frau habe im Sinne der Nothilfe gehandelt: «Es ist lebensfremd, Passanten, die ihrer gesetzlichen Pflicht nachkommen, die Kosten für das Avisieren der Ambulanz auferlegen zu wollen, zumal dies eine unnötige Hemmschwelle angesichts der potenziellen Kostenübernahme entstehen lässt.» Konkret: Passanten würden es sich zweimal überlegen, die Ambulanz zu rufen, wenn sie befürchten müssen, dafür am Ende eine Rechnung zu bekommen.

«Das ist eine Frechheit»

Cyrill Krebser dazu: «Ich mache der Frau keinen Vorwurf. Generell finde ich es gut, dass sie sich um das Wohl der Mitmenschen sorgt.» Aber: «Das mit der Rechnung ist eine Frechheit. Wenn man die Leute zur Nothilfe verpflichtet, dann sollte der Staat in so einem Fall die Rechnung übernehmen.» Vermutlich werde er nun aber klein beigeben: «Der Weiterzug ans Bundesgericht würde wahrscheinlich ziemlich teuer werden. Deswegen bin ich quasi gezwungen, die Rechnung zu bezahlen.»

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