Schreck für Winterthurer Immobilienmakler (49)
Betrüger locken Frauen mit seinen Bildern in Dating-Falle

Die Geschichte von Susanne M. erinnert an den Tinder-Schwindler Simon Leviev. Ein angeblicher Franzose gab sich auf einem Dating-Portal als Diamantenhändler aus – und nutzte dabei Bilder eines Winterthurer Immobilienmaklers.
Publiziert: 12.02.2023 um 15:51 Uhr
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Aktualisiert: 12.02.2023 um 16:32 Uhr

Susanne M.* (62) suchte online nach der grossen Liebe. Auf der Dating-Site «Be2» lernte die geschiedene Grossmutter aus der Schweiz einen in Lausanne wohnhaften Franzosen kennen. «Ein sympathischer Typ», fand sie. Was sie da noch nicht wusste: Die Fotos zeigten nicht den angeblichen Traummann – sondern Immobilienmakler Tobias von Monkiewitsch (49) aus Winterthur ZH.

Christian Annen (62) sollte der Mann heissen, der Susanne M. am 22. Dezember 2022 anschrieb. Er sei als Waisenkind in Frankreich aufgewachsen. Dann erzählte er ihr, dass seine Frau vor drei Jahren an Corona starb. Aufgrund des Schmerzes habe er seither kaum arbeiten können. Seinen kleinen Hund habe er abgeben müssen. «Von der Ex-Frau und dem Haustier schickte er mir Fotos, auf denen auch er zu sehen war. Die Geschichte wirkte glaubwürdig», erzählt Susanne M. Blick.

Sogar per Video-Call sprach sie einmal mit ihm: «Zwei Minuten, er befand sich in einem dunklen Raum. Aber ich sah sein Gesicht, seine Bewegungen. Alles sah echt aus.»

Die Social-Media-Bilder von Tobias von Monkiewitsch wurden auf der Dating-Site «Be2» von Betrügern missbraucht.
Foto: Tobias von Monkiewitsch
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Spital-Bild löste Misstrauen aus

Er sei Diamantenhändler und gerade dabei, im westafrikanischen Land Sierra Leone Diamanten im Wert von 600'000 Euro zu erwerben. Diese könne er in der Schweiz für rund zweieinhalb Millionen Euro weiterverkaufen, schrieb er ihr. Da spürte die Schweizerin, was auf sie zukommen könnte. Sogleich stellte sie klar, dass sie ihm nie Geld senden werde. «Er meinte lachend: ‹Geld? Nein sicher nicht!›»

Tage später rief Annen sie während einer Autofahrt an. Plötzlich knallte es. «Ich hörte einen Schrei. Dann war es still.» Ein paar Minuten später meldete sie sich bei ihm. «Auf einmal war jemand anderes am Telefon und erklärte mir auf Englisch, dass sich Christian schwer verletzt habe.»

Der Wahl-Schweizer landete laut eigener Aussagen im Spital und musste sich an der linken Schulter operieren lassen. Susanne M. schickte er ein Beweisbild – das sie misstrauisch machte. «Das Foto sah fast zu gut aus für ein Spital in Sierra Leone.» Und sie gibt zu: «Ich war immer hin- und hergerissen zwischen Skepsis und Vertrauen.»

Der Moment der Wahrheit: «Ein Schock!»

Kurz darauf setzte Annen einen Hilferuf ab. Die Polizei gebe ihm die Schuld am Unfall. Deshalb müsse er auch den Spitalaufenthalt der drei weiteren Verletzten bezahlen. Bevor das Spital das Geld nicht habe, werde er nicht entlassen. «Er hat in einem langen Text darum gebeten, ihm den Betrag vorzuschiessen. Er würde auch alles zurückzahlen, meinte er.» Susanne M. erkundigte sich, auf welchem Weg sie ihm das Geld überweisen könnte.

Doch bevor Annen konkrete Angaben nennen konnte, machte die Schwiegertochter von Susanne M. eine Entdeckung. «Ich habe ihr am 5. Februar 2023 von der Dating-Story erzählt.» Daraufhin stürzte sie sich in die Recherche und entdeckte die Bilder des angeblichen Franzosen Christian Annen auf den Social-Media-Kanälen von Tobias von Monkiewitsch.

Der Moment der Wahrheit sei ein «Schock gewesen und eine riesige Enttäuschung», sagt Susanne M. Beim Betrachten der Fotos wurde ihr einiges klar. Das Spital-Foto entstand nicht in Sierra Leone, sondern vor drei Jahren – nach einer Schulter-OP im Kantonsspital Winterthur. Auch die Hunde-Aufnahmen fand sie auf dem Instagram-Profil des Zürchers. Die Bilder wurden teilweise bearbeitet. Schriftzüge rausretuschiert.

Das Positive an der Geschichte

Sie teilte von Monkiewitsch den Vorfall per Mail am 6. Februar mit und löste beim Zürcher einen Schrecken aus: «Das beschäftigt mich sehr», gibt er zu. Immer wieder denkt er an mögliche weitere Opfer, die wegen seiner Fotos Geld verlieren.

Bei der Kantonspolizei Zürich hat der Immobilienmakler bereits Anzeige erstattet. Auf Blick-Nachfrage schreibt die Medienstelle: «Die Täterschaft verwendet falsche Identitäten, womit grundsätzlich der Straftatbestand des Betrugs erfüllt ist. Die Ermittlungen im erwähnten Fall sind noch im Gang.»

Susanne M. kann über die Geschichte bereits wieder schmunzeln. «Wenigstens konnte ich mein Französisch auffrischen», sagt sie – und sucht nun weiter nach ihrem Traummann.

* Name geändert

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